Ein Reich, an dem sich die Geister scheiden
Red. Die USA und die Nato bezeichnen das mächtiger werdende China als ihren grössten Feind. Die Unterdrückung der uigurischen Muslime und das Sicherheitsgesetz in Hongkong dominieren die Schlagzeilen. In diesem Gastbeitrag plädiert Kurt Seifert für eine Position zwischen blinder Antipathie und falscher Euphorie. Seifert ist Sozialwissenschaftler und Publizist. Dieser Beitrag erschien in einer erweiterten Fassung in «Widerspruch 76».
Eine Gesellschaft ohne Kirche und Adel
China als glänzendes Vorbild oder als abschreckendes Beispiel – diese Frage stellt sich dem Westen nicht erst seit heute. Die europäischen Aufklärer waren durch ihre Auseinandersetzung mit einem bislang kaum bekannten Denken auf eine Gesellschaft ohne Kirche und Adel aufmerksam geworden, die sich von jener des Abendlandes grundlegend unterschied. So plädierte der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz in seinem 1697 veröffentlichten Werk Novissima Sinica (Das Neueste von China) dafür, von China zu lernen. Voltaire sah im chinesischen Kaiserreich den idealen Vertreter eines aufgeklärten Absolutismus, an dem sich Europas Monarchen orientieren sollten, wie er in seinem 1756 erschienenen Essay sur l’Histoire générale et sur les moeurs et l’esprit des nations (Versuch über die Weltgeschichte und die Sitten und den Geist der Völker) schrieb. Am kaiserlichen China liess sich aufzeigen, dass zum guten Funktionieren einer Gesellschaft keine feudalen Strukturen notwendig waren.
China verstehen
Noch bis ins 17. Jahrhundert hinein stellte China jenen Kulturkreis dar, der weltweit am höchsten entwickelt war. Wie konnte es dann zu dieser gewaltigen Umkehr der Kräfte kommen, so dass das Reich der Mitte 200 Jahre später dem westlichen Kolonialismus und Imperialismus unterliegen musste? In einem vielbändigen Werk setzte sich der Sinologe Joseph Needham mit Wissenschaft und Zivilisation in China auseinander. Er kam zum Schluss, es habe soziale, ökonomische und nicht zuletzt weltanschauliche Gründe gegeben, die China daran hinderten, seine bislang führende Stellung in Technik und Naturwissenschaften angesichts der aufkommenden kapitalistischen Klassengesellschaft aufrechterhalten zu können. Doch Chinas Zukunft sah Needham durchaus in lichten Farben: «Möglicherweise sind die für die Chinesen bedeutsamen Traditionen viel leichter mit einer wissenschaftlichen, kooperativen Weltgemeinschaft in Übereinstimmung zu bringen als die Grundanschauungen der Europäer.» (*Needham 1979, 70)
Nach der Sinophilie der frühen Aufklärung war es im 20. Jahrhundert zu einer neuen Welle der China-Begeisterung gekommen – dieses Mal ausgelöst durch den Sieg der chinesischen Revolution, die als ein Leuchtfeuer für revolutionäre Bewegungen nicht nur in der «Dritten Welt» wahrgenommen wurde. Führende Intellektuelle besuchten das neue China – unter ihnen beispielsweise Simone de Beauvoir. Die Philosophin wollte ein Leben jenseits westlicher Konsumgewohnheiten entdecken und die Vorurteile ihrer Leser*innen über den Kommunismus herausfordern. Auf ihrer Reise habe sie gesehen, dass dieses Land «zugleich ein Erbgut und den Entwurf zu einer zukünftigen Ordnung» darstelle, schrieb sie in ihrem 1957 erschienenen China-Buch, das 1960 unter dem Titel China. Das weitgesteckte Ziel in deutscher Übersetzung auf den Markt kam. (*Zitiert nach Kirkpatrick 2020, 332)
Der Osten ist rot
In einem Beitrag einer linken, aber keineswegs «marxistisch-leninistisch» orientierten Zeitschrift aus dem Jahr 1978 ist zu lesen:
Das chinesische Volk hat sich unter der Führung der Kommunistischen Partei selbst aus den Fesseln des Kolonialismus und Imperialismus befreit. Die chinesische Revolution hat in noch stärkerem Masse als die Oktoberrevolution zu jener welthistorischen Wende beigetragen, die darin besteht, dass die 3. Welt beginnt, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Die politische Vormachtstellung der KP begründet sich nicht zuletzt auch aus der führenden Rolle während der Revolution. (*Safranski, Voigt 1978, 24 f.)
Co-Autor dieses Artikels ist der bekannte deutsche Intellektuelle Rüdiger Safranski: 1970 gehörte er noch zu den Gründer*innen der maoistischen Kommunistischen Partei Deutschlands / Aufbauorganisation (KPD/AO – später wurde das «AO» weggelassen). Inzwischen ist er weit nach rechts gerückt, wie so manche seiner früheren Gesinnungsgenoss*innen. Auch andere grosse Namen kokettierten damals mit dem Maoismus. So verkündete der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger 1973 im Kursbuch, dass angesichts der zu jener Zeit bereits erkennbaren Anzeichen einer globalen ökologischen Krise die chinesische Regierung als einzige in der Welt «konsequente Strategien zur Verhinderung der Katastrophe» entwickle. (*Zitiert nach Schickel 1978, 132)
Mao – machtgieriger Massenmörder?
Die China-Euphorie dauerte nicht lange. Bald war das «rote Jahrzehnt» wieder in Vergessenheit geraten. Viele von denen, welche die Kulturrevolution am enthusiastischsten begrüsst hatten, zählten wenig später zu deren schärfsten Kritiker*innen. Die Motive dafür waren sehr unterschiedlich: Die einen hielten den Sturz der Mao-nahen «Viererbande» nach dessen Tod im Herbst 1976 für eine Rückkehr des Reiches der Mitte auf den «kapitalistischen Weg». Dem westlichen Mainstream, dem sich auch viele einstige Linke anschlossen, ging die Abkehr der neuen Partei- und Staatsführung unter Deng Xiaoping von der Mao-Politik dagegen noch zu wenig weit.
Auf einmal war Mao Zedong nicht mehr der wagemutige Revolutionär, der zusammen mit seinen Genoss*innen China aus einem «Jahrhundert der Demütigung» befreit hatte – wie eine gängige Bezeichnung der Zeit zwischen den Opiumkriegen und der Eroberung der Macht durch die Kommunistische Partei lautet. Jetzt galt er als machtgieriger Massenmörder.
Neuer «Kalter Krieg»
Ein Jahrzehnt später haben sich die Linien des ideologischen Kampfes erneut verschoben. Jetzt geht es nicht mehr in erster Linie um die geschichtliche Rolle von Mao Zedong oder um die Einschätzung der Kulturrevolution (*vgl. dazu Leese 2016). Die Wiederkehr Chinas auf die weltpolitische Bühne, die Entwicklung des Landes zur zweitgrössten Volkswirtschaft der Erde hinter den Vereinigten Staaten, weckt Befürchtungen und Ängste. Die von wesentlichen Teilen der westlichen Elite gehegte Vorstellung, China werde dank der seit Ende der 1970er Jahre eingeleiteten Politik ökonomischer Reformen Schritt für Schritt auch die Werte des Westens übernehmen, hat sich als irrig erwiesen. Vielmehr stellt sich heraus, dass dieses Land seinen ganz eigenen Weg einer «gelenkten Volkswirtschaft» geht, die unter dem Dach einer nominell «sozialistischen» Herrschaft das Wirken von staatlichem und privatem Kapital bislang höchst erfolgreich vereint.
Die Politik des Westens folgt jetzt der Logik: Gelingt die Kooptation nicht, muss Konfrontation an deren Stelle treten. Manche Zeichen deuten auf einen neuen «Kalten Krieg». Kompliziert wird die Geschichte dadurch, dass sich hier – anders als beim bis in die 1980er Jahre dauernden Konflikt zwischen den von den Supermächten USA und Sowjetunion angeführten Parteien – nicht mehr zwei vollkommen unterschiedliche Systeme gegenüberstehen. Mit der von Deng eingeführten und von seinen Nachfolgern fortgeführten Reformpolitik ist China zu einem Teil des kapitalistischen Weltsystems geworden. Das Besondere daran ist allerdings die Tatsache, dass China sich den übrigen kapitalistischen Mächten, insbesondere den USA, nicht einfach unterordnet, sondern seine Eigenständigkeit bewahren kann.
Diese Eigenständigkeit ist als Erbe einer Revolution zu verstehen, die im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der «Dritten Welt» eine weitgehend autozentrierte Entwicklung möglich machte: Das Vertrauen auf die Kräfte des Volkes – die sogenannte Massenlinie – bildete das Herzstück der Politik von Mao Zedong. So gesehen war seine Mobilisierung der Volksmassen eine entscheidende Voraussetzung für den in der Geschichte der Menschheit bislang einmaligen ökonomischen Sprung nach vorn: Innerhalb von nur zwei Generationen ist aus einem armen Entwicklungsland eine führende Industrienation geworden. Manche Beobachter*innen hatten behauptet, nach der Kulturrevolution sei bloss ein «Scherbenhaufen» übriggeblieben. (*Weggel 1987, 38) Neuere Untersuchungen kommen zu differenzierteren Ergebnissen. (*Vgl. Leese 2016, 93–98)
Sorge um die Stabilität des Systems
Die ökologischen, sozialen und nicht zuletzt auch moralischen Kosten dieses Sprungs sind allerdings nicht zu unterschätzen: Das enorme wirtschaftliche Wachstum hat zur Übernutzung der natürlichen Ressourcen geführt. Zudem verschärfte sich die gesellschaftliche Ungleichheit. War China noch Ende der 1970er eine relativ homogene Gesellschaft auf niedrigem wirtschaftlichem Niveau, so hat die soziale Kluft zwischen den Klassen in der Zwischenzeit stark zugenommen. Der Gini-Koeffizient, ein Mass für die Ungleichheit, ist in China von 0,28 im Jahr 1981 auf 0,46 im Jahr 2018 gestiegen.
Das sollte eigentlich ein äusserst dringliches Problem für Kommunist*innen sein. Von der Existenz von Klassen, von Widersprüchen zwischen den Klassen, gar von Klassenkampf ist aber offiziell keine Rede mehr. Stattdessen hiess die Parole von Deng und seinen Nachfolgern: Bereichert euch! Die jetzige Staats- und Parteiführung unter Xi Jinping scheint sich aber der Gefahren bewusst zu werden, die durch Korruption und allzu sehr zur Schau gestellten Reichtum für den gesellschaftlichen Zusammenhalt drohen.
Die Frage nach der Stabilität des Systems findet ihre Antwort in der Loyalität der Massen. Mao Zedong hatte einst versucht, sie durch Appelle an den revolutionären Geist und die Beteiligung der Massen an politischen Kampagnen zu fördern. Die Führungsgruppen nach Mao sind Schritt für Schritt vom Konzept der Politisierung des Volkes abgekommen und suchen ihr Heil in dessen konsequenter Ruhigstellung durch einen wachsenden individuellen Wohlstand. Dem mit der Entpolitisierung einhergehenden Verlust der Orientierung am Gemeinwohl soll eine besondere Mischung Abhilfe leisten: Ein auf die Ideologie materiellen Fortschritts reduzierter Marxismus wird mit der Moral des Konfuzianismus verschmolzen, um der China-spezifischen Verbindung aus Sozialismus und Kapitalismus eine möglichst feste Verankerung in den Herzen und Hirnen des Volkes zu verschaffen.
China-Bashing? China-Euphorie?
Die Sozialwissenschaftlerin Lin Chun stellt fest, dass die Reformpolitik zu einem Übergang in ein bürokratisch-kapitalistisches System degeneriert sei, bei dem Staat und Marktkräfte gegebenenfalls auch repressive Mittel gegen die Gesellschaft einsetzen können. Andere Beobachter*innen kommen zu positiveren Einschätzungen hinsichtlich des chinesischen Weges. So glaubt der Volkswirtschaftler Wolfram Elsner, China werde «nicht vom kapitalistischen Tiger geritten, es reitet den kapitalistischen Tiger, aber als streng regulierten […] Markt». Und er hofft, China könne zeigen, «dass Sozialismus im 21. Jahrhundert kein statisches, bürokratisches Armutssystem mehr ist», sondern eines, das den Kapitalismus «überflügeln und die menschlichen Perspektiven erweitern» werde (*Elsner 2020, 309 und 326).
Und wie steht es mit den demokratischen Rechten des Volkes? Die chinesische Minderheitenpolitik gegenüber der muslimischen Bevölkerung in Xinjiang befindet sich derzeit im Zentrum westlicher Kritik. Die Begründung der Staats- und Parteiführung, die Massnahmen stünden im Dienst des Kampfes gegen den islamistischen Fundamentalismus, werden bei uns kaum zur Kenntnis genommen; geschweige denn, dass es zu einer kritischen Widerlegung chinesischer Positionen käme.
Die sozialen und die individuellen Menschenrechte
Ebenso wird die offizielle Betonung der sozialen gegenüber den individuellen Menschenrechten hierzulande selten gewürdigt – als wäre es nicht der Rede wert, dass 800 Millionen Menschen aus der absoluten Armut geführt worden sind. Der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik meint, der Kampf gegen die Armut berechtige nicht dazu, «republikanische Freiheiten und Menschenrechte zu suspendieren» (*Brumlik 2020, 90). Wohl wahr. Doch müssten wir uns nicht auch fragen, was die Deklaration von Menschenrechten eigentlich taugt, wenn in der vom Westen beeinflussten Welt der Kampf gegen die Armut nicht konsequent geführt wird und immer noch rund 800 Millionen Menschen an Hunger leiden?
Gerade aus einer sozialistischen Perspektive heraus muss eine kritische Auseinandersetzung mit dem Weg Chinas stattfinden. Sie sollte aber vermeiden, in das bürgerliche Kalte-Kriegs-Geheul einzustimmen, und sie sollte versuchen, die emanzipatorischen Potenziale dieses Weges herauszuarbeiten. Dabei darf sie entgegenstehende Elemente nicht übersehen. Dies wäre, kurzgefasst, eine «dritte» Position gegenüber dem vorherrschenden China-Bashing sowie gegenüber unkritischen Verteidiger*innen der aktuellen chinesischen Politik.
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*Literatur
- Brumlik, Micha: Der Kampf der Weltanschauungen. China gegen den Westen: Von Kant über «Habeimasi» zu «Tianxia», in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 10/2020, 81–90
- Elsner, Wolfram, 2020: Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders, Frankfurt/M
- Kirkpatrick, Kate, 2020: Simone de Beauvoir. Ein modernes Leben. Aus dem Englischen von Erica Fischer und Christine Richter-Nilsson, München
- Leese, Daniel, 2016: Die chinesische Kulturrevolution 1966–1976, München
- Lin, Chun, 2013: China and Global Capitalism. Reflections on Marxism, History and Contemporary Politics, New York
- Needham, Joseph, 1979: Wissenschaftlicher Universalismus. Über Bedeutung und Besonderheit der chinesischen Wissenschaft, Frankfurt/M.
- Safranski, Rüdiger / Voigt, Bodo: Intellektuelle über China: Gulag oder sozialistisches Entwicklungsland, in: Berliner Hefte. Zeitschrift für Kultur und Politik, Nr. 6, Januar 1978, 16–26
- Schickel, Joachim, 1978: Grosse Unordnung, grosse Ordnung. Annäherungen an China. Aufsätze 1969–1978, Berlin
- Weggel, Oskar, 1987: China. Zwischen Marx und Konfuzius. Zweite, neubearbeitete Auflage, München
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Herzlichen Dank für diesen ausgezeichneten Artikel zu China, der vorführt, wie sehr das Bild, das von China gezeichnet wird, von den Maßstäben abhängt, die die sich durchsetzende Meinung jeweils ansetzt: einerseits Aufklärung auf der Basis von Werten wie Gerechtigkeit, Achtung des anderen, Gemeinwohl, Frieden andererseits Macht, Egoismus, Konkurrenzdenken, Unterdrückung, Ausbeutung – Maßstäbe, die dem nach außen lediglich behaupteten, vorgeblichen Kampf für Menschenrechte, Freiheit, Demokratie tatsächlich zugrunde liegen. Nicht nur bezüglich China werden solche Werte vorgeschoben, um imperialistische Zwecke, wie Verfügung über fremde Ressourcen und billige Arbeitskräfte zu gewinnen oder Konkurrenz, die der Durchsetzung solcher Zwecke bedrohlich würde, auszuschalten. Was aktuell die Seidenstraße betrifft, wirft die imperialistische Seite China die eigenen, seit Jahrhunderten gelebten egoistischen Absichten vor. Sie ist nicht in der Lage, sich unvoreingenommen zu fragen, ob dieses Projekt nicht ein Modell zum Nutzen aller sein kann, entsprechend Adam Smith´s Unterscheidung von „selfish“, das nur eigene Interessen verfolgt, und „self interested“, wonach man ebenfalls aus eigenen Gründen, aber gleichzeitig auch die Interessen des andern bedient. Umweltfragen sind auch in China nicht gelöst, aber es gibt auf diesem Gebiet Projekte einschließlich Zeitrahmen für beachtenswerte Ziele. Man muss China nicht idealisieren, um von ihm einiges zu lernen, was der Zukunft dienen kann.
Sehr geehrter Herr Seifert,
seit ich den Infosperber regelmässig und nicht mehr nur spontan lese, habe ich das Gefühl, ich nehme an einem Fernkurs einer Volkshochschule teil: Ein über das andere Mal, lerne ich – obwohl ich unbescheiden sage, ich weiss eigentlich recht viel – ganz neue, eingenständige Gesichtspunkte und Informationen über andere Länder, vor allem über die «ganz bösen Chinesen und Russen» kennen. Ich selber war vor bald 50 Jahren aufgrund des dokumentarischen, grossartigen Romans eines Engländers – ich habe leider den Namen vergessen – «Roter Stern über China» ein unbeirrbarer Fan von Mao, und ich wollte die dunklen Seiten (vor allem auch den Überfall auf Tibet) einfach nicht zur Kenntins nehmen, bis mich eine Biographie dieses anfänglich so grossen Mannes (wenn ich mich nicht irre, war es sogar eine entfernte Verwandte) eines Besseren belehrte. Mao ist leider wie die meisten Mächtigen eben dieser Macht und der eigenen Selbstüberheblichkeit erlegen.
Was Sie, Herr Seifert, vor allem auch über die Geschichte dieses Volkes schreiben, ist sehr spannend – ich wusste wohl Bruchstücke, habe aber nie einen echten Überblick gehabt, wie Sie. Und auch Ihre sehr differenzierte, vom Willen zur Wahrheit geleitete Darstellung der Gegenwart, finde ich sehr überzeugend. Sie haben sich offensichtlich mit offenem Verstand seit sehr langer Zeit mit China beschäftigt. Vielen, vielen Dank.
«Ein Beitrag zur Diskussion», schreiben Sie. Vor allem eine Anregung zu Nachdenklichkeit! bald acht Milliarden Menschen auf Erden, alle im gleichen Boot. Wenn wir das überleben wollen, muss die abendländische Welt einen neuen Weg zur Kooperation mit den östlichen Kulturen finden. Neue kalte Kriege führen zu gemeinsamem Untergang.
China, ein Land mit 3000-jähriger Kultur und einem ungemein leistungs- und leidensfähigen Volk. Momentan unter dem Gängelband der kommunistischen Partei. Ein aus dem Westen importiertes Modell des 19. Jahrhunderts. Das chinesische Volk wird sich auf die Dauer nicht zum manipulierten Ameisenstaat degradieren lassen. Der Marxismus war nötig für die Überwindung des Feudalismus (Kirche und Adel), für das eher buddhistische Denken der Chinesen eignet er sich nicht.
Es genügt, wenn man Lang Lang beim Klavierspielen zuhört um zu erahnen, was durch gegenseitige Anerkennung beider Kulturen entstehen könnte. China, unser grösster Feind? Das allerdings hat mit Nachdenken nichts zu tun. Es ist reine westliche Arroganz und Dummheit. Unser grösster Feind sitzt im Westen selbst, nicht in China.
Danke für den ausgezeichneten Beitrag!
Wie überall auf der Welt, zählt auch in China vor allem nur noch, was sich bezahlt macht. Wohlstandsverwahrloste und vielfach gespaltene Gesellschaften lassen es geil laufen, wie es kommt. Kollektiv organisiert und toleriert herrschen Verantwortungslosigkeit und Wertefreiheit. Wo vor allem gross Mächtige und schwer Reiche tun oder lassen können, was und wie sie es wollen. Und läuft es schief, kann niemand etwas dafür: Jede*r ist sich selbst der*die Nächste. Es ist eine Welt, die mit totaler Konkurrenz und ohne Rücksicht auf Verluste global am Zusammenbrechen ist. Die Natur wird es überleben. Auch ohne Menschen.
Das ist so. Aber das ist eine aus dem Westen importierte Mentalität. Sie ist nicht chinesisch und wird auch nicht überleben.
Wikipedia nennt als zentrales Erkennungsmerkmal von Adel: „sozial exklusive Gruppe mit gesellschaftlichem Vorrang». Inwiefern sollte das für den chinesischen Kaiser und seine Höflinge nicht zugetroffen haben?
Auch Mao und seine KP haben den Kern dieses Systems übernommen.
China ist längst kein 3. Welt Land mehr! Es ist an der Zeit dieses Land auch so zu behandeln und auf Augenhöhe zu begegnen! China hat lange genug vom Westen Profitiert nun ist es an der Zeit dem Umweltzerstörerischen Regime die Zähne zu zeigen!
Es kann z.B. nicht sein, dass die Post immer noch Geld bezahlen muss auf Pakete die aus China hierher bestellt werden! Dies nur weil es den Status eines 3. Weltlandes hat!
Weiter muss auf Importe aus China massive Zölle erhoben werden wenn die Umweltschäden nicht endlich durch China beseitigt werden! Unsere Firmen und das Volk werden mit unersättlichen Vorschriften, Regulierungen, Abgaben und Steuern belastet währenddessen China sich krumm lacht über unser Verhalten! Viele Firmen in Europa sind bereits unter Chinesischer Führung und dies nur weil wir ein Korruptes Regime stützen. Weiter sind wir in einer Abhängigkeitsspirale gefangen da wir zu viel aus China beziehen, dadurch sind wir erpressbar geworden! Corona lässt grüssen! Mir ist bewusst, dass dieser Weg nicht alleine durch die Schweiz beschritten werden kann da müssen wir in Europa endlich zusammen stehen!
Vielen Dank für die vielen wertvollen Quellen. Ich bin auch immerwieder erbost und enttäuscht wie die einst antikoloniale Linke die dritte Welt komplett verraten hat, sobald ein Teil von ihnen erfolgreich wurde. Ich lebe seit 6 Jahren voller Überzeugung in China, nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern weil ich eine andere Welt unterstütze. Die Behauptung, China sei jetzt kapitalistisch ist in der Tat absurd. So war es in China nie eine Debatte wie viele Leute an Corona sterben sollen, um die Wirtschaft nicht zu behindern. Leben stand und steht zu erst und z.B. in meiner Wahlheimat Peking mit 24 Millionen Einwohnern starben gerade mal 9 Leute mit Corona. Jeder der rund 1000 Fälle wird auf öffentlichen Karten vermerkt, wodurch wir – die Bevölkerung – überprüfen können ob Fälle vertuscht werden. Ich habe nicht ein Fall gehört wo das passierte.
Im grossen Kontext hat China seit Vietnam keinen Krieg mehr geführt. Die Kriege des Westens sprengen hingegen das Limit an Zeichen um sie aufzulisten. Die USA reagieren auf Al Qaida mit tödlichen Drohnen, aber weinen Krokodilstränen um die Al Qaida Verbündeten East Turkestan ETIM, bewaffnete Exiluiguren, die in Syrien für ihre Brutalität berühmt sind. Welcher Palästinenser würde nicht an einem Training in Xinjiang teilnehmen, um von den Lebensbedingungen in Xinjiang zu profitieren?
Die europäische Linke muss aufhören, vor lauter Partikularinteressen den globalen Kampf zu übersehen. China ist erfolgreicher Sozialismus. Heute 2021.
Auch ich möchte mich über diesen interessanten Artikel bedanken – und an dieser Stelle Daniel Leeses neues Buch «Maos langer Schatten» wärmstens empfehlen. Es setzt sich mit dem Umgang der kommunistischen Partei mit begangenem Unrecht auseinander und vermittelt einen ausgezeichneten, facettierten Blick auf die historische «Rechtssprechung» in China und die Entwicklung des Rechtsempfindens unter Mao. Was die chinesische Kultur angeht, so sollte man vielleicht noch erwähnen, dass die chinesische Kultur durchaus mit westlichen Vorstellungen von Rechtsstaat und Demokratie vereinbar ist – Taiwan, Hongkong oder Singapur liefern dafür eindrückliche Beispiele. Festlandchina könnte von diesen lernen, wenn es sich von der Idee des monolithischen, totalitären, zwangläufig stets von Sklerose bedrohten Einparteienstaats verabschieden würde.
» Die chin. Regierung wird «nicht vom Kapitalistischen Tiger geritten, die reitet den Kap. Tiger.». Die Volksrepublik China zeigt, «dass Sozialismus (Gesellschaftslehre) im 21. Jahrhundert kein statisches, bürokratisches Armutssystem mehr ist, sondern eines, das den bloss ökonomischen Kapitalismus (Konsumismus) um weitere menschliche Bedürfnisse erweitert. »
(Vorlage etwas umgeformt)
Wechselseitige Abhängigkeiten auf Augenhöhe sorgen dafür, dass kein Teil der Gesellschaft «übermächtig» wird. Das chin. Volk braucht für sein Wohl diese Regierungsform, damit der Kapitalistische Tiger nicht wie bei uns, speziell speziell in den USA, immer noch übermächtig wird und für sein Wohl viel mehr verschlingt.
Umgekehrt brauchen Volk und Regierung eigene starke Kapitalistische Tiger, damit sie sich vor den Begehrlichkeit äusserer Kapitalistischer Tiger wehren können.
Weil das Hauptziel von Demokratie wäre, dass kein Teil der Gesellschaft «übermächtig» wird, hat die VR China im wesentlichen eine demokrtische Gesellschaftform.
Neue Gesellschaftsformen stehen stets unter dem gewaltigem Druck durch die guten alten/veralteten/in Würde erstarrten Gesellschaftsformen, deren übermächtigen Hauptprofiteuren und Opportunisten.
Jede komplexere Gesellschafts-Form hat nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile.
Es gilt sorgsam und stets neu so abzuwägen, dass die Vorteile für möglichst viele langfristig überwiegen. Dabei macht auch die Grösse der jeweilen Gesellschaft grosse Unterschiede.