Kommentar
Liebesbeziehung mit dem Chef: Geht nicht
Dieser Tage griffen mehrere Medienorgane eine Nachricht von «Zackbum» auf. Demnach sind der Chefredaktor des Schweizer Fernsehens SRF, Tristan Brenn, und Barbara Lüthi, Moderatorin des «Clubs», ein Paar. Liebesbeziehungen gehen die Öffentlichkeit eigentlich nichts an. Aber in diesem Fall geht es um mehr als um Klatsch. Denn Brenn ist in seiner Funktion als Chefredaktor auch Vorgesetzter von Lüthi. Dem «Blick» sagte er, seine Beziehung sei der SRF-Belegschaft bekannt. Zudem habe er die betroffenen Redaktionen und die Vorgesetzten wie auch die Personalabteilung und die Direktion darüber in Kenntnis gesetzt. Es herrsche also Transparenz. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, hat Brenn die Aufsicht über den «Club» an seinen Stellvertreter, Gregor Meier, abgetreten. Dieser trage da die «volle publizistische und personelle Verantwortung», heisst es im «Blick»-Bericht.
Ist damit alles in Ordnung? Nein, fanden zwei Kommentatoren und verwiesen auf die Kritik der SVP an der personellen Zusammensetzung der «Club»-Sendung über das gescheiterte Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Zu den Vorwürfen hatte Meier Stellung genommen, was die Kommentatoren nicht für angemessen hielten. Eine solche Angelegenheit sei doch Chefsache. Über diesen kleinen Knoten darf man hinwegsehen. Mit Meier als Mitglied der Chefetage hat sich SRF offiziell und verbindlich zur Sache geäussert.
Das Problem liegt woanders. Kann eine Liebesbeziehung zwischen einem Chef und einer Mitarbeiterin – die Frage stellt sich auch bei umgekehrten Geschlechterverhältnissen – innerbetrieblich durch Herstellung von Transparenz und durch die Abtretung einer direkten Verantwortlichkeit «neutralisiert» werden? Zweifel sind angebracht. Man stelle sich vor, die «Club»-Moderatorin sei in einen Personalkonflikt verwickelt, den der stellvertretende Chefredaktor schlichten oder lösen müsste. Wäre er mental in der Lage, allenfalls zuungunsten der «Club»-Frau zu entscheiden, im Wissen darum, dass er damit auch «seinen» Chefredaktor verstimmen dürfte? Immerhin hat er gleichzeitig darauf zu achten, dass er mit Brenn in gutem Einvernehmen arbeiten kann.
Die Frage ist rein hypothetisch. Aber man muss sie dennoch stellen – unabhängig davon, ob man den beiden SRF-Leuten die charakterliche Stärke zutraut, souverän und ohne Machtmissbrauch personelle Konflikte zu lösen. Die Praxis zeigt leider allzu oft, dass es ganz anders läuft. Wenn Chefs eine Beziehung mit einer in ihrem «Befehlsbereich» arbeitenden Person haben, stellen sich schnell Loyalitätskonflikte, welche die Liebespärchen überfordern. Kommt es zu personellen Konflikten im betrieblichen Umfeld, geraten auch Personalabteilungen an ihre Grenzen – wenn denn Betroffene die Probleme überhaupt ansprechen können, ohne mit Racheaktionen seitens des Chefs rechnen zu müssen. Wer hat dazu schon den Mut in Medienbetrieben, wo die Arbeitsplätze ohnehin unsicher geworden sind. Entsprechend entstehen ungerechte Machtverhältnisse. Die Konflikte schwelen oft weiter, verursachen allenfalls Stellvertreterkämpfe und verschlingen viel innerbetriebliche Energie.
Letztlich gibt es nur eine richtige Lösung: keine Beziehung zwischen einem Chef und einer untergebenen Person. Wenn es dennoch dazu kommt, muss einer der beiden zumindest in eine Abteilung wechseln, die nicht im Kompetenzbereich des Chefs liegt. Eine solche Regel mag rigide sein und ungerecht gegenüber jenen, die ihre Positionen nicht missbrauchen. Aber sie vermeidet heillose Konflikte und schont die Ressourcen aller.
Der geplante Ausbau der Medienförderung wäre eine Gelegenheit, gute Unternehmensführung zur Voraussetzung zu machen – auch für Pressetitel, die schon lange von indirekter staatlicher Unterstützung profitieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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zumindest in eine Abteilung wechseln, die nicht im Kompetenzbereich des Chefs liegt. Eine solche Regel mag rigide sein und ungerecht gegenüber jenen, die ihre Positionen nicht missbrauchen.
Da ist nichts rigides dran. Interessenkonflikte müssen unbedingt vermieden werden. Liebesbeziehungen sind ja per se Interessenbeziehungen. Da zu glauben, dass es bei Chef/untergebenen Person nicht zu korrumpierenden Aktionen kommt, wenn persönliche Interessen (Liebesbeziehung) mit im Gange sind, ist eine Ilusion.
«Trenn» statt «Brenn» – ein treffender Freudscher Verschreiber.
Danke. 😉 Ist korrigiert.
Hat da Rainer Stadler eventuell an eine gewisse Konstellation
bei seinem früheren Arbeitgeber gedacht 🙂 ?
Lead:《Wenn ein Angestellter mit dem Chef liiert ist,…》…dann muss man annehmen, hier ginge es um die Liebes-Beziehung zwischen zwei Männern: das Fehlen gendergerechter Sprache ad absurdum geführt.
Es spielt in dieser Angelegenheit in grundsätzlicher Hinsicht keine Rolle, welchem Geschlecht sich die Partner zuordnen oder welchem sie angehören.
ich kann hier nur aus eigener Erfahrung sprechen. Meine Ehefrau, war Schlosser im Beeich der Pumpenwerkstatt. Neben dieser Werkstatt war mir weiterhin die Armaturenwerkstatt und die Kompressorenwerkstatt unterstellt. Alle Werkstätten wurden durch einen Meister geführt und jeder Abschnitt hatte außerdem einen Werkstatt-Ingenieur. Der Bereich umfaßte in der Summe 64 Hamdwerker, 4 Meister und mit mir 12 Ingenieure. Nach meiner Scheidung, kam ich mit dem jungen Mädchen, 19 Jahre, zusammen, wobei ich schon 35 Jahre auf dem Buckel hatte. Wir haben unsere Beziehung über ein halbes Jahr vollkommen geheim gehalten, aber dann Offen gelegt, als wir uns einig waren zusammen zu leben. Natürlich hat es auch Probleme gegeben, z.B. als nach einer ausdrücklichen Belehrung über die Verwendung von Edelmetall-Schrauben, meine Frau genau diesen Fehler erneut fabrizierte. Da ich bei der Belehrung Prämienkürzungen angekündigt hatte, habe ich meiner eigenen Frau diese Prämie gekürzt. So was geht nur gut, wenn ALLE sich darauf verlassen können, dass der Cheff in allen Lebenslagen absolut objektiv entscheidet, aber das ist für ein Betriebsklima generell von Nöten, auch wenn der Cheff nicht mit einem Mitarbeiter liiert ist. Unsere Ehe hat mittlerweile 36 Jahre Bestand und wenn ich, nun lange Rentner, einen Meiner ehemaligen Kollegen treffe, so ist das für beide Teile ein freudiges Ereignis. Ich muß ergänzen, das Ganze passierte in der DDR, wo das Verhältnis zwischen Leiter und Kollektiv anders war.