Sperberauge
Die NZZ schiesst schon wieder
Nichts gelernt. NZZ-Chefredaktor Eric Gujer nannte die SRG in einem Leitartikel auf der Titelseite der NZZ – sinngemäss, aber mit diesem Wort – einen Dinosaurier. Aber nur drei Stunden nach dem Bekanntwerden des (zu diesem Zeitpunkt noch immer provisorischen) Abstimmungsergebnisses zur No-Billag-Initiative, die das Ende der SRG bedeutet hätte, schaltet die NZZ ein Video online, in dem Inlandchef Michael Schoenenberger fordert, dass die SRG im Online-Bereich nicht weitergehen darf. Das ist, mit Verlaub, nichts anderes als die Forderung, die SRG habe ein Dinosaurier zu bleiben!
Hausinterner Widerspruch? Wenn es um politische oder kommerzielle Interessen geht, gibt es keine Hemmungen. NZZ live eben.
Zum Video mit Michael Schoenenberger.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
Herrn Müller ist zu empfehlen, seine Formulierungen etwas sorgfältiger zu wählen. Angesichts all der tragischen Ereignisse im Zusammenhang mit Schusswaffen verbietet sich meines Erachtens aktuell und für sehr lange Zeit eine Redewendung wie «Die NZZ schiesst gegen die SRG». Als Journalist sollte man die nötige Sensibilität haben, seinen eigenen Sprachgebrauch auch vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse dauernd zu hinterfragen.
Da sind wir doch alle froh, haben wir die NZZ, die so genau weiss was die Mehrheit der Bevölkerung will. Warum braucht es denn noch Medienvielfalt, wenn ein Medium allein schon die für alle gültige Wahrheit verkündet. Jetzt müssten das ja nur noch glauben und viele Jahre an heftigen Diskussionen blieben uns erspart. Ach die Welt kann ja so einfach sein. Da ist ja der Blick noch differenzierter.
Schlechter Verlierer im Dienste einer Zeitung mit den mit Abstand unverschämtesten Abonnementspreise im Land.
Wenn die SRG nur Radio und Fernsehen dürfen soll, reduzieren wir die NZZ auf Print und Web… Aber dann bitte ganz ohne Filmeinspieler! – Es ist höchste Zeit, dass die Diskussion auf einer anderen Ebene geführt wird. Es geht nämlich letztendlich nicht um die Frage des Verbreitungskanals, sondern darum, dass Information ein zu wichtiges und wertvolles Gut ist, als dass man es den Kommerziellen überlassen darf. Ich plädiere deshalb für einen künftigen Service Public, der nicht eingeschränkt oder beschnitten wird, sondern journalistische Informationen über alle Kanäle verbreitet. Unabhängig und frei von kommerziellen Interessen. – Die Forderung nach «Demut» und Abbau bei der SRG sind völlig fehl am Platz. Ja, es braucht ein Umdenken, neue – andere Strukturen, eine klare Definition des «Service Public» – aber die Message vom letzten Wochenende ist klar und deutlich: Die Bevölkerung der Schweiz will eine Informationspolitik jenseits von kommerziellen und machtpolitischen Partikularinteressen, wie sie die Privatmedien verkörpern!
Ja, es geht wirklich um Inhalte und nicht um technisches Geplänkel und politische Machtquerelen, um die Art und Weise, wie man sich im Mediendjungel eine wirkliche Meinung bilden kann, das ist mir nämlich seit langem nicht mehr so klar. Da bekommt der Infosperber mehr und mehr Bedeutung. Solche Plattformen sollten unbedingt weiter gefördert und weiter entwickelt werden.