Sperberauge
… Trump nur das Händchen gehalten?
Der Besuch von Emmanuel Macron bei US-Präsident Donald Trump ist wieder einmal ein wunderbares Beispiel, wie gefährlich es ist, wenn man nur Fernsehen schaut. Was wurde gezeigt? Natürlich: Wie Macron dem Präsidenten schmeichelte, wie er ihm seine Sympathie kundtat, wie er ihm sogar seine Hand gab – nicht nur zur Begrüssung, sondern im Sinne von «Händchenhalten», ihm folgte, wie ein Hündchen seinem Meister.
Wir Menschen sind so konstruiert: Wir vertrauen am meisten unseren Augen! Wie heisst es doch nicht zufällig: «Ich habe es mit eigenen Augen gesehen!»
Wer zum gleichen Ereignis Radio hörte, konnte bereits mehr vernehmen, was die beiden sagten. Und so unwichtig war das ja auch wieder nicht.
Wer aber auch noch liest, der hat die grösste Chance, gut informiert zu werden und gut informiert zu sein. Heike Buchter von der deutschen Wochenzeitung Die Zeit war dabei, als Emmanuel Macron seine Rede im Kongress hielt:
«Ohrfeige zum Abschied
In den USA bediente Macron die Schwäche Trumps für Schmeicheleien. Die Zuneigung nutzte er dann, um systematisch die Politik des US-Präsidenten auseinanderzunehmen.
Von Heike Buchter, New York
Zwei Tage verbrachten Donald Trump und Emmanuel Macron miteinander. Sie pflanzten eine Eiche, löffelten Crème-fraîche-Eiscreme von goldenen Tellerchen und hielten sich an der Hand. Macron küsste Trump gar auf die Wange. Am dritten Tag dann erteilte der französische Staatspräsident seinem amerikanischen Gastgeber eine öffentliche Ohrfeige. In seiner Rede vor dem US-Kongress – von Trump per Twitter noch gönnerhaft als ‹grosse Ehre› für Macron angekündigt – wies der Franzose die Überzeugungen des US-Präsidenten Punkt für Punkt zurück. Mehr noch, er erklärte, dass die Streitpunkte mit Trump in Sachen Umweltschutz, Handel und internationaler Zusammenarbeit nichts weiter seien als «kurzfristige Unstimmigkeiten» in der historisch engen Beziehung zwischen den beiden Nationen. Was man auch als Andeutung verstehen kann, dass Macron die politische Zukunft Trumps für begrenzt hält.
Deutlicher hätte Macron die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den beiden Staatsoberhäuptern kaum machen können. In seiner Rede – in flüssigem Englisch vorgetragen – vor den US-Volksvertretern rief er die Vereinigten Staaten dazu auf, sich an der Schaffung einer «Weltordnung für das 21. Jahrhundert» auf der Basis der gemeinsamen Werte von Freiheit und Demokratie zu beteiligen. Nur so könne eine freie Welt geschaffen werden. Immer wieder beschwor der französische Staatspräsident die Bedeutung multilateraler Zusammenarbeit. Die brauche es, um globale Herausforderungen wie Terrorismus, soziale Ungleichheit und Klimawandel anzugehen. Das ist eine klare Absage an Trumps America-first-Ideologie und seine Ansicht, dass jede Nation zuerst ihre eigenen Interessen verfolgen sollte. Während Trump Organisationen wie die UN, Nato oder die Welthandelsorganisation als Einschränkung der nationalen Souveränität sieht, argumentierte Macron in seiner Rede, gerade eine multilaterale Zusammenarbeit sorge für die notwendige Stabilität, in der sich die Nationen entfalten könnten.»
Wer den ganzen Bericht von Heike Buchter lesen möchte, hier anklicken.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Es gibt keine Interessenkollisionen.
Ob gesehen oder gehört oder beides: Das ganze Theater ist eine Verarschung der Bürger, denen man zumutet, solche Auftritte ernst zu nehmen. Mir wäre lieber, Macron würde dafür sorgen, dass in Frankreich die Bürger nicht streiken müssen. Wie die Amerikaner mit Trump fertig werden, müssen sie selbst merken.
Die vor dem weissen Haus gemeinsam gepflanzte französische Eiche sei ja auch schon wieder weg. Soll noch einer sagen, wir Bürger werden nicht orientiert, fragt sich nur: von wem und worüber?
Nun ja, die NATO und UNO sind in ihrer heutigen Form denkbar ungeeignet, Frieden und Völkerverständigung zu etablieren. Das weiss Macron sicher auch. Denn wenn man ein aufstrebendes Russland weiterhin wie ein Feind behandelt, wird die Welt nicht sicherer, sondern im Gegenteil. Die ganzen westlichen Führer haben sich total verrannt: Die einen in Isolationismus und Nationalismus, die anderen in Anti-Russland-Rhetorik und Grössenwahn… europäische Präsidenten sollten weniger ins Weisse Haus und mehr in den Kreml reisen: Ich bin überzeugt, die Türen in Moskau sind sperrangelweit offen, wenn sich Europa nur ein Mü von den USA emanzipiert und die NATO nicht als Konstrukt GEGEN Russland einsetzt.