Trump Köppel Bibel

Roger Köppel wie Donald Trump: mit der Bibel in der Hand © srf/wwdaily

Weltwoche und NZZ fischen bei den Fundamentalisten

Kurt Marti /  Was christliche Fundamentalisten praktizieren, das beherrschen auch Weltwoche-Köppel und NZZ-Ribi: konservatives Predigen.

Im Stil von Donald Trump hielt Weltwoche-Chef Roger Köppel vor Weihnachten demonstrativ die Bibel in die Luft und predigte die Wiedergeburt der konservativen Mutterrolle. Und angesichts von Corona setzte der NZZ-Feuilleton-Redaktor Thomas Ribi in seiner Weihnachtspredigt am Weihnachtstag auf Gottes Hilfe statt auf Politik und Wissenschaft.

Sehr zur Freude fundamentalistischer Kreise, beispielsweise des Vereins «Christianity for today» (cft; früher «Christen für die Wahrheit», siehe Kasten unten), der auf seiner Website die beiden biblisch gewürzten Weihnachts-Predigten verlinkte und diese als «bemerkenswert» und «interessant» beschrieb.

Abenteuerliche Interpretation der Weihnachtsgeschichte

Weltwoche-Chef Köppel feierte in seiner «Weltwoche daily»-Predigt vom 18. Dezember mit einer abenteuerlichen Interpretation der Weihnachtsgeschichte ein konservatives Frauenbild unter dem Motto: «Huldigung der Frau in ihrer Eigenschaft als Mutter». Die Weihnachtsgeschichte will uns laut Köppel sagen, «dass Mütter nicht in dem Moment, wo sie ihre Kinder auf die Welt gebracht haben, sofort wieder in einen gehetzten Karriere-Job springen, sondern dass die Mutterrolle als Erzieherin eine ganz zentrale Bedeutung in unserer Kultur hat» (ab 4:30).

Und was ist mit der Vaterrolle des Josef? Laut Köppel steht «irgendwo abseits dieser Josef». Er sei «nicht völlig unbedeutend», aber «in diesem Kontext der überflüssigste Mann, den man sich vorstellen kann».

CFT WW Daily
Schoggi-Läderachs «Christianity for today» wirbt für Köppels «Weltwoche daily»

Köppels Bibel-Exegese fand nicht nur beim cft-Verein Anklang, sondern auch auf weiteren fundamentalistisch-evangelikalen Websites. Beispielsweise auf livenet.ch, Christliches Medienmagazin pro, jesus.ch und ideaspektrum.ch.

Ideaspektrum.ch und livenet.ch sind begeistert von Köppels Predigt, die mit einem Urteil über die Bibel beginne, «das selbst von Pfarrern, geschweige denn in Journalistenkreisen, selten zu hören» sei. Zwischen der evangelikalen Publikation und dem Weltwoche-Chef funkt es schon länger. Im Magazin «Idea Spektrum» hat Köppel vor rund zwei Jahren heroisch zum biblischen «Endkampf» aufgerufen.

NZZ-Ratschlag zu Corona: Alle Gewissheit fahrenlassen

Im Teich der christlichen Fundamentalisten fischt auch die NZZ, wie Infosperber bereits früher zeigte. Deshalb ist die Weihnachts-Predigt von NZZ-Feuilleton-Redaktor Thomas Ribi zum ausdrücklichen Wohlgefallen des cft-Vereins keine Überraschung.

NZZ 24. Dezember 2020
NZZ, 24. Dezember 2020

Angesichts der aktuellen Corona-Bedrohung vertraut Ribi auf die konservative Wahrheit der Bibel und serviert den NZZ-LeserInnen zum Schluss eine erstaunliche Interpretation. «Fürchtet euch nicht!», habe der Engel im Lukasevangelium den Hirten zugerufen und sie gleichzeitig dazu aufgefordert, «alle Gewissheit fahrenzulassen», um sich an «die einzige Gewissheit zu halten, die ein Mensch haben kann: aufgehoben zu sein in einem Ja, das auch nach zweitausend Jahren noch nicht verstummt ist».

Das passt exakt zum rechtskonservativen Kurs der NZZ, insbesondere des Feuilletons. Statt auf die Vernunft, also auf Wissenschaft und Politik, setzt Ribi in Zeiten von Corona auf «die einzige Gewissheit» des Glaubens an einen Gott, der «sich erniedrigt, um den Menschen zu erhöhen». Und er folgert: Das «geht über unsere Vernunft». Allerdings!

Christianity for today (cft): Flankenschutz der Weltwoche

Der evangelikale Verein «Christianity for today» (cft) gehört zur katholisch-evangelikalen Achse für «Meinungsfreiheit» und wird vom Schokoladen-Produzenten Jürg Läderach präsidiert. Ebenfalls im Vorstand sitzen sein Sohn Johannes Läderach sowie Walter Mannhart, der Einkaufs-Chef der Schokoladen-Fabrik Läderach.

Der cft-Verein machte sich in der Öffentlichkeit einen Namen als fundamentalistisches Sprachrohr gegen Abtreibung und Homosexualität. Dabei erhielten die Läderachs Flankenschutz von der Weltwoche, welche Infosperber attackierte, was sich als Rohrkrepierer erwies (siehe Infosperber: Weltwoche-PR für Schoggi-Läderach: Die Fakten).


Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors

Keine.

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