Schulen im Corona-Stress
Lange war man der Meinung, dass Kinder von Corona wenig betroffen sind. Schulschliessungen galten als letztes Mittel. Doch in letzter Zeit nehmen die Fälle an Schulen stark zu. Die Vermutung steht im Raum, dass dies auf Kosten der neuen Mutationen des Virus geht. Allein für die Stadt Zürich berichtete der zuständige Stadtrat Filippo Leutenegger kürzlich über 80 neue Covid-Fälle – 59 Kinder und Jugendliche und 21 Lehrpersonen. Das seien viermal mehr als Anfang März. Auf der Website Schulcluster.ch werden zudem von Privaten auf einer schweizweiten Karte eine Vielzahl von Corona-Ausbrüchen an Schulen dokumentiert:
Laut einem Bericht der NZZ fordern Lehrpersonen im Kanton Zürich deshalb flächendeckende Massentests. Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands in der NZZ: «Unserer Ansicht nach gehören Lehrpersonen zu jenen Bezugsgruppen, die im Arbeitsalltag besonders exponiert sind.»
Zwar ist der Berliner Virologe Professor Christian Drosten der Meinung, man solle sich vom Gedanken verabschieden, irgendeine Gruppe sei «Treiber der Pandemie», wie er bereits Mitte Februar in seinem NDR-Podcast erklärte. Er sagt aber auch: «Wenn man die Schulen offen lässt, während man andere Teile – gerade das Freizeitleben bei Erwachsenen – schliesst, dann hat man nach einiger Zeit deutlich mehr Infektionshäufigkeit bei den Schulkindern.»
Die unerfreuliche Entwicklung an den Schulen verschärft die Frage: Was haben die Schulen seit den Schulschliessungen im Frühling 2020 im Umgang mit der Pandemie gelernt? Dazu haben kürzlich das Schulamt Zürich und die Pädagogische Hochschule Zürich eine Untersuchung veröffentlicht. Sie befragten darin Schulleitende, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler.
Aus dem Bericht wird deutlich, wie das Fernlernen im letzten Jahr funktionierte. So empfanden Führungs- und Lehrpersonen die Organisation der Schulschliessungen, auf die sie überhaupt nicht vorbereitet waren, als «Sprung ins kalte Wasser». Erstes Fazit: Aufgrund der fehlenden Vorgaben und Konzepte wurde der Fernunterricht sehr unterschiedlich umgesetzt.
Fernunterricht – ein schwieriges Konzept
Mühe machten den Schulen die Anforderung eines Fernunterrichts mit digitalen Medien. Fernlernen fand oft nur analog statt – etwa, wenn den Schülerinnen und Schülern Aufgaben per Post oder per Mail übermittelt wurden oder wenn Aufgabenblätter ausgedruckt, eingescannt und fotografiert wurden. Lernen, welches das Potenzial digitaler Kommunikation nützt, müsste anders aussehen.
Hinderlich war auch das Fehlen von Mindeststandards für den Fernunterricht, was dazu führte, dass die Umsetzung je nach Engagement und Fähigkeiten der einzelnen Lehrpersonen sehr unterschiedlich war. So wird im Bericht ein Vater zitiert: «Ja, ich finde es beängstigend, dass ich bei meinen Kindern im gleichen Schulhaus so unterschiedlichen Fernunterricht erlebt habe, und ich finde das komisch, dass von der Schulleitung nicht klar etwas vorgegeben wird und auch geprüft wird.»
Verunsicherung im «Homeoffice»
Belastend für die Eltern war die Vereinbarkeit von Fernlernen und Homeoffice. Sie gewannen den Eindruck, einen Teil der Rolle der Lehrenden übernehmen zu müssen. Dabei fühlten sie sich oft unsicher. Sie wussten nicht, was sie ihrem Kind zumuten konnten und wie die Inhalte zu erklären waren. Verunsicherung gab es aber auch auf der Seite der Schülerinnen und Schüler. Ein Schüler: «Meine Mutter ist ja nicht meine Lehrerin. Also muss ich meine Mutter wie als Lehrerin sehen, und das war schon schwierig.»
Durchzogenes Fazit
Insgesamt sind nicht nur die negativen Seiten hervorzuheben: Der Fernunterricht war für viele Schülerinnen und Schüler auch motivierend. Vor allem ältere Kinder schätzten es, dass sie ihren Tag frei strukturieren und selbstorganisiert einteilen konnten. Eine Schülerin aus der Primarschule: «Mir hat gefallen, dass ich alles kontrollieren konnte, dass ich meine Fächer auf verschiedene Zeiten aufteilen konnte, dass ich Aufgaben machen konnte, wann ich will.»
Dennoch blieb ein Dilemma: Zwar schätzten gerade ältere Kinder und Jugendliche das Lernen mit digitalen Medien und standen einer verstärkten Nutzung im Unterricht positiv gegenüber. Allerdings vermissten sie gleichzeitig den Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen, Lehrpersonen und ihre früheren Freizeitaktivitäten. Auf der anderen Seite genossen Eltern und Kinder die neue Form des Zusammenseins. Ein Primarschüler meinte dazu: «Am meisten habe ich geschätzt, dass ich viel mehr Zeit mit meiner Familie hatte.»
Insgesamt ist das Ergebnis des Fernunterrichts nicht so schlecht, wie es manche Verfechter eines ausschliesslichen Präsenzunterrichts sehen. Wenig motivierte Kinder sahen darin zwar mehr «Ferien», viele der besseren Schülerinnen und Schüler profitierten von den Möglichkeiten des selbstorganisierten Lernens.
Der Präsenzunterricht zählt nicht allein
Die Schulkrise, die wir gegenwärtig erleben, wird dadurch verschärft, dass das Mantra der offenen Schulen Fernunterricht und Online-Lernen lediglich als Notszenarien sieht. Dabei sind on- und offline keine Lernformen, die sich gegenseitig ausschliessen. Nicht zu vergessen: Auch ein kompetenter Umgang mit Online-Lernen hat seinen eigenen Bildungswert.
Wie sich Online- und Offline-Lernen ergänzen, zeigt schon das Beispiel des Halbklassenunterrichts, der online ergänzt wird. So wird der Halbklassenunterricht auch im Zürcher Bericht positiv genannt. Ein Vater wird zitiert: «Die Kinder haben es geliebt. Sie waren in der Schule relativ ruhig und konzentriert in kleinen Gruppen und haben dann zu Hause das Gelernte geübt.»
Darüber hinaus können einzelne Kinder und Gruppen gezielt online in Kleingruppen gefördert werden. Solche Formen eines Fernunterrichts bedeuten nicht einfach die Vereinsamung von Schülerinnen und Schülern, sondern sie ermöglichen intensive Beziehungen zwischen den Beteiligten. Allerdings müssten im Online-Lernen vermehrt Projekte durchführen werden, die nicht allein das blosse Repetieren in den Mittelpunkt stellen. Selbständiges Forschen, Entdecken und aktives Handeln sind im netzbasierten Lernen zentral.
Die Schulkrise ist nach der Pandemie nicht vorbei
Was zu wenig im Fokus bildungspolitischer Überlegungen steht: Die Bildungs- und Schulkrise endet nicht, wenn alle geimpft sind. Auch dann wird man nicht einfach zum Präsenzunterricht zurückkehren können. Denn die Pandemie hat gravierende Schwächen des Bildungssystems aufgezeigt. Diese müssen dringend behoben werden, wenn aus den heutigen Kindern und Jugendlichen keine «verlorene Generation» werden soll.
Schulschliessungen, Quarantänen von Lehrpersonen, Klassen oder einzelnen Schülerinnen und Schüler haben die Bildungsziele der Schulen durcheinandergebracht. Für viele Schüler war es ein verpasstes Jahr, das nicht mehr einfach aufzuholen ist. Aus dieser Perspektive wird es notwendig sein, erst einmal diese Rückstände aufzuholen. Es braucht jetzt ein Brückenjahr, das vorrangig diesem Ziel dient.
Dazu kommt: Der Digitalisierungsschub, der die Pandemiekrise geprägt hat, wird nicht einfach wieder verschwinden. Es wird keinen Weg zurück ins vordigitale Zeitalter geben, weder in der Arbeitswelt noch in der Schule. Netzbasiertes Lernen gehört als Teil der Bildung im 21. Jahrhundert zu den zentralen Bildungszielen. Die Erfahrungen des letzten Jahres müssen ausgewertet und in die Lehrpläne und Schulkonzepte aufgenommen werden.
Eine flexible Schule, die Online- und Offline-Lernen miteinander verbindet, ist auch die beste Vorbereitung auf die Ängste, dass neue Viren und Mutanten in den nächsten Jahren die Gesellschaft erneut lahmlegen könnten. Oder wie es eine Mutter gemäss dem Zürcher Untersuchungsbericht formulierte: «Dort, wo es immer klappt, klappt es auch in Notzeiten.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor war bis 2013 an der PH Zürich tätig.
Hallo Herr Moser – dies finde ich die beste Aussage in diesem Artikel: «Allerdings müssten im Online-Lernen vermehrt Projekte durchführen werden, die nicht allein das blosse Repetieren in den Mittelpunkt stellen. Selbständiges Forschen, Entdecken und aktives Handeln sind im netzbasierten Lernen zentral.» Ein Satz wie: «Was zu wenig im Fokus bildungspolitischer Überlegungen steht: Die Bildungs- und Schulkrise endet nicht, wenn alle GEIMPFT sind » – geht von der Vorannahme aus dass sowieso geimpft werden würde und ist eine hypnotische Induktion, die sublim Werbung fürs Impfen macht. Ich werde mich und meine Kinder nie impfen lassen – nämlich weil wir gesund sind. Also hat dieser Satz hier nichts zu suchen. Übrigens, gibt es Schulen die den gesamten Lernstoff von 9 Jahren ohne Mühe, sondern mit Freude, in zwei Jahren vermitteln können. Das wäre ein Massstab für eine gute Schule und alles darunter ist mit AUSWENDIG_LERNEN gehorsame Schüler vom Fliessband erzeugen ! ! ! !
«Insgesamt sind nicht nur die negativen Seiten hervorzuheben: Der Fernunterricht war für viele Schülerinnen und Schüler auch motivierend.»
Mir scheint die Analyse etwas zu oberflächlich, um schon ein Fazit zu ziehen. Im Moment ist doch alles noch sehr ein «cherry picking»: Jeder sucht sich aus dem grossen, ungeordneten Topf von Anekdoten genau jene heraus, welche seine Position unterstützen. Die grosse Frage, was mit den schwächsten Schülerinnen und Schülern passiert, wird kaum angsprochen.
Ob die Infektionszahlen in den Schulen tatsächlich steigen, müsste man zuerst abklären. Aufgrund der heutigen Datenlage ist es eine reine Vermutung. Seit wann macht man Massentests mit ganzen Schulklassen? Es ist nur trivial, dass man damit mehr «Fälle» fischt. Ohne organisierte Massentests erfasst man ja nur jene Schülerinnen und Schüler, welche wirklich krank werden, und das ist bloss ein kleiner Teil. Da nicht einmal erhoben wird, wieviele Massentests gemacht werden, wird man auch weiterhin schön ins Blaue hinein spekulieren können.
«Die Schulkrise ist nach der Pandemie nicht vorbei»
Hier scheint sich Herr Moser ja geradezu danach zu sehnen, den Ausnahmezustand möglichst lange aufrecht erhalten zu können. Um damit sein Steckenpferd, die Digitalisierung der Schule, fördern zu können?
Ich bin Lehrer an der Oberstufe. Vorgaben der Schulleitung finde ich gut. Hier hapert es oft noch sehr fundamental. Allerdings ist unterrichten «ein persönliches Geschäft»: der Schulstoff lebt durch die Persönlichleit der Lehrperson. (personare = hindurch-tönen) Es gilt Methodenfreiheit, Kindbezogenheit, Schwerpunktfreiheit – innerhalb der vorgegebeben Bandbreite des Lehrplanes, der sich ja der BILDUNG widmen soll, nicht lediglich der Vermittlung von Wissensinhalten. Kinder in der 1. Klasse sind anders als in der Oberstufe: kommt die digitale Welt zu früh – verliert der Mensch einen Teil der so wichtigen Primärerfahrungen – sich selber krank oder gesund fühlen: Sind die im Artkel zitierten «Covid Fälle» an Schulen nun wirklich kranke oder lediglich gesunde, aber PCR-positiv getestete Kinder? Gesunde Menschen als krank erklären, zuhause einsperren: Ist das noch gesund oder schon krank?
Ein aufschlussreicher Artikel Herr Moser. Kompliment!
Es ist zu hoffen, das die kantonale Schulleitung den Uebergang in den digitalen Unterricht zügig fortsetzt. Meine Tochter ist Oberstufenlehrerin und Mentor an der Zürcher Pädagogischen Hochschule.
Ich selber habe 2018 als ehrenamtliche Tätigkeit (Mentor) einen Jugendlichen Sek.A bei der Suche einer geeigneten Lehrstelle ,mit Erfolg begleitet.
Viele Probleme waren schon vor der Coronakrise bekannt. Die Schulen müssen ihrem Bildungsauftrag nachkommen!
«Demnach wurden in der vergangenen Woche 80 neue Covid-Fälle gemeldet – 59 Kinder und Jugendliche und 21 Lehrpersonen.» Dieser «Corona-Stress» basiert auf den bekannten positiven PCR Testresultaten, ganz unabhängig davon ob sich jemand krank fühlt oder nicht. Über die Aussagekraft dieser PCR wurde im Infosperber und auch im KTipp ausführlich berichtet. – Solange man auf diese Tests vertraut, und diese sogar noch ins Exzessive ausdehnt, wird man nie aus dem Corona Stress herauskommen, er wird noch zunehmen. Um die Evidenz dieser Tests zu begründen, müsste man gemäß BAG Merkblatt vom 20.05.20 das Virus mittels Vermehrung in der Zellkultur nachweisen.
Ich bin Lehrerin und bestätige, dass die Schulen unter dem Massnahmestress leiden. Der Präsenzuntericht sollte nach der gemachten Erfahrung unumstritten sein. In erster Linie sind es die Massentests und die Maskenpflicht, die den gesunden Kindern und Jugendlichen täglich suggerieren, sie könnten selbst eine gefährliche Krankheit haben, mit der sie jemand anderes töten könnten.Die Nähe zum Mitmenschen könnte gefährlich sein.Wer verantwortet diese Prägung, die sie ein Leben lang beeinflussen wird und manipulierbar macht? Wer hilft ihnen, wenn die Familie zerrüttet ist wegen Existenzängsten, Impfstreitigkeiten und Unsicherheiten ? Wer gibt ihnen wieder eine Zukunftsvision, wenn 20000 Lehrstellen allein im letzten Jahr gestrichen wurden? Die Kinder und Jugendpsychiatrien sind übervoll, lange Wartelisten verunmöglichen eine zeitnahe und dringende Hilfe. Die überfüllten Betten und die Triage sind da schon längst eingetreten, im Unterschied zu den Intensivstationen. Mich erschreckt, das im Speziellen die Bildungsdirektionen der Kantone diese unverhältnismässigen Zwangsmassnahmen nicht als gefährlich erkennen und die Bildung damit ins Wanken bringen. Die Fallzahlen geben keine Auskunft darüber, ob jemand krank ist. Sollen Kinder nun als Treiber der Fallzahlen missbraucht werden? Mutierte Viren sind schneller in der Verbreitung doch ungefährlicher. Hört auf mit der Angstmacherei, gebt den Druck zurück an die Regierung, übernehmt wahre Verantwortung zum Schutze unserer Jüngsten!
Positive Tests sind nicht mit Krankheitsfällen und schon gar nicht mit Corona-Ausbrüchen gleichzusetzen! Dass die Medien (und leider muss ich Infosperber hier einschliessen) diese Rhetorik benutzen, um Massentests an gesunden Kindern zu rechtfertigen, ist nichts anderes als ein Skandal.
Die Testerei an den Schulen ist massiv hochgefahren worden, und jetzt staunt man, dass die ‹Fälle› zugenommen haben?
Der Begriff ‹falsch positiv› kursiert seit Monaten, er scheint einzig die Behörden nicht zu beeindrucken.
Die ganze CoronaHysterie basiert ausschliesslich auf reinen Laborangaben, die nicht hinterfragt werden – oder nicht hinterfragt werden dürfen!
Auf diese Weise ist es ein Leichtes, diese ganze Pandemiegeschichte wie Kaugummi in die Länge zu ziehen.
Was in der Diskussion um IT-basierten Fernunterricht vergessen wird:
All jene Familien, wo aus finanziellen Gründen beide Elternteile arbeiten gehen müssen,
wo deswegen die Kinder allein vor den Geräten sitzen (zwar mit Konzentrationszerstäubern wie Tiktok, Instagram, etc. bestens vertraut, aber keineswegs mit den Tücken der Fernunterricht-Tools),
wo es selten der Fall ist, dass solche SchülerInnen mit ihrer oftmals digital zerstäubten Aufmerksamkeit alleine an ihren Aufträgen sitzenbleiben,
wo nicht einmal klappt, dass die Alterslimiten bei Games geprüft, geschweige denn umgesetzt, werden oder
wo aus finanziellen Gründen zuwenig Pads oder PCs (nicht Handys, die sind zu klein) zur Verfügung stehen
– um nur einige Dinge zu nennen.
Leider hinken die Antworten der IT-Pädagogen auf diese Fragen ihrer Begeisterung für solche Technik ganze Universen hintendrein…
Oder meinen sie, dass die Pädagogen direkt vor Ort, also die Unterrichtenden vor den Klassen, einfach aus Spass und nicht aus gelebter Erfahrung nur vorsichtig diese Techniken in die Bildung der SchülerInnen (denn dies bleibt bei aller Technikbegeisterung die Hauptaufgabe der Unterrichtenden) einbeziehen?
Alex Vorburger, Ausserdem bieten die Computer keine emotionale Beziehung an. Und eine gute Lehrperson, welche mit Smpathie vor der Klasse steht und etwas referiert, holt ihre Informationen aus inneren Bildern, welche von den emotional Abgeholten, übers Einfühlen im Morphogenetischen Feld vom Dozierenden direkt als erzählte Bilder vom Schüler wahrgenommen werden können. Sowas kann der Computer nicht anbieten