Sperberauge

Mehr Hilfe für die am schlechtesten Bezahlten

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Auch ohne Pandemie gibt es in der Schweiz Familien ohne ausreichendes Einkommen. Diesen soll jetzt zusätzlich geholfen werden.

In den Ländern mit einem neoliberalen Wirtschaftssystem – darunter auch in der Schweiz – fliesst das Geld bekanntlich aufwärts: Die Reichen werden immer reicher, die Armen ärmer. Im Jahr 2020 hat sich dieser Trend sogar spürbar verstärkt.

Aber es gibt sie noch, jene, die sich auch um die unterprivilegierten Schichten unserer Bevölkerung kümmern. Eben hat die Vereinigung «Allianz gegen Sozialapartheid» die folgende Medienmitteilung publiziert:

«Für ein Mindesteinkommen für Erwerbslose! 

Wir brauchen ein Mindesteinkommen für Erwerbslose. Wir, die Allianz gegen Sozialapartheid, schlagen eine Entschädigung von 100 Prozent für alle Personen vor, deren Einkommen höchstens Zweidrittel des Medianeinkommens beträgt (rund 4’300 Franken im Monat). 

Ob im Rahmen von Kurzarbeit oder einer ‹normalen› Erwerbslosigkeit, alle Arbeiterinnen und Arbeiter müssen das Recht auf ein garantiertes Minimaleinkommen haben, das den Lebenskosten angepasst ist und nicht beschnitten werden kann. Dies erreichen wir mit der Institutionalisierung und Generalisierung der zeitlich begrenzten Covid-19-Regelung.

Am 18. Dezember 2020 hat das Parlament einen Zusatzartikel im Covid-19-Gesetz verankert (Art. 17a). Dieser Artikel führt, zeitlich begrenzt und gemäss dreier Szenarien, eine Mindestkurzarbeitsentschädigung ein:

• Für Personen mit einem monatlichen Einkommen unter 3’470 Franken: Kurzarbeitsentschädigung von 100 Prozent des Einkommens (statt der üblichen 80 Prozent); 

• Für Personen mit einem Einkommen zwischen 3’470 und 4’340 Franken: Kurzarbeitesentschädigung von 3’470 Franken; 

• Ab einem Einkommen von 4’340 Franken: übliche Kurzarbeitsentschädigung in der Höhe von 80 Prozent des Einkommens.

Diese Regelung tritt rückwirkend auf den 1. Dezember 2020 in Kraft und gilt bis zum 31. März 2021 (4 Monate!). Wir begrüssen die Massnahme, denn sie anerkennt, dass die Arbeitslosenversicherung und ihre Entschädigungspolitik – 80 Prozent bzw. 70 Prozent des versicherten Lohns – das Einkommen der Arbeiterinnen und Arbeiter beschneidet und diese einem finanziellen Risiko aussetzt, vor allem dann, wenn ihre Einkommen tief sind. Die zeitlich begrenzte Covid-19-Regelung garantiert tiefen Einkommen eine hundertprozentige Kurzarbeitsentschädigung. 

Für Personen im ‹normalen› Arbeitslosenregime (ausserhalb des Kurzarbeitsregimes) gedenkt das Schweizer Parlament jedoch nicht, die Auswirkungen auf Menschen mit sehr tiefen Einkommen zu minimieren. Ein System, das Einkommen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung beschneidet, gefährdet ganz konkret die finanziellen Ressourcen der Personen mit sehr tiefen Löhnen: unterbezahlte oder schlecht bezahlte Arbeiterinnen und Arbeiter, Teilzeitarbeitende, usw. Frauen sind in diesen Kategorien übervertreten. Dies muss sich ändern!» 

Dem ist nichts beizufügen. Das bedingungslose Grundeinkommen muss ein Thema bleiben.

  


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Neoliberalismus2

Neoliberale und ihre Ideologie

Der Neoliberalismus à la Reagan und Thatcher will möglichst wenig Staat und dafür freie Fahrt für Konzerne.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

4 Meinungen

  • am 21.03.2021 um 13:30 Uhr
    Permalink

    In der Tat, die Initiative der Allianz gegen Sozialapartheid (gut gewählter Titel) ist dringend notwenig und verdient Unterstützung. Aber die aus meiner Sicht nur mit einem bedingslosen Grundeinkommen zu bekämpfende Armut findet ihren nahtlosen Uebergang ins Pensionierungsalter. Eine neoliberale Mehrheit im Parlament – und eine durch Neidpropaganda verführte Mehrheit an der Urne – sorgt seit 50 Jahren dafür, dass eine pseudoprivate Pensionskassenwirtschaft die wachsende Zahl von Rentnern in einem würdelosen Lebensabend versorgt. Die als Beruhigungsmittel eingesetzten Ergänzungsleistungen wirken dabei eher als Disziplinierungsinstrument, denn als Rechtsanspruch auf ein anständiges Leben. Der Kampf gegen die Sozialapartheid müsste folgerichtig auch auf die Vestaatlichung der Pensionskassen abzielen, bei gleichzeitiger Beendigung der Bodenspekulation (Baugrund nur noch im Baurecht). Solche Umschichtungen sind nicht gratis zu haben, aber wir führen haben seit einem Jahr den Beweis, dass bei vorhandenem Willen schier unbeschränkte Milliarden zur Verfügung stehen. Daran ändert auch die peinliche Ständeratsdebatte um die neuste AHV-Reform nichts. Sonst bleibt der wachsenden Zahl von Rentnern nur noch die Hoffnung auf den Jackpot, wie im Roman (www.freystefan.ch) beschrieben.

  • am 21.03.2021 um 22:34 Uhr
    Permalink

    Wer freut sich denn nicht, wenn er Hilfe bekommt ?!

    ABER zu viel «oben drauf» bewirkt vor Allem, dass eine gesteigerte Nachfrage nach «höherwertigem» auch die Preise «höher» werden lässt. Verpuffung !
    Typischstes Beispiel in meinen jüngeren Jahren waren gewerkschaftlich erstrittene Lohn-Eröhungen in der Grössenordnung nahe10%. Von denen innehalb der Folgemonate dann noch reale etwa 3% übrig waren.
    Staatliche Unterstützungen halte ich dann für bestens, wenn derartige Unterstützungen allgemeine Lebens-Grund-Bedürfnisse aller Bürger so DIREKT wie irgend möglich abfedern, wie:
    Gesundheit — dass JEDER Bürger ab Start bis Ziel eine akzeptable Grund-Berteuung erhält
    Kinder — dass ein KindergartenPlatz für JEDES Kind verfügbar ist – und fast nichts kostet
    Wohnung — dass JEDER Bürger, JEDE Familie eines «wohlhabenden» europäischen Staates einen auch zügig realisierbaren Anspruch auf einen Mindest-Wohn-Standard hat.
    Ausbildung — dass JEDER einen Anspruch auf angemessene und zügige Förderung seiner Fähigkeiten hat
    Wissen —- dass es endlich Schulfach wird, zu Lernen das eigene Leben sinnvoll «zu managen» — UND WIR NICHT WEIT, WEIT ÜBERWIEGEND so «in die Gleise gesetz» werden, dass wir für die Gemeinschaft maximalen Ertrag bringen — könnten ! — — Denn, eine gute work-life-Balance des Einzelnen ist für den Gesamt-Erfolg der Gemeinschaft ähnlich wichtig, wie dessen gute Berufs-Ausbildung!

    Alles Gute- und freundliche Grüsse !
    Wolfgang Gerlach, Ingenieur

  • am 22.03.2021 um 05:43 Uhr
    Permalink

    Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE): Es gibt genügend sinnvolle Arbeit!

    Beim bedingungslosen Grundeinkommen besteht der Verdacht, es gebe nicht genügend Arbeit. Das ist natürlich ein Irrtum. Im Umwelt-, Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Sicherheitsbereich gibt es genügend sinnvolle Arbeit. Die Eingliederung in den Arbeitsprozess ist insbesondere für die Jungen zentral und sollte nicht durch die Suggestion «free lunch» unterlaufen werden. Mindestlöhne sind daher zweckmässiger als das bedingungslose Grundeinkommen.

  • am 22.03.2021 um 06:54 Uhr
    Permalink

    Dann müsste ich davon profitieren können. Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich 3000 SFR im Monat bekomme, ich arbeite als Pfleger auch an Sonn und Feiertagen, im Moment bis in die Nacht. Zusätzliches Einkommen habe ich nicht, bin aber mit dem Beruf sehr zufrieden und meine Kunden haben Freude an mir, das ist eine Motivation.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...