Sperberauge

Beni über Toni in Tamedia

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Tamedia-Redaktor Beni Gafner schrieb auf allen Tamedia-Kanälen über sein eigenes Toni-Brunner-Buch.

SVP-Politiker Toni Brunner kündigte am Wochenende seinen Rücktritt aus dem Nationalrat und seinen Abschied aus der Politik an. Kurz davor erschien ein Buch unter dem Titel «Toni Brunner», das den Werdegang des abtretenden Nationalrats und ehemaligen SVP-Präsidenten auf 240 Seiten beschreibt. Als Hauptautor dieser Biografie signiert der ehemalige BaZ-Redaktor Beni Gafner, der nach der Einverleibung der BaZ (Basler Zeitung) durch den Tamedia-Verlag in die Tamedia-Bundeshaus-Redaktion eingetreten ist.
Im Unterschied zur NZZ und andern Zeitungen, die sich mit einer sda-Meldung begnügten, wollten die Medien des grössten Schweizer Verlags über dieses Doppelereignis gross berichten. Doch in der Tamedia-Fabrik war offenbar kein unbefangenes Redaktionsmitglied verfügbar. Also durfte Tamedia-Redaktor Beni Gafner für die Tamedia-eigenen Publikationen selber in die Tasten greifen.

Gafner über Gafner/Brunner vielfach online und gedruckt

Gafners Bericht über Gafners Buch und Brunners Abschied erschien unter dem Titel «Die wahren Gründe für Toni Brunners Rücktritt» schon am Samstag, 24. November im «Newsnet» von Tages-Anzeiger, Bund sowie Basler Zeitung. Seinen Text im Umfang von 5000 Zeichen leitete Buchautor Gafner dort mit folgenden Worten ein:
«Der Zeitpunkt der Rücktrittsbekanntgabe per Ende Jahr überraschte Freunde und politische Gegner gleichermassen. Nationalrat Toni Brunner (SG) will nach 23 Jahren im Nationalrat nicht mehr. Die Gründe, weshalb der Toggenburger mit 44 Jahren im Dezember 2019 nicht jüngster Alterspräsident werden will, sind im soeben erschienen Buch «Toni Brunner» nachzulesen – autorisiert durch Toni Brunner.» Der Text endete dann mit folgender Fussnote: «Beni Gafner ist Autor des soeben im Werd-Verlag erschienenen Buches ‹Toni Brunner› und Bundeshausredaktor bei Tamedia (Tages-Anzeiger).»
Der fast wörtlich gleiche Bericht von Gafner über Gafner/Brunner erschien am Montag auch in den Tamedia-Zeitungen Landbote, Zürcher Unterländer, Zürcher Oberländer, Zürichsee-Zeitung, Freiburger Nachrichten und – in leicht gekürzter Form – im Tages-Anzeiger, Berner Oberländer, in der Berner Zeitung sowie in der Basler Zeitung. Da kann nun keiner mehr sagen, Tamedia-Redaktoren würden in eigener Sache nicht äusserst produktiv publizieren.

Am Mangel an Personal kann’s kaum liegen

Bleibt die Frage: Weshalb fand in der über hundert köpfigen Mantelredaktion der Tamedia oder in der ebenfalls gut dotierten Bundeshaus-Redaktion kein unbefangenes Redaktionsmitglied Zeit, um halbwegs unabhängig über Gafners Toni-Brunner-Buch und den eng damit verknüpften Rücktritt des SVP-Nationalrats zu schreiben? Mangel an Personal lässt sich als Argument kaum geltend machen. Wahrscheinlicher ist, dass aus Kollegialität keiner einen Verriss über das Toni-Brunner-Buch schreiben und sich niemand mit einer lobenden Rezension blamieren wollte.
Wer unabhängige Informationen suchte, musste sich auf Berichte und Rezensionen ausserhalb des Tamedia-Reichs abstützen. Fündig wurde man zum Beispiel in der Aargauer Zeitung. Dort schloss Redaktor Sven Altermatt seine Besprechung über Gafners Toni-Brunner-Buch mit folgenden Worten ab: «Kritische Töne zu Brunner dürfen Leser nicht erwarten. Dass er sachpolitisch nie besonders aufgefallen ist, dass er sich selbst als Präsident der St. Galler SVP eher wenig für die Kantonalpolitik engagiert hat: Wer mehr darüber erfahren will, muss andere Quellen beiziehen.»

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Eine Meinung zu

  • am 28.11.2018 um 19:04 Uhr
    Permalink

    Die Selbstbeweihräucherung oder gegenseitige Beweihräuchrerung ist mittlerweile Standard an der Werdstrasse. Vor ein paar Monaten, JM Büttner lobhudelt auf der ganzen Seite 3 des ersten Bundes des TA Dani Ryser und seinem Buch über Roger Köppel. Bei Gafner wie bei Ryser Hinweise auf den Verlag, bei Ryser noch die Daten seiner Auftritte. Michelle & Friends ist nur noch Eigenlobhudelei und die Glorifizierung unwichtiger Themen (darf der Freund des Sohnes unangemeldet vorbei kommen). Getoppt wird das ganze nur noch von Vielschreiber und Feierabendpsychologe Schneider der die Genialität hat jeden Schrott zu bewirtschaften! Im Magazin eine mehrseitige Werbebeilage von ORIS, gestaltet wie der redaktionelle Teil des Magazin, eine Zeile am Seitenanfang als Hinweis Werbung! Der Niedergang des anspruchsvollen und unabhängigen Journalismus lässt sich an der Werdstrasse dokumentieren!

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