Sperberauge
Eine Viertelstunde illegal im SBB-Wagen
Dieser Tage fuhr ich von Ziegelbrücke nach Zürich. Das Billett kaufte ich mit «SBB Mobile», der App, die in vieler Hinsicht den Verkehr mit der Bahn erleichtert hat. Ich wählte den Zug um 15:34 Uhr. Weil die Sonne schon hinter dem nahen Berg, dem Hirzli, verschwunden war, beschloss ich auf dem Perron kurzfristig, den eine Viertelstunde früher fahrenden, aber langsameren Zug zu besteigen.
Das war ein Fehler. Darauf wies mich der alsbald auftauchende Kontrolleur hin. Auf meinem elektronischen Billett stand tatsächlich klar und deutlich: gültig von 15:34 bis 18:34. Ich sass aber in einem Zug, der um 15:19 Uhr losfuhr, und ich wurde etwa um 15:23 Uhr kontrolliert. Ich bewegte mich also schon seit 4 Minuten in der Illegalität.
Ich wollte den Kontrolleur gleich darauf hinweisen, dass ich doch keine Chance und keinen vernünftigen Grund gehabt hätte, den Erwerb des Billetts innerhalb einer Viertelstunde zu missbrauchen. Ich hätte ihn auch gerne auf ein altes Gewohnheitsrecht aus Zeiten aufmerksam gemacht, als man ein Billett kaufen und damit gleich jeden Zug besteigen konnte. Der freundliche SBB-Vertreter wollte mir jedoch keine Busse aufbrummen, sondern mich bloss aufklären. Er wäre berechtigt gewesen, mir 100 Franken wegen Benutzung eines Zugs ohne zeitlich gültiges Billett abzuknöpfen, sagte er. Ich lächelte irritiert. Aber pingelig betrachtet, hatte er natürlich Recht. Ich hatte demnach 15 Minuten lang eine Transportleistung erschlichen. Um mich hundertprozentig vor Kalamitäten zu schützen, hätte ich nach meinem kurzfristigen Zustieg ein zusätzliches Billett bis zu einer Station lösen müssen, die ich frühestens um 15:34 Uhr erreicht hätte.
Das wäre Lachen SZ gewesen. Die Zusatzkosten: Franken 3.60. Das wäre zum Lachen gewesen.
Vor einem halben Jahrhundert warben die SBB mit dem Spruch: Der Kluge reist im Zuge. Tatsächlich brauchte man damals einiges Geschick, um aus dem dicken Kursbuch die optimalen Hin- und Rückfahrtszeiten herauszupicken. Dank der SBB-App geht’s jetzt leicht und blitzschnell. Doch ehe man sich’s versieht, endet man als Schwarzfahrer. Auch der Kluge versteht nicht alles im Zuge.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ich vermute, dass Sie als preisbewusster SBB Kunde ein Sparbillett gekauft haben. Die sind etwas günstigere aber Zug bezogen.
Für «normale» Billette nur mit Easy Ride kaufen. Genial.
Wenn Sie Hilfe brauchen- nur schreiben.!
Nein, das war kein Sparbillett, sondern ein ganz normales.
Herr Stadler, warum so kompliziert? Richten Sie sich die FAIRTIQ-App auf ihrem elektronischen Begleiter ein und Sie müssen nur noch beim Start ihrer Reise dies in der App bestättigen und am Ende der Reise nicht vergessen dieses der App mitzuteilen!
FAIRTQ sucht die günstigsten Kosten für die ganze zurückgelegte Strecke!
(schaune Sie mal wer den EasyRide-Teil der SBB-App entwickelt hat ;-))
Vielleicht gilt dieser Kommentar als unerlaubte Werbung. Dann dürfen Sie ihn löschen! Ich bin einfach nur begeistert von dieser Lösung. Allerdings kenne ich aus persönlicher Erfahrung das noch viel bessere holländisch System bei welchem man mit einer Karte sich kontaktlos bei jedem Bahnhof oder Tranportmittel ein- und ausloggt und die Rechnung im Hintergrund erfolgt. Korrekturen (vergessen Ein – oder Auszuloggen) sind auch nach Tagen noch möglich.
Der alte Werbespruch gilt eben immer noch. Man muss auch heute unheimlich klug sein, um bahnfahren zu können.
Ja, man muss heute sehr klug und auch etwas begütert sein, um die öffentlichen Verkehrsmittel zu benützen.
Ich empfinde es auch als etwas ungerecht, wenn neben mir Leute mit viel günstigeren Billetten sitzen, während ich als Nicht-Handy-Besitzerin «normale» Fahrkarten kaufen muss.
Kürzlich wollte eine Freundin von Heerbrugg nach Zofingen fahren. Da wollte sie der elektronische Fahrplan über Buchs – Wildhaus schicken. Es braucht also nicht nur Klugheit, sondern auch geografische Kenntnisse.
Bei all diesen Erschwernissen bleibe ich öfters halt einfach zu Hause.
Auch wenn die Automaten oder Apps nicht ganz einfach sind, gibt es fast immer genügend Alternativen. So unterschiedlich sind die Preise nicht, und die nur im Internet erhältlichen Spartickets haben eben den Nachteil, dass sie nur für eine bestimmte Verbindung oder Zeit gültig sind.
Der ÖV ist bedeutend günstiger als er sein sollte, da subventioniert, wie der Privatverkehr auch. Sie können von Ihrem Wohnort in 2 Stunden für Fr. 25.- nach Zürich fahren. Das ist doch günstig.
Der Umweg über Wildhaus kommt im Beispiel nicht ohne explizites «via», oder es lag eine seltene Fehlfunktion vor. Die benötigten geographischen Kenntnisse für den ÖV sind bedeutend kleiner als diejenigen, selber zu fahren.
Aber Ihr Vergleich ist mit «zu Hause bleiben»: das ist natürlich unschlagbar. Wenn Sie doch eine Reise machen wollen, rechnen Sie genügend Zeit ein und lassen sich beraten. Leider scheint das bei der SBB nicht mehr telefonisch zu gehen, aber bei lokalen Anbietern vielleicht schon.
In dieser Hinsicht finde ich die SBB richtig kleinkariert. Wenn man ein ‹falsches› Ticket hat, ist das eigentlich der Beweis, dass man nicht tricksen wollte. Dass dann trotzdem CHF 100 fällig werden, ist eine Frechheit.
Die Benutzerfreundlichkeit lässt zu wünschen übrig. Zum Beispiel, wenn es verschiedene Verbindungen von A nach B gibt. Man muss dann Zug via C vor der Nase wegfahren lassen, weil im Ticket via D steht. Die Rückerstattung von irrtümlich gekauften Tickets ist ebenfalls mühsam bzw. nicht möglich. Easy Ride ist auch verzwickt. Vor allem muss man am Ende der Fahrt die App stoppen, sonst gibt es böse Überraschungen.
Ich glaube, die SBB haben vergessen, dass nicht alle Reisenden jeden Tag die App verwenden und z.T. schon etwas älter sind als die ‹Handy-Generation›. Ich kenne mehrere Personen, die ein Generalabo haben, weil es ihnen zu kompliziert geworden ist.
Bei so vielen Fahrgästen braucht es nun einmal eine Regelung, die klipp und klar ist. Und ich denke, das ist es. Das Billette hat eine Gültigkeit von wann bis wann. Und das steht auf dem Ticket. Deshalb ist es logisch, dass wenn man nicht einfach früher fahren kann und die Strecke einhalten muss, die man gelöst und bezahlt hat. Da könnte ja jeder kommen! Es ist gut, dass Sie die Busse nicht bezahlen mussten. Der Kontrolleur war kulant. Das müsste er nicht.
Solchen Ärger vermeide ich, indem ich nach wie vor «normale» Billette kaufe, am Automat oder am Schalter. Lokale Reisen (hier heisst das Libero, lösbar sogar in manchen Bussen) als Tageskarte, wenn auch leicht teurer als 2 Einzelbillette, und Fernreisen normal: der Automat nimmt sogar Hunderternoten! Diese gelten dann auf jedem Zug der gewählten Route von 00:00 bis 05:00 des folgenden Tags.
Einen Schalter gibt es bei den meisten Bahnhöfen nicht mehr. Der Automat funktioniert ca. 2 Tage pro
Woche nicht.