Sperberauge

Viehtransporte stecken im Suez-Kanal fest

Daniela Gschweng. © Alexander Preobrajenski

Daniela Gschweng /  Tausende auf Schiffen zusammengepferchte Tiere warten. Sollte die Verzögerung am Suezkanal noch länger dauern, wird es kritisch.

Wie lange der Frachter «Ever Given» noch im Suez-Kanal feststeckt, ist unklar. Die Auswirkungen auf den internationalen Handel sind bereits erheblich. Hunderte Schiffe können die wichtige Route nicht befahren. Auch Viehtransporte stecken fest.

Mindestens drei Schiffe mit lebenden Tieren an Bord befinden sich bereits an verschiedenen Stellen im Suezkanal, hat der «Guardian» recherchiert, die US-Seite «Bloomberg» hat zehn identifiziert. Eine Nichtregierungsorganisation, auf die der «Guardian» Bezug nimmt, gibt 20 Schiffe an, die an verschiedenen Stellen warten.

Unmittelbar kritisch für die Tiere ist das nicht. Sollte die Verzögerung länger dauern, wird es jedoch eng. Viehtransporte haben in der Regel nur Futter und Wasser für einige Tage an Bord. Falls die wartenden Schiffe einen Hafen anlaufen können, können sie dort Nachschub aufnehmen.

Sollte es länger dauern, gehen Futter und Wasser aus

Den Schiffen, die im Suezkanal feststecken, ist das nicht möglich. «Meine grösste Sorge ist, dass den Tieren das Futter und Wasser ausgehen», sagt Gerit Weidinger, EU-Koordinatorin für «Animals International». Es bestehe nicht nur ein Risiko, dass die Tiere verhungern oder verdursten, auch die Verletzungsgefahr steige. Abfälle und tote Tiere könnten nicht ausgeladen werden. Sie bezeichnet die Situation als «tickende biologische Zeitbombe für Tiere und Besatzung».

Fünf Schiffe haben in Spanien Tiere geladen, neun in Rumänien. Zehn Schiffe transportieren wahrscheinlich Schafe nach Saudi-Arabien, vermutet «Bloomberg». Lebendtransporte in islamische Länder sind üblich, damit die Tiere nach religiösen Vorschriften geschlachtet werden können. Zwei Schiffe mit Rindvieh kommen aus den USA. Eines ist laut dem Wirtschaftsportal seit Dezember unterwegs.

Beste Option: Zurück zum Ausgangsort

Die Bedingungen für Tiere auf Transportschiffen sind unterschiedlich, aber in der Regel beengt und belastend für die Tiere. Krankheiten können sich einfach ausbreiten. Für einen längeren Transport sind die Schiffe oft nicht geeignet.

Sollte die Verzögerung länger dauern, dürfte der Weg zurück zum Ursprungsort für die Reeder die beste Option sein. Jeder andere Weg würde sehr viel länger in Anspruch nehmen. Die Tiere umstandshalber irgendwo auszuladen, verhindern beispielsweise Quarantäneregeln.

Zu lang auf See: 2021 wurden bereits tausende Tiere getötet

2021 wurden bereits tausende Rinder getötet, die Monate auf See verbracht hatten. Wegen Problemen bei den Gesundheitsdokumenten konnten sie am Zielort nicht ausgeladen werden, auch andere Länder verweigerten die Annahme.  

Im März töteten die Behörden im Hafen von Cartagena, Spanien, 850 Jungbullen auf der «Karim Allah», weil deren Gesundheitszustand zu schlecht war. Dazu kommen 1800 Tiere auf der «Elbeik», von denen bisher 360 gekeult wurden. Hunderte starben bereits auf See. Tierrechtsorganisationen fordern wegen solcher Vorfälle schon lange, Tiertransporte über weite Strecken zu verbieten.

Die spanische Regierung hat angegeben, dass zumindest keine Tiertransporte mit Destination Jordanien oder Saudi-Arabien mehr ablegen dürfen, bis der Suez-Kanal wieder befahrbar ist. Die rumänischen Behörden haben sich bisher nicht geäussert.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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4 Meinungen

  • am 28.03.2021 um 19:16 Uhr
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    Diese Tiertransporte sind grundsätzlich ein Problem für allem für die Tausende Tiere, aber auch für eine Zivilisation, die ein solch unvorstellbares Ausmass an Leid zulässt bzw in Kauf nimmt. Auch ohne festsitzende Schiffe und Lastwagen sind die Bedingungen katastrophal und himmelschreiend wie ich Berichten sowohl von NGOs als auch Medienbeiträgen seit Jahren entnehme. Lebendtransporte sind viele viele NGOs seit langem fordern auf max. 6-8 Stunden zu begrenzen! Danke für den Bericht und bitte das Thema nicht vergessen.

  • am 29.03.2021 um 14:54 Uhr
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    Das Grauen ist schon lange hier. Auf allen Lebend-Tiertransporten, über Land oder Wasser. Jetzt wird es wieder sichtbar, nicht zuletzt dank diesem Artikel, der hoffentlich nicht der letzte zum Thema sein wird. Normalerweise verschliessen wir einfach die Augen und wer ein Stück Fleisch im Teller hat, ist sich in den seltensten Fällen bewusst, welche Qual dahinter steckt. Wir können nicht genug immer wieder darauf hinweisen. Die Schuld liegt nicht beim Transportunternehmen, die Schuld liegt einzig und allein beim Konsumenten. Was nicht verkauft werden kann, wird nicht «produziert». Das gilt auch und vor allem für sogenannte «Nutz»tiere.

  • am 30.03.2021 um 09:06 Uhr
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    Nein, die Schuld liegt nicht originär beim Konsumenten, das hat die Satiresendung ‹die Anstalt› bereits aufgearbeitet. Die Schuld liegt bei den gierigen Großproduzenten wie Grossejohann und Tönnies, den ihnen treu ergebenen Politikern, den Medien und Verbänden, die mit unrealistischen Bildern für ‹ein Stück Lebenskraft› trommeln und letztlich einer gewollten Massenverarmung durch die neoliberalen Machthaber und Einflußagenten. Erst kommt das Geld, dann die Moral. Solange Kleinbetriebe aufgrund zu geringer Fläche keinen Biostatus bekommen können, Subventionen immer nur in die größten Taschen fließen und der Kommerz wirksame Gesetze verhindert, wird sich nichts ändern! Warum können Länder oder die EU kein Verbot von Schlachttiertransporten durchsetzen? Weil damit immer noch zu viel Geld verdient wird. Und weil die EU in weiten Teilen zu einem reinen Wirtschaftsverein verkommen ist.
    Die Chance, die uns Corona geboten hat, nämlich wieder auf kleinteilige Produktions- und Transportnetze zu wechseln, ist vertan. Es regiert das ‹weiter so!› auf allen Ebenen. Das zeigt letztlich auch die Havarie im Suezkanal und die hier beschriebenen Folgen. Danke für diesen Artikel.

  • am 31.03.2021 um 00:17 Uhr
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    Die Tiere. Ein weiteres gewalttätiges Opfer im Wirtschaftskrieg zugunsten des Gottes Mammon und seiner Dienerschaft. Wer glaubt, dass dies ein Unfall oder eine zufällige Havarie sei, sollte ernsthaft über seine Sichtweise nachdenken. Warum ist hier kein Ingenieur der offen erklärt, dass dieses Schiff mit den heutigen technischen Möglichkeiten rasch wieder schwimmfähig gemacht werden könnte? Weil kein Ingenieur wegen der Politik seinen Ruf riskieren und brotlos werden möchte. Mir erscheint dies ein inszenierter Schachzug zu sein. Wir können UBoote aus 500 Meter Tiefe retten, auf den Mars fliegen, mit Armeen in Kurzzeit ganze Nationen in Brand versetzen, aber eine Lebensader wie den Suezkanal nicht frei bekommen? Wer leidet dann darunter nebst den gequälten Tieren? Quo bonum, schaut wer davon profitiert.

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