Kommentar
Habemus Mamam – ein Grund zur Freude ist das jedoch nicht
Die (deutschen) Grünen gehen wie zu erwarten für Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf. Und zum ersten Mal ist das durchaus wörtlich zu nehmen. Gleich in verschiedenen Koalitionsmöglichkeiten – allen voran einer Ampel – könnte Baerbock tatsächlich Angela Merkel im Amt folgen. Von «BILD» über «taz» bis zur «Süddeutschen» ist die Freude gross. Das ist verständlich. Aber auch in den «sozialen» Netzwerken übertreffen sich selbst als «irgendwie links» verstehende Nutzer gegenseitig mit Lobeshymnen auf diese Personalie. Warum? Es gibt in Deutschland wohl wenig Politiker gleich welchen Geschlechts, die auf den Feldern der Aussen- und Sicherheitspolitik derart aggressiv unterwegs sind wie Frau Baerbock. Das letzte Mal, als die Freude über einen grünen Kanzlerkandidaten so gross war, hiess der Auserwählte Joschka Fischer. Es endete mit Hartz IV, Rentenkürzungen, völkerrechtswidrigen Angriffskriegen und Bomben auf Belgrad. Offenbar haben das Viele schon vergessen.
Ja, man muss den Grünen ein Kompliment machen. Ihre Entscheidung, mit Annalena Baerbock ins Rennen zu gehen, ist aus wahlkampftaktischer Perspektive ein schlauer Schachzug. Inhaltlich und rhetorisch kann die Kandidatin ihrem parteiinternen Konkurrenten Robert Habeck natürlich nicht das Wasser reichen und selbst unter eingefleischten Grünen-Fans gibt es wohl niemanden, der Baerbock nun auf der inhaltlichen Ebene für besonders profiliert oder gar für eine grosse Denkerin hält. Aber darum geht es bei den Grünen doch ohnehin nicht.
Die Grünen sind eine moderne Partei, wahrscheinlich sogar die modernste Partei in Deutschland. Inhalte wurden überwunden, es geht um Gefühle. Das wissen schlaue Politstrategen. Man kauft einen Joghurt schliesslich auch nicht, weil er hochwertige Inhalte hat, sondern weil das Marketing einem das Gefühl vermittelt, sich mit diesem Produkt gesund zu ernähren oder gar die Welt zu retten. Und seien wir doch mal ehrlich: Das Angebot der Spitzenkandidaten bei der kommenden Wahl ähnelt doch sehr stark einem Joghurtregal im Supermarkt – uniforme Produkte, die sich weniger durch ihre Inhalte, sondern mehr durch ihre Verpackung und das damit verbundene Image unterscheiden, mit dem die Werbestrategen ihre Produkte positionieren wollen. Und zwischen den grauen altbackenen Produkten Laschet und Scholz wirkt die junge Mutter, die gerade eben wegen ihres fehlenden politischen Profils als etwas «Neues» und «Anderes» wahrgenommen wird, irgendwie attraktiver. Das wird so manchen Käufer – sorry, ich meinte natürlich Wähler – überzeugen.
Und schon bin ich selbst in die Falle gegangen. Genau dies ist schliesslich der PR-Trick der Grünen. Denn das Produkt Annalena Baerbock ist keinesfalls so belanglos, wie es – wie man in der Marketingsprache sagen würde – positioniert wird. Vor allem auf dem politischen Feld der Aussen- und Sicherheitspolitik ist Baerbock vielmehr eine neue kalte Kriegerin, wie es sie in der politischen Landschaft Deutschlands selten gibt. Ein paar Beispiele:
- Erst kürzlich bekannte Baerbock in einem Interview mit dem ZDF, Deutschland brauche «dringend eine klare aussenpolitische Haltung gegenüber dem russischen Regime» (sic!) und forderte abermals «schärfere Sanktionen» gegen das «System Putin».
- Baerbock fordert schon lange einen sofortigen Baustopp der Pipeline Nord Stream 2. Vor allem die Begründung hat es in sich: Die Pipeline laufe – so Baerbock – «den geostrategischen Interessen der EU» zuwider, «destabilisiere die Ukraine» und «konterkariere den klaren Russlandkurs auf EU-Ebene». Victoria («Fuck the EU») Nuland wäre stolz auf die grüne Kandidatin.
- Baerbock tritt klar für höhere Ausgaben für Verteidigung und Bundeswehr ein und befürwortet zusätzliche Auslandseinsätze. «Wir dürfen uns nicht wegducken», so Baerbocks sicherheitspolitisches Mantra. «Wenn der Westen Ländern wie China, Russland oder der Türkei nicht das Feld überlassen will», müsse «Europa seine Friedensrolle in der Welt ernster nehmen». Das sind genau die bellizistischen Töne, mit denen die Grünen sich bereits seit Langem von ihrer früheren Friedenspolitik verabschiedet haben.
- Dem neuen US-Präsidenten Biden will Baerbock dann auch «ein ambitioniertes Angebot für eine erneute transatlantische Agenda unterbreiten».
Diese Positionen und Zitate lassen keinen Zweifel. Man sollte Annalena Baerbock nicht verharmlosen. Unter der Schale der oft unbedarft, aber dabei sympathisch wirkenden jungen Frau stösst man schnell auf eine kalte Kriegerin, die ohne mit der Wimper zu zucken für eine Spannungspolitik und militärisches Vorgehen im Sinne einer europäischen oder transatlantischen Geostrategie eintritt. Was mit den Bomben auf Belgrad begann, setzt sich in Person von Annalena Baerbock nahtlos fort.
Es ist also naiv, die Kandidatin nun für ihre «Wertschätzung, Menschlichkeit und Empathie» zu loben, wie es die «Süddeutsche» in einem hanebüchenen Artikel auf ihrer Jugendseite vormacht. Und vor allem sich selbst als links empfindende Gratulanten sollten lieber früher als später die Kandidatin einem Realitätscheck unterziehen. Denn bei näherer Betrachtung wirkt Baerbock eher wie ein junger weiblicher Wiedergänger von Joschka Fischer als wie eine progressive Politikerin, die eine Alternative zu was auch immer darstellen könnte.
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(Dieser Kommentar von Jens Berger erschien zuerst auf der Plattform «NachDenkSeiten», hier zum Original.)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Jens Berger ist – neben Gründer und Herausgeber Albrecht Müller – Redakteur der deutschen Plattform «NachDenkSeiten».
DAMIT GEWEHRE SCHIESSEN
Die zur Bundeskanzlerkandidatin der ‘Grünen’ gekürte Annalena Baerbock plädiert für weitere Aufrüstung und für Kriege auch ohne UN-Mandat. Sollte der UN-Sicherheitsrat «blockiert» sein, müsse man gegebenenfalls einer «internationalen Schutzverantwortung» entsprechen. Mit dem Begriff «internat. Schutzverantwortung» wurden in der Vergangenheit Kriege ohne oder unter Bruch eines UN-Mandats legitimiert – etwa der Krieg in Libyen.
Solche, insbesondere gegen Russland gerichtete, Töne sind, wie wir es aus der Geschichte und der Gegenwart kennen, keinesfalls harmlos.
Während Baerbock fordert, man müsse «mehr investieren, damit Gewehre schiessen», wird der deutsche Militärhaushalt weiter aufgestockt. Für Russland wäre es der Ruin, würde es sich auf einen Rüstungswettlauf mit Deutschland einlassen.
Fakt ist: Die ‘Grüne’ Baerbock ruft, WIE DIE ANDEREN DEUTSCHEN POLITIKER, auf zu noch mehr Aufrüstung, Kriege und deren Weiterführung gegen Länder, die Deutschland weder angreifen noch angreifen werden. Und ebenso wie diese strebt sie Deutschland als eine Welt- resp. Supermacht an.
Dies obwohl Krieg und alles was damit zusammenhängt der grösste Umweltzerstörer ist. Schwer umweltbelastend ist auch das (US-)Fracking-Gas: Förderung, Verflüssigung, Transport, Entflüssigung.
Doch für Machtinteressen, Privilegien und Eitelkeit ist, wie wir es aus der Menschheitsgeschichte kennen, kein Opfer an Menschenleben und Umweltzerstörung zu gross.
Dann gibt es nur eins! Sag nein!
Ein ausgezeichneter Beitrag von Herrn Jens Berger. Bärbock ist die sog. Wölfin im Schafspelz. Die Grünen sind eine aufstrebende Partei, weil sowohl CDU/CSU als auch die SPD als starke Kräfte zu verschwinden drohen. Der Jugendbonus soll sie ins Kanzleramt hieven, da hat sie gegen den Alt-Establisher Armin Laschet gar gute Chancen. Doch das genügt nicht, ihre Stellungnahme zur Aussenpoltik ist sybillinisch, sie will damit CDU Wähler überzeugen, die nach 16 Jahren CDU-Politik, welche sich immer stärker der früheren SPD angenähert hat (Brandt/Schmidt) endlich für einen Neuanfang einzustehen. Wo liegt denn der Leistungsausweis, dass Bärbock fähig wäre als Bundeskanzlerin? Sie ist nicht einmal eine «Merkel im Taschenbuchformat»! Eine Frau zu sein genügt nicht für dieses Amt.
Ihre geäusserte Aussenpolitik gegenüber Russland ist völlig verfehlt, Russland gehört zu Europa und muss eingebunden werden, dieser «Kalte Krieg» muss definitiv beendet werden, denn der «Kalte Krieg» mit China hat längst begonnen.
Jens Berger unterschiebt Joschka Fischer das Harz IV-Debakel und die Rentenkürzung. Tatsache ist, der damalige Bundeskanzler hiess Schröder, Fischer war «nur» Aussenminister.
Die Aussage von Frau Baerbock «damit Gewehre wieder schiessen können» bezieht sich m.E. auf die Fehlkäufe für die Bundeswehr, und deuten nicht unbedingt auf eine erhöhte Aggressivität hin.
Dass Frau Baerbock Northstream beenden will, kann auch als ein weiteren Schritt in Richtung «weg von fossiler Energie» gedeutet werden.
Was Frau Baerbock wirklich denkt, weiss ich nicht. Aber angenommem, dass sie wirklich für Frieden und Abrüstung einsteht, dass sie für eine Verständigung mit Russland einsteht, mit so einem Programm, offen dargelegt, müsste sie gar nicht kandidieren, da sie null Chanchen hätte, gewählt zu werden.
Kurz gesagt, die Punkte, die Frau Baerbock angekreidet werden, treffen genauso auf die beiden C(X)U-Kandidaten zu.
Du meine Güte, welch ein Graus, wie kommt das dann am Ende raus!
Im Vergleich zu dieser Marktschreierin ist unsere Sommaruga geradezu Mutter Theresa. Diese Frau ist Vorbote einer Politik, die für ideologische klickorientierte Sekundenentscheide steht, losgelöst von jeder Realpolitik und Kontrolle. Der Kollateralschaden wäre enorm, würde sie tatsächlich Kanzlerin. Das wissen auch die Strippenzieher die das verhindern werden.
Die Deutschen Grünen wollen nicht mehr Umweltschutz, Klimaschutz, Lebensqualität, sie wollen mehr Macht. Man könnte sagen, sie wollen das Totale Grün. Eine Grüne Nato-Freundin und Russenhasserin als Bundeskanzlerin war bis vor kurzem für mich unvorstellbar. Frau Baerbock will mehr Militätausgaben und Auslandeinsätze für die Bundeswehr. Sie meint damit wahrscheinlich wieder einmal Deutsche Soldaten Richtung Russland schicken. Haben wir das nicht schon einmal gehabt? Meine Erkenntnis daraus: Der Geschichtsunterricht in Deutschen Schulen ist etwa gleich schlecht wie in Schweizer Schulen.