Kommentar

Kunsthaus-Erweiterung: Riesige Bettflasche statt kühlendes Grün

Erich Schmid © zvg

Erich Schmid /  Der Neubau des Zürcher Kunsthauses mit der kontaminierten Bührle-Sammlung entwickelt sich mehr und mehr zum «Fall Mauch».

Red. Erich Schmid ist Autor und Filmregisseur. Wir stellen hier seine Kritik am Zürcher Kunsthaus-Neubau zur Diskussion.

Der Kunsthaus-Bau von David Chipperfield ist postmoderner epigonaler Einschüchterungsprunk aus der Zeit des Cäsaropapismus, als der Kaiser und Papst in Konstantinopel so viel Macht in Personalunion vereinigte, dass er mit Monumentalbauten die Menschen klein machen und ihnen damit so viel Angst einjagen musste, damit sie schon gar nicht auf die Idee kamen, sich gegen ihn aufzulehnen. Architektur als Manifest der Macht, das war der Sinn der byzantinischen Baukunst, und er ist es heute noch. Literarisch hat dies die Schriftstellerin Sibylle Berg  (in der WoZ Nr. 40) auf die Spitze getrieben und der ETH-Professor Philip Ursprung in der «Republik» prosaisch auf den Punkt gebracht.

Kunsthaus Neubau Zürich
Wenn Architektur sich selbst wichtiger nimmt als die Kunst: Chipperfield vs. Alexander Calder

Fazit: In Zeiten der Klimaerwärmung ist das neue Kunsthaus eine riesige Bettflasche, ein kolossaler Speicherofen aus Kalk und Beton, von einem Grobian entworfen, von Grobianen bewilligt und einfallslos dem trost- und beinahe baumlosen Heimplatz zugemutet, der mittendurch von einem Verkehrsdreieck aus Schienen und Strassen zerschnitten ist und längst erfolglos nach möglichst viel kühlender Bepflanzung schreit. Doch von Grün ist nichts zu sehen – stattdessen nur ein Haufen Überwachungskameras auf dem Eisenbetondach und ein lächerliches Hinterhofgärtchen, das eingezäunt und nicht einmal von allen Seiten zugänglich ist. 

Mit Gold an Türen und Innendekoration schmückt Chipperfield seine Architektur und erhebt sie allegorisch in den Rang der hohen Kunst, die ebenfalls in Gold gerahmt ist. Es riecht nach Grössenwahn. Auch die Fassaden mit ihren nicht-tragenden und somit funktionslosen vorfabrizierten Zier-Elementen, vertikal an den Betonklotz geklebt, sorgen für eine optische Vergrösserung und Überhöhung – nicht etwa ungewollt wie jene Menschen, die längsgestreifte Kleider kaufen, um schlanker zu erscheinen und damit den fatalen Irrtum begehen, noch fülliger auszusehen als zuvor, nur weil sie nicht wissen, dass vertikale Linien dick machen und wer schlank aussehen will, Quergestreiftes tragen muss. Chipperfield wusste dies und wollte mit der vertikalen Dekoration seinen Bau noch grösser und wichtiger machen, als er ist.

Auch die Nazis wussten, dass sie die ausgehungerten Gefangenen der Konzentrationslager in längsgestreifte Häftlingsanzüge stecken mussten, damit sie nicht unternährt erscheinen (übrigens im Gegensatz zu den quergestreiften Sträflingskleidern in den USA, wo man die Gefangenen wenigstens recht ernährte und nicht physisch vernichtete). Die Anzüge der 722 Zwangsarbeiterinnen in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen, die im Veltener Lizenzwerk von Emil Georg Bührle Kanonen für die deutsche Wehrmacht fertigen mussten, waren in gleicher optischer Absicht vertikal gestreift wie Chipperfields Neubau für die Kunstsammlung des Waffenfabrikanten. 

Diese Sammlung wird wohl noch lange zu reden geben, nicht nur, weil sie Raubkunst oder verfolgungsbedingtes Fluchtgut enthält, sondern weil die Zürcher SP-Stadtpräsidentin Corine Mauch die Bevölkerung in eine fatale Mitverantwortung hineingezogen und ihr damit eine moralische Schuld aufgeladen hat. Mit der wertvollen Bührle-Sammlung und ihrer monumentalen Hülle wollte Mauch die Standortattraktivität von Zürich erhöhen, Publikum aus aller Welt anziehen und den Tourismus ankurbeln. Sie dachte nur daran, was sich finanziell für Zürich lohnt. An die Auswirkungen von mehr Flug- und anderem Verkehr dachte sie nicht. 

«Ist das wirklich Zürich – soooo gross?»

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Corine Mauch in geistiger Tuchfühlung zu den Hintermännern der Bührle-Sammlung jedes Augenmass verloren hat. An der Pressekonferenz zur Einweihung bejubelte sie den Neubau mit zwei Worten der schieren Begeisterung: «Phantastisch geworden!» – Sie hatte sich wohl einen Augenblick vergessen und sang das Lob auf Chipperfields Neubau zur Verwunderung kritischer Journalist*innen etwas zu laut ins Mikrophon, um dann hinzuzufügen, dieser sei «kein Schnellschuss» gewesen. Man musste kein Hobby-Psychologe sein, um die in den langen Jahren der Planung gewachsene Verbundenheit der SP-Stadtpräsidentin zur Bührle-Stiftung zu erkennen. Es war, als würde Rotkäppchen mit der Grossmutter reden, als sie mit verlorenem Blick in die riesige Eventhalle die allgemeine Frage stellte: «Ist das wirklich Zürich – soooo gross?» 

Corine Mauchs Enthusiasmus für die «Ausstrahlung – weit (hach!) über Zürich hinaus» kannte keine Grenzen. Ganz zum Schluss streifte die Magistratin mit dem rhetorischen Mantel der Verschleierung die sogenannte «Kontextualisierung» der Sammlung Bührle, ohne die entsetzlichen Tatsachen beim Namen zu nennen: dass ein Sechstel der im Neubau gezeigten Kunstwerke mit Begriffen wie Freikorps, Zwangsarbeit und Antisemitismus kontaminiert sind, nachdem der Waffen-und Munitionsfabrikant sie in dreierlei Hinsicht als Kriegsgewinnler erworben hatte. Erstens verkaufte er Waffen und Munition den Nazis, mit denen die Nazis zweitens dafür sorgten, dass die jüdischen Eigentümer*innen ihre Kunst zwangsverkaufen mussten, um ihre Flucht und ihr Weiterleben zu ermöglichen. Und drittens konnte Bührle sie auf dem un-freien Markt billig absahnen. Jetzt hängen sie alle chronologisch der Reihe nach im neuen Erweiterungsbau des Kunsthauses, das zur Rechtfertigung einen Neusprech erfunden hat.

Unwahrheit – bis zu Ende

Direktor Christoph Becker, der im abgelegenen «Raum zur unabhängigen Kontextualisierung» (Mauch) die Texte selbst verfasst hatte, entzog an der Pressekonferenz der Entstehung der Sammlung Bührle verbal jeden problematischen Zusammenhang, indem er die Waffen- und Munitionsproduktion unverfroren in «Zürcher Industrie» umbenannte. Dieser Neusprech ist das Resultat jenes von der Stadtpräsidentin initiierten Steuerausschusses, der die wissenschaftliche Aufarbeitung der Bührle-Sammlung kontrollieren, sprich: zensurieren wollte. Als dies vor Monaten auskam, erklärte Mauch dazu, es habe ein bisschen «gerumpelt».

Nun, an der Eröffnungspressekonferenz, gestand sie ein, der Steuerungsausschuss sei ein Fehler gewesen – jedoch nicht ohne ein grosses «Aber»: Die Unabhängigkeit der Forschung sei «immer» garantiert gewesen. Allerdings war das Beiwort «immer», man kann es nicht anders sagen, abermals die Unwahrheit – bis zum bitteren Ende. Denn unter Mauchs Verantwortung hatte der ihr direkt unterstellte Kulturdirektor Peter Haerle sich bemüht, die Begriffe Freikorps, Zwangsarbeit und Antisemitismus aus dem Forschungsbericht der Universität Zürich zu eliminieren. 

Das kontaminierte Museum – ein «Fall Mauch»

Die Bührle-Stiftung, das Kunsthaus und der Stadtrat von Zürich hatten die Öffentlichkeit vor der Abstimmung im Jahr 2012 hinters Licht geführt. Nur gerade mit 53 Prozent der Stimmen schaffte es damals der Kredit von 75 Millionen, aus dem dann 88 wurden. Heute darf man man davon ausgehen, dass es beim gegenwärtigen Wissensstand um die Sammlung Bührle keine Zustimmung zum Erweiterungsbau des Kunsthauses mehr gäbe. Inzwischen erinnert die ganze Geschichte stark an die Kopp-Affäre, bei der die Verantwortlichen alle belastenden Rechercheergebnisse dementiert (nicht widerlegt) und immer nur gerade so viel zugegeben hatten, wie man ihnen nachweisen konnte, bis es endlich zum Rücktritt der Bundesrätin kam. «Das kontaminierte Museum» (Buchtitel des unter Protest gegen die Zensurversuche zurückgetretenen Universitätsforschers Erich Keller) ist längst zum «Fall Mauch» geworden. 

In Zürich schüttelt man – vom ETH-Professor bis zum ehemaligen Vizedirektor des Kunsthauses – den Kopf, wie sich die rotgrüne Stadtregierung vom stockbürgerlichen Kunsthaus und der Stiftung Bührle hatte einseifen, schleifen und über den Tisch ziehen lassen, bis sie effektiv mit voller Überzeugung selbst daran glaubte, dass sie der Stadt Zürich mit der Einverleibung der kontaminierten Sammlung nur Gutes tut. – Gutes geschähe indessen, wenn die federführende Politikerin Corine Mauch die Verantwortung für die städtische Kultur (endlich) abgeben und das Polizeidepartement übernehmen würde – in der Hoffnung, dass es dort wie beim «phantastischen!» Chipperfield-Neubau künftig «keinen Schnellschuss» gibt. 

Anregungen oder rückwärtsgewandtes Staunen?

So viel zu den politischen Verwicklungen. Was die Hauptsache angeht, die ausgestellte Kunst selbst: Es sind nicht Kunstwissenschaftler*innen und Sachverständige, die darüber bestimmen, was sie ist und sein soll, sondern in Zürich sind es nach den Worten von Direktor Christoph Becker zu 80 Prozent die privaten Sammler*innen. Sie kaufen ihr Leben lang Kunst und hinterlassen sie den Museen, um dort mit Schenkungs- oder Dauerleihverträgen ihre Namen zu verewigen. Bloss, die Bührle-Stiftung schenkte nicht, sondern lieh ihre Werke dem Zürcher Kunsthaus im Jahr 2012 nur auf Zeit, exakter: für die Dauer von 22 Jahren, von denen 9 abgelaufen sind. Dieser Deal, der im Jahr 2034 kündbar ist, war mies, denn die reichste Kunststiftung der Schweiz liess sich vom einfachen Steuerzahlenden sozusagen ein Bilderdepot bauen, nachdem ihr eigenes, die Bührle-Villa im Seefeld, Schimmel angesetzt hatte und nicht mehr sicher war vor Kunstraubzügen einer anderen Art, wie der alte Emil Georg Bührle sie praktiziert hatte. 

2008 wurden aus der Villa vier Werke mit einem geschätzten Wert von 180 Millionen Franken gestohlen, was nach jener Sicherheit verlangte, die nun die Stadt Zürich im Erweiterungsbau des Kunsthauses garantiert. Oder anders gesagt: Damit die drei Milliarden schwere Bührle-Stiftung ihre Werke sicher lagern kann, zahlten die Zürcherinnen und Zürcher 88 Millionen Franken an den Neubau. Hätten die Bührle-Erben nur zwei der ihnen vom Waffenfabrikanten hinterlassenen 600 Werke verkauft, wären sie und die Stiftung in der Lage gewesen, die gesamten Kosten von über 200 Millionen zu übernehmen und die Stadt Zürich komplett zu entlasten. Als der Schreibende dies vor der Abstimmung in einer Zeitungskolumne zur Sprache brachte, war danach der Pressesprecher des Kunsthauses, Björn Quellenberg, auf dem Anrufbeantworter und drohte: «Herr Schmid, das wird noch auf Sie zurückfallen!» Es war die Vorgeschichte des Steuerungsausschusses, der später die Universität Zürich in die Knie zwingen wollte.  

Das Problem mit den privaten Sammlungen hat Becker bei der Eröffnung des Ergänzungsbaus erstaunlich offen angesprochen, indem er eingestand, dass in Zürich nicht mehr nur gute und hohe Kunst zu sehen ist, sondern vor allem jenes, was Private gesammelt haben. So findet eine Verlagerung statt hin zur Beliebigkeit und weg vom einstigen Auftrag der Museen, den Geist der Allgemeinheit für die Qualität in der Kunst zu schärfen, die nur dann erfüllt ist, wenn sie auch eine eigenständige Antwort auf die Entwicklung der Menschheit gibt. Das klingt etwas hochgestochen, aber es gibt Beispiele, etwa die in der Renaissance entstandene perspektivische Darstellung auf einer Fläche, der Leinwand, die einherging mit einem erweiterten Blick und der Erkenntnis, dass die Erde keine Scheibe ist, sondern eine Kugel im All. Oder die Hinwendung in der Moderne zur Abstraktion und später zur nicht-figurativen Gestaltung in der Fläche und im Raum. Wir sind längst dort angekommen, mit der Avantgarde eigentlich schon vor gut hundert Jahren. Doch diese Kunst ist im Kunsthaus Zürich praktisch inexistent, weil es nicht Anregungen vermitteln will, sondern vor allem rückwärtsgewandtes, einfältiges Staunen. Und das ist nicht mehr nur den verantwortlichen Personen anzulasten, sondern hat System. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Erich Schmid ist Autor und Film-Regisseur. Er ist Mitglied des Stiftungsrats der «max bill vantongerloo stiftung», welche das Buch «Das kontaminierte Museum» mitfinanziert hat.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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5 Meinungen

  • am 14.10.2021 um 07:28 Uhr
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    Es stimmt schon, der «Zürichberg» hat sich ein zu einem guten Teil vom Steuerzahler bezahltes Denkmal gesetzt und feiert sein eigenes Mäzenentum. Mächtig ist der Bau schon, wirkt aber nicht schwer. Insofern kann ich Herrn Schmids Argumentation nicht ganz folgen. Überhaupt trägt der Autor etwas gar dick auf. Insbesondere wenn er amerikanische Häftlinge als positives Gegenbeispiel heranzieht, wo man weiss, dass die Amerikaner die Armen zu Hauf jahrelang in Gefängnisse steckt, statt ihnen eine Perspektive zu geben.

    Es stimmt auch, dass sich Corine Mauch vor einen Wagen spannen lies, der nicht ihrer ist. Vielleicht wollte sie damit den «Zürichberg» gnädig stimmen, da sie dessen Wohlwollen braucht um ihre sozialen Projekte nicht zu gefährden.

    Das Pünktchen auf dem i ist aber am Schluss der Hinweis, dass Herr Schmid in Zumikon wohnt, der steuergünstigeren Erweiterung des Zürichbergs wo auch die Familie Bührle und der zu Geld gekommene Max Bill wohnten. Wem gilt also seine Kritik? Sich selber?

  • am 14.10.2021 um 19:35 Uhr
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    @ C. Gassmann
    Wenn Sie behaupten, der Autor hätte die quergestreiften amerikanischen Häftlinge als positives Gegenbeispiel zu den Gefangenen in den Konzentrationslagern dargestellt, dann lenken Sie davon ab, dass die Nazis ihre Gefangenen in längsgestreifte Häftlingsanzüge steckten, damit sie mit vertikalen Streifen optisch weniger unterernährt erscheinen. Chipperfields Bau wirkt ebenfalls grösser mit vertikalen Zierstreifen. Diese Tatsache lässt sich nicht leugnen. Dass der Wohnort des Autors etwas mit dem Inhalt seines Artikels zu tun haben sollte, ist wie wenn ein Grüner vor der Klimakatastrophe warnt, und ein Klimaleugner wirft ihm vor, er besitze ja ein Auto oder fahre SBB mit Strom. Der Klimaleugner zielt versteckt nur darauf, dass die Diskussion nicht mehr ums Klima geht, sondern um die Person und will sie zum Schweigen bringen. Natürlich wünschen auch Sie im Subtext Ihrer Zuschrift, dass der Autor aufgrund seines Wohnorts, sich entweder gar nicht mehr äussert, oder wenn, dann nur in ihrem Sinn. Das ist ein uralter Trick in der Rhethorik, die man als „Ebenenverschiebung“ bezeichnet. Auch Autokraten und Diktatoren bedienen sich ihrer und kommen manchmal sogar an die Macht – in der Geschichte mit verheerenden Folgen.

  • am 18.10.2021 um 13:20 Uhr
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    «Mit Gold an Türen und Innendekoration schmückt Chipperfield seine Architektur» beim diesem Satz im Artikel von Erich Schmid, wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    Das Gold entpuppt sich nämlich als eine Art Messing (Aluminium/Kupfer), allerdings ohne jeglichen Oberflächenschutz auf dem matten Metall, sodass jede Berührung zu einem schwarzen Abdruck führt, der aussieht wie Dreck.
    Von Materialien und deren Umgang hat die Architekten-Clique selten eine Ahnung gehabt, wobei jeder Handwerker es besser wüsste… Nicht Dummheit, aber Arroganz pur, verorte ich.

  • am 18.10.2021 um 16:35 Uhr
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    Also, ich finde Chipperfields Bau gelungen, geradezu genial: Wie es ihm gelungen ist, einem Flak-Bunker (eine gerade in Berlin und Deutschland jetzt wieder sehr gern aufgegriffene Bautradition) zu schaffen – Bührle hat ja sein Geld u.a. mit Fla-Kanonen gemacht! – seine unangenehme Wuchtigkeit dadurch zu nehmen, dass er ihn mit den senkrechten Stäben gegliedert hat, die ja zweifellos nicht auf Häftlingskleidung anspielen, wie dies der Autor suggeriert, sondern – wegen der horizontalen Untergliederung – einen Käfig darstellen und damit viel allgemeiner an den Nazi-Staat, seine KZs und deren Insassen erinnern … das hat schon was. Ich rätsele nur noch, ob das Ganze als «Ironie» am Bau zu interpretieren ist. Die Goldtupfer allerorten könnten für Letzteres sprechen. Hinzu kommt, dass Chipperfield durch die offene Zurschaustellung des Stahlbetons (der in ca. 130 Jahren verrottet sein wird) die Vergänglichkeit nicht nur der sich für ewig haltenden bürgerlichen Kunst, sondern auch der «Mäzene» und ihrer Absichten, sich zu «verewigen» zum Ausdruck bringt. Einfach genial! Oder?
    Gute Architektur ist eben immer ein Ausdruck ihrer Zeit – und ganz besonders gern und häufig ihrer schlechtesten Seiten. Gerade in der Schweiz weiß man das ja (nicht erst) seit Herzog & de Meuron…

    (Wer Ironie oder Sarkasmus findet, darf beides behalten …)

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