Sperberauge

Lichtverschmutzer im Wald

Rainer Stadler © zvg

Rainer Stadler /  Der Siegeszug der Zivilisation wird auch im nächtlichen Wald sichtbar. Leider.

Auch im vergangenen Sommer tanzten in meinem Hauswald wieder die Glühwürmchen. Zu Hunderten schwebten ihre Lichtlein durch die Nacht. Wunderbar. Neuerdings sind allerdings auch im Herbst- und Winterwald Glühwürmchen zu sichten. Die sind weniger zart. Die Lichter schwanken in gleichförmigem Auf und Ab durch die Dunkelheit, oder sie flitzen pfeilartig vorbei. Der einsame Spaziergänger, gedankenverloren im Halbschimmer des vom Stadtlicht infiltrierten Walds, muss sich davor in Acht nehmen. Je näher sie kommen, desto greller brennen diese Glühwürmchen in die aufs Halbdunkle eingestellten Augen.

Aber lassen wir den netten Vergleich. Es geht hier um die Jogger und Velofahrer, die zunehmend auch abends und nachts unterwegs sind. Manchmal trifft man sogar auf Spaziergänger, die Lampen auf ihrer Stirn montiert haben. LED-Lampen, die vielleicht energiesparend sind, nur nicht in der Perspektive des Mitmenschen, der auf die natürlichen Fähigkeiten des Auges vertraut, das selbst im Halbdunklen die Unebenheiten des Wegs zu erkennen vermag. Die Lampenträger stürzen ihn in der halbdunklen Nacht erst in eine Blitzlichtorgie und dann in ein schwarzes Loch.

Einige Lichtbedürftige verwenden ihre Leuchten sogar bei Vollmond, so dass man sich fragt, ob sie dem philosophierenden Diogenes von Sinope nachstreben wollen. Der soll in der Antike bei helllichtem Tag mit einer Laterne über den Athener Markt gelaufen und den Menschen ins Gesicht geleuchtet haben. Als man ihn fragte, was er tue, sagte er, er suche den guten, wahren Menschen.

Mir ist es egal, wenn man in mir als lampenfreiem Menschen nicht den Guten und Wahren erkennt. Ich wäre bloss froh, wenn die nach Erhellung Dürstenden darauf verzichten würden, die Scheinwerfer auf mich zu richten. Die nachtaktiven Tiere, so nehme ich an, danken es ihnen sicher auch.


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Keine
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5 Meinungen

  • am 26.11.2021 um 11:47 Uhr
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    Probleme gibt’s!

  • am 26.11.2021 um 12:15 Uhr
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    Die Empfindlichkeit des dunkel-gewöhnten Auges wird unterschätzt und die Angst vor Stolpern usw dominiert. Ich ging früher oft auf einer unbeleuchteten Alp 3 km Milch holen und zurück, immer ohne Licht. Wir sahen den Weg fast immer sehr gut, selbst ganz ohne Mond nur bei Sternenlicht. Nur bei gleichzeitig dichtem Nebel sahen wir fast nichts und mussten punktuell kurz leuchten. Dann geht die Empfindlichkeit des Auges eine Zeit lang stark zurück. Wenn neue Leute auf diesem Gang mitkamen, war es schwierig, sie zum allgemeinen Nichtgebrauch ihrer Lampen zu überreden.
    In einem Wald ist es allerdings dunkler.

  • am 26.11.2021 um 15:46 Uhr
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    Ich kann dem Autor nur zustimmen.
    Die Erinnerung an Nachtmärsche im Militär, Segeln in der Nacht auf dem Atlantik, bei dem Leuchten der Sterne eine grandiose Erfahrung, die man nie vergisst.
    In meinem Dorf werden, zum Glück, die meisten Lampen um 01h Sommerzeit abgestellt, und weil wohl gerade niemand mehr weiss, wo diese Schaltuhr zu finden ist, wird es zur Normalzeit bereits 24h dunkel.
    Aber ich erinnere mich an Diskussionen an einem früheren Wohnort, wo die meisten Bewohner die Beleuchtung der Wege durchgehend haben wollten.
    Ich stelle einfach fest, dass viele Leute Angst haben vor der Dunkelheit – also muss immer und überall Licht her.

  • am 27.11.2021 um 02:07 Uhr
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    Danke, dass das mal angesprochen wird. Es ist tatsächlich ein Problem, primär sicher für Wildtiere. Diese LED-Seuche wird langsam für alle zur Plage. (Bei den meisten Lampen steht als Warnung in der Anleitung «Nicht in den Strahl blicken»).
    Es ist mir unverständlich, wozu man als Fussgänger Licht braucht, und warum vor allem Mountainbiker mit so hirnrissig überdimensionierten Scheinwerfern nachts im Wald herumblenden; eine simple Stirnlampe würde genügen. Danach fahren sie mit den gleichen Offroad-Flutern noch auf Waldstrassen zurück und blenden den Gegenverkehr, oft gerade auch mich als Velofahrer mit normalem (Abblend-)Licht. Eigentlich ist das verboten (Velolichter dürfen nicht blenden, VTS Art. 216). Aber niemand unternimmt was.

  • am 29.11.2021 um 12:32 Uhr
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    Blaulicht (LED) Beleuchtung von Gebäuden, Himmel, Gärten/Balkonen («Weihnachtsbeleuchtung» teils monatelang und schriller als Kirmes). In Graubünden (Gesundheitstourismus?) seit Jahren auch das: https://arosalenzerheide.swiss/de/Lenzerheide/Top-Events/Kultur-und-Musik/Zauberwald
    Tausende Autos, Autokarawanen am Wochenende zu diesem Zauberwald Lenzerheide, ich weiss es, denn ich wohne an der Südumfahrung Chur, wo sich dieser Wohlstandsverkehr teils x-Stunden staut mit grollenden Motoren. Monitor-/TV-Licht, Autoscheinwerfer: HEV (High Energy Visible) LED-Licht https://www.youtube.com/watch?v=foO2su5x9jc dürfte Antiaging mehr als nur konterkarieren.

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