Sperberauge
Die andere Form von Klimastreik
Während die Regierungen langfristige Klimaziele vollmundig ankündigen und mit ihrer kurzfristigen Realpolitik das Erdklima weiter aufheizen, schreitet das Kabinenpersonal der deutschen Fluggesellschaft Lufthansa jetzt zur Tat: Es wird heute Donnerstag und morgen Freitag streiken.
Auf diese Weise sorgen die in der Gewerkschaft UFO organisierten FlugbegleiterInnen dafür, dass immerhin 1300 geplante Flüge an diesen beiden Tagen ausfallen. 180 000 Flug-Passagiere werden somit zu Hause bleiben, auf die Bahn umsteigen oder in vereinzelten Fällen noch einige leere Plätze in nicht ausgelasteten Flugzeugen anderer Gesellschaften besetzen.
Mit ihrem zweitägigen Streik bewirken Kabinenpersonal und UFO, dass an diesen beiden Tagen schätzungsweise 50 Millionen Liter Kerosin (Flugtreibstoff auf Basis von Erdöl) weniger verbrannt respektive über 100 Millionen Kilo CO2 weniger in die Atmosphäre gepufft werden. Das ist ein sofortiger, wenn auch global betrachtet bescheidener Beitrag gegen die Verstärkung des Treibhauseffektes und damit der Klimaerwärmung.
Allerdings: Mit ihrem Streik kämpfen die UFO und das Kabinenpersonal nicht primär gegen den Klimawandel. Bei diesem Arbeitskampf geht es ihnen darum, ihre Arbeitsbedingungen sowie Spesenentschädigungen zu verbessern. Haben die Streikenden Erfolg, so verteuern die erkämpften höheren Zahlungen ans Personal ungewollt den Aufwand der Lufthansa und damit die Flugkosten, was sich tendenziell dämpfend auf die Nachfrage im Luftverkehr auswirken kann. Haben sie keinen Erfolg, droht eine Ausweitung der Streiks – mit zusätzlichen Ausfällen von Flügen und zusätzlicher Reduktion von Kerosinverbrennung und CO2-Ausstoss. Beides dient indirekt ebenfalls dem Klimaschutz.
Die Lufthansa, der das kurzfristige Geschäft näher liegt als die langfristige Begrenzung der Klimaerwärmung, versuchte, den Streik in letzter Minute auf gerichtlichem Weg noch zu verhindern. Doch die zuständigen Gerichte lehnten die Eilanträge der Lufthansa ab und gaben damit grünes Licht für den Streik. Damit leisteten auch die zuständigen Richterinnen und Richter – wenn auch unfreiwillig und wohl unbewusst – ihren kleinen Beitrag gegen den globalen Klimawandel.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Das klingt schon bald nach reiner Sozialsatire.
Wenn alle Menschen aufhörten zu arbeiten, würde das Klima wohl noch besser geschützt. Wir hätten aber schon bald nichts mehr zu essen und so würde auch schon bald das Klima ohne die Einschätzung der Menschen sich weiterverbessern. Rosige Aussichten.
Am Schul-Fernsehen läuft eben eine Sendung zu den Klimaauswirkungen früherer Vulkanausbrüche. Die darauf folgenden Klimaabkühlungen haben zu Hungersnöten, Pest und anderen klimaschützenden Ereignissen geführt.
Man kann wohl alles überzeichnen. Aber Hunneneinfälle im sechsten Jahrhundert oder die Zerstörung Baghdads 1258 durch die Mongolen können so wohl auf klimafreundliche Abkühlungen im Schatten der Vulkanasche zurückgeführt werden.
Immerhin haben ein paar Menschen das überlebt, so dass die Geschichte weitererzählt werden kann.
Hanspeter Guggenbühl einmal mehr at his best!
Ich vertrete schon lange die Überzeugung, dass der Kampf für die Umwelt mit dem Kampf für sozial gerechtere Verhältnisse mit dem Kampf verbunden werden muss, um breiten Erfolg zu haben. Das vorliegende Beispiel weist in diese Richtung, wenn auch vielleicht ohne Absicht vieler Streikender. Entscheidend ist die Wirkung.
Herzlichen Dank für diesen Artikel. Sie zeigen hier fast schon satirisch auf, wie es zur Energie-Entschwendung kommt. Damit es zur Entschwendungkommt braucht es offensichtlich folgende Rahmenbedingungen:
– Eine Dienstleistung wird nicht zur Verügung gestellt (Streik)
– Eine gute alternative zur bisherigen Dienstleistung (Bahn, Segelschiff)
– Einen Preis, der das Prinzip der Nachhaltigkeit berücksichtigt
– Ein Grundeinkommen finanziert über Ressourcenabagben
Wir brauchen eine sinnvolle Tätigkeit zum Leben und nicht Arbeit um uns selbst zu zerstören.
Bei der Reform der Mitarbeiterevaluation beim Bund Ende der 90er Jahre, hat uns ein Monitor erzählt, was ein Bundesratschauffeur alles zum Benzinsparen beitragen könne. Weniger schnell anfahren, weniger schnell weiterfahren usw. usw.
Ich habe dann vorgeschlagen, um die Evaluationskiterien zu erfüllen, wäre es wohl einfacher dem entsprechenden Bundesrat ein Grippevirus zu verpassen, so dass alle Fahrten vermieden werden könnten.
Nicht alle haben diesen Vorschlag goutiert. Er war aber auch nur sarkastisch gemeint. Wenn ein Nebenziel zum Kriterium einer Aktion erhoben wird, kann das mögliche Optimum kaum erreicht werden. Das dürfte auch beim Klimaschutz der Fall sein.
Ein klassischer Guggenbühl. Danke dafür!
@Herr Hunkeler, Sie schreiben: «Wenn alle Menschen aufhörten zu arbeiten, würde das Klima wohl noch besser geschützt. Wir hätten aber schon bald nichts mehr zu essen und so würde auch schon bald das Klima ohne die Einschätzung der Menschen sich weiterverbessern. Rosige Aussichten."
Schon im zweiten Satz machen Sie einen fatalen Fehler: Sie übertreiben! Denn, nur weil ein paar Leute weniger arbeiten, werden wir nicht verhungern. Es gibt zahlreiche Arbeiten und Arbeitsplätze, sicher etwas 50%, auf die könnten wir sehr leicht verzichten, ohne dass uns irgend etwas fehlen würde. Der Denkfehler liegt in der überholten Logik: Arbeitsplatz -> Essen kaufen. Die meisten Arbeitsplätze erzeugen nicht Essen. Deshalb neu denken: Es ist genug da, wie verteilen wir es? Bisher über den Arbeitslohn, in Zukunft vielleicht über ein Grundeinkommen. Nur so entkommen wir dem Hamsterrad, welches den Planeten letztlich ruiniert.