Sperberauge

Hilfsgeld rein, Kontostand rauf

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Monique Ryser /  Rund 7,5 Prozent der Hilfe an die ärmsten Länder wird von korrupten Eliten fast sofort abgezügelt.

Werden Hilfsgelder an ärmste Länder ausbezahlt, steigen fast sofort die Geldzuflüsse in Finanzzentren an, die für diskrete Dienstleistungen und Vermögensverwaltung bekannt sind. Das ergab eine Studie der Weltbank. Betroffen von diesem Geldabfluss sind vor allem die ärmsten Länder, die oft autokratisch regiert und im Griff von korrupten Eliten sind. Dasselbe Muster hatte bereits eine 2017 veröffentlichte Studie über die Auswirkungen von Ölpreiserhöhungen und Korruption ergeben. Unter dem Titel Elite Capture of Foreign Aid: Evidence from Offshore Bank Accounts wurde nun untersucht ob dasselbe Muster auch bei Zahlungen der Weltbank zu beobachten ist.
Untersucht wurden 22 Länder, die in hohem Mass auf internationale Hilfe angewiesen sind. Mit Daten der Bank für Internationale Abwicklung BIS wurden dann die Zahlungseingänge der Hilfsgelder in den entsprechenden Ländern mit den im selben Quartal erfolgten Geldflüssen zu internationalen Finanzplätzen abgeglichen. Dabei zeigte sich: Von Geldzuflüssen profitierten vor allem die als sichere Häfen geltenden Bankenplätze: Schweiz, Luxemburg, Belgien und Jersey. Durch den Abgleich mit anderen Bankenplätzen, wie beispielsweise New York, London oder Frankfurt, stellten die Forscher fest, dass die Zugänge dort nicht signifikant stiegen. Das lasse den Schluss zu, dass korrupte Eliten, Politiker und ihre Kumpane Hilfsgelder direkt auf ihre eigenen Konten weiterleiteten. Je grösser der Anteil der Hilfe am Bruttoinlandsprodukt ist, je höher ist der Abfluss: Wenn die Hilfszahlung mindestens ein Prozent des BIP beträgt, steigen die Kontostände in den sicheren Häfen um 3,4 Prozent. Die Rate des Geldabflusses betrage so rund 7,5 Prozent. Wenn es sich um Länder handelt, die bis zu drei Prozent des BIP an Hilfszahlungen erhalten, steigt der Abfluss gar auf 15 Prozent.
Die Forscher betonen, dass es sich dabei nicht um Geld handeln könne, das beispielsweise an Firmen gehe, die an Hilfsprojekten beteiligt seien. Denn, wenn das der Fall wäre, wären nicht Finanzzentren übervertreten, die für ihre diskreten Dienstleistungen bekannt sind.
Der «Economist» stellte den Rücktritt der Weltbank Chefökonomin Penny Goldberg in Zusammenhang mit dem Bericht. Sie habe ihn veröffentlichen wollen, sei aber gestoppt worden. Aufgrund des Artikels hat die Weltbank das Dokument dann öffentlich gemacht.


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4 Meinungen

  • am 25.02.2020 um 11:44 Uhr
    Permalink

    ‹korrupten Eliten›

    Sie benutzen den Begriff ‹Elite› falsch. Man wird Elite nicht passiv, indem man an der Spitze einer Struktur gerät. Politiker gehören selbst in Demokratien selten zur Elite, eher zum unteren Mittelmass.

    Elite ist, wer objektiv zu den Besten gehört und dann kann man per definitionem nicht korrupt, aber auch nur selten beliebt sein.

  • am 25.02.2020 um 11:50 Uhr
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    Szenekenner plädieren schon lange: unterstützungsgelder nur an länder mit good governance. Und entwicklungshilfeprojekte nur im bereich der förderung von good governance. Daneben lediglich humanitäre hilfe, dort wos brennt.

  • Portrait_Benno_Beler
    am 25.02.2020 um 14:20 Uhr
    Permalink

    Diese Zahlen und Schätzungen dürften wohl nur einen Teil der veruntreuten Gelder darstellen, der Bericht konnte nur die Spitze des Eisberges grob abschätzen, tatsächlich dürften noch viel mehr Gelder veruntreut werden. Das hat mehrere tragische Konsequenzen: (1) Unsere Gelder schaffen starke Anreize, dass die falschen Leute an die Spitze kommen und sich dort festkrallen. (2) Diese falschen Leute sind nicht nur korrupt, sondern gleichzeitig inkompetent und stellen ihre eigenen Steigbügelhalter ein, welche wiederum inkompetent und korrupt sind. (3) Unsere eigene Entwicklungshilfe (DEZA, HEKS, Helvetas, usw.) decken teils unfreiwillig, teils willentlich diese Missstände, weil sie ihre Hilfsgelder los sein müssen und keine negative Presse wollen. (4) Damit die korrputen Eliten weiterhin Hilfsgelder veruntreuen können braucht es Elend im Land. Also haben sie eigentlich kein Interesse an einer spürbaren Verbesserung da dies den Mittelzufluss hemmen könnte.

    Das Buch «Afrika wir armregiert» von Volker Seitz stellt diese Mechanismen sehr eindrücklich dar.

  • am 26.02.2020 um 02:15 Uhr
    Permalink

    Das ist nicht schön, aber ich würde es nicht überbewerten. 7,5% ist weit weniger als der Anteil, der für «Administration» in den meisten Hilfsorganisationen aufgewendet wird (oft über 10%). Würden die restlichen 92,5% sinnvoll eingesetzt, würde immer noch viel erreicht damit. Ich möchte als Vergleich China nennen, welches in den 90er v.a. aber in den 00er Jahren enorm korrupt regiert wurde. Offensichtlich hat diese Korruption der wirtschaftlichen Entwicklung nicht geschadet (wenn sie denn so gross war wie allseits berichtet).
    Ich sehe das Problem eher darin, dass unsere Hilfe sich darauf beschränkt, Kleinbauern ein Rind zu kaufen oder einen Brunnen zu graben. Kein Schweizer Bauer wäre mit einem Ziehbrunnen und einem Rind zufrieden. Diese Hilfe hat also überhaupt keine Vision, wie die Menschen in den LDC zu uns aufholen sollen. Diese Länder brauchen 10% und mehr Wirtschaftswachstum, um Armut ernsthaft bekämpfen zu können. Alles andere sind Tropfen auf den heissen Stein. China investiert in Infrastruktur in Afrika, und in Schulen, und bietet Afrikanern Stipendien in grosser Zahl, um in China zu studieren. Das ist echte Hilfe für Afrika, und erhöht zugleich die Soft-Power Chinas in Afrika. Während wir uns stets die (wissenschaftlich nicht belegbaren) Geschichten von Chinesischen Firmen die keine Afrikaner einstellen erzählen, entwickelt sich gerade eine enorme «süd-süd» Dynamik.

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