Sperberauge
Bundesrat Parmelin macht Werbung für fragwürdige NZZ-Beilage
Häufig werden bezahlte PR-Beilagen der NZZ oder der Tamedia-Zeitungen kritisiert, weil diese im Layout der betreffenden Zeitungen daherkommen und dem redaktionellen Teil täuschend ähnlich sind.
Auch der Schweizerische Presserat hat sich schon damit befasst und verlangt, dass PR-Beilagen sich viel deutlicher vom redaktionellen Teil unterscheiden müssen. Bezahltes sei deutlich mit «Inserat», «Anzeige» oder «Werbung» zu kennzeichnen. Das Layout von Beilagen dürfe weder identisch sein noch angelehnt an dasjenige im redaktionellen Teil. (Presserat am 23.11.2005)
Die NZZ-Beilage «Wirtschaftsraum Zürich» vom 18. Januar war als «Verlagsbeilage» gekennzeichnet. Doch der Verlag gibt alle Teile der NZZ heraus. Die Beilage wurde laut Impressum von «NZZ Content Solutions» realisiert. Die Aufmachung im Innern der 16-seitigen Beilage weist zu den redaktionellen Seiten der NZZ wenige Unterschiede auf.
In der ganzen, von «NZZ Content Solutions» realisierten Beilage machen verschiedene KMUs in NZZ-Aufmachung für sich Werbung. Die Beilage wurde von Partnern und Sponsoren des Vereins «Swiss Venture Club» finanziert.
Als einziger Aussenstehender dient SVP-Bundesrat Guy Parmelin mit einem Editorial als Einstieg in die PR-Beilage, welche etliche Leserinnen und Leser mit einem redaktionellen Teil verwechseln. Infosperber fragte Parmelins Sprecherin:
- «Warum fördert Bundesrat Guy Parmelin mit einem Editorial die Attraktivität und den Verkauf einer PR-Beilage und erleichtert damit ein fragwürdiges Geschäft der NZZ?»
Die Antwort:
- «Der Beitrag des Vorstehers des Wirtschaftsdepartements WBF in der SVC-Beilage der NZZ hat seit einigen Jahren schon Tradition. Solche Texte liefert auch Bundesrat Guy Parmelin auf Anfrage der Veranstalter, wenn das Thema das Departement direkt betrifft und ein Interesse besteht, die Position des Bundes zu erläutern und die Organisatoren zu unterstützen. Der Swiss Venture Club vernetzt KMUs und fördert ihre Wettbewerbsfähigkeit, was ganz im Sinn des WBF ist. Auf Form und Layout der Beiträge nehmen wir keinen Einfluss: Der Inhalt zählt.»
Die «Position des Bundes»? Sie erschöpfte sich in Sätzen wie «Die Welt verändert sich – die Schweiz muss mithalten», «Die Digitalisierung zwingt uns, vieles neu zu überdenken» oder «Unternehmer sollen Ideen und Träume verwirklichen können». Honorare verlangen Bundesräte für solche Auftritte keine.
Links redaktionelle Inland-Seite, rechts PR-Seite der Beilage in der gleichen NZZ vom 18.1.2020: In der Darstellung nur subtile Unterschiede.
Ziffer 10 der Richtlinien des Presserats
Trennung zwischen redaktionellem Teil und kommerziellen Beilagen
«‹Inserategetragene Verlagsbeilagen› in Form der Kombination von Texten, die in journalistischer Form geschrieben und redaktioneller Aufmachung präsentiert und mit Inseraten mit eindeutigem gegenseitigen Bezug kombiniert werden, sind durch eine vom übrigen redaktionellen Teil abweichende Gestaltung zu kennzeichnen. Der Kopf dieser Seiten ist mit dem Wort ‹Sonderseite› oder ‹Sonderbeilage› zu versehen. Ausserdem sind in einem separaten Impressum der Herausgeber und die verantwortliche Redaktion aufzuführen.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine