Sperberauge

Schweizer sind einfach besser (II)

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Dass Ausländer weniger wert sind als Schweizer, ist immer wieder eine attraktive Aussage. Ein weiteres Beispiel.

Da wird in einer mittelgrossen Stadt im Aargau, in Baden – knapp 18’000 Einwohner – nächtens gerauft. Ein Mann wird dabei verletzt. Headline auf der Online-Ausgabe der Aargauer Zeitung – damals, am 14. Mai – 26-jähriger Schweizer mit Stichwaffe verletzt. Ist es besonders schlimm, wenn ein Schweizer und nicht etwa ein Deutscher oder ein Italiener bei einer Rauferei verletzt wird? Infosperber hat darüber berichtet.

Die Erfolgsmeldung: Die AZ hat, wie das im Online-Bereich technisch eben möglich ist, die Headline der Meldung zwischenzeitlich geändert. Aus dem «Schweizer» ist nun ein gewöhnlicher «Mann» geworden. Wer immer auch die Änderung angeordnet haben mag: Danke! (Es läge eine Flasche Wein drin; kann bei mir abgerufen werden.)

Screenshot: Die nachträglich geänderte Headline in der Online-Ausgabe der Aargauer Zeitung

Hat sich aber auch der dahinterstehende Geist geändert?

Die Aargauer Zeitung macht es wie heutzutage viele Medien: Sie empfiehlt ihren Leserinnen und Lesern, was heute besonders beachtenswert ist. Wir, die Leserinnen und Leser, sollen ja nicht allzu viel lesen müssen. Die Boulevard-Zeitungen haben es vorgemacht: Je weniger zu lesen, umso mehr Käufer und Abonnenten.

Gleich hinter der Frontseite, auf Seite 2, in der Ecke oben links, empfiehlt in der Aargauer Zeitung der sogenannte «Blattmacher», was in dieser Ausgabe nicht übersehen werden sollte. Heute, am 30. Mai, ist es der Chefredaktor, Patrik Müller, selber, der die Empfehlung als «Blattmacher» abgibt.

Und was empfiehlt er? Er verweist auf Seite 5, auf ein relativ kleines Interview unter dem Rubrik-Titel «Nachgefragt». Und was ist dort die Headline?

«Mit Ausländern wäre die Rückfallquote höher»

Im grossen Artikel auf der gleichen Seite wird dargestellt, dass 25 Prozent der im jugendlichen Alter straffällig gewordenen Personen später, im Erwachsenenalter, wieder straffällig werden. Interessant, ja, wenn auch nicht besonders überraschend. Nicht jeder wird mit der Volljährigkeit vom Saulus zum Paulus.

Im kleinen, vom Chefredaktor empfohlenen Interview mit Strafrechtsprofessor Martin Killias weist dieser nun tatsächlich darauf hin, dass in der Studie nur in der Schweiz geborene Schweizer berücksichtigt worden seien, weil bei Ausländern die notwendigen Informationen oft nicht so vollständig zur Verfügung stünden. Und er sagt wörtlich: «Wären Ausländer eingeschlossen, läge die Rückfallquote mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutend höher.»

Klar, diese Aussage ist ein Steilpass für eine atraktive Headline – und ist, wie man sieht, eine Leseempfehlung des Chefredaktors wert. Die Zeitung hat ja immerhin 36 grosse Seiten, sodass dieser Einspalter übersehen werden könnte.

Allerdings:

Im gleichen kurzen Interview sagt Professor Killias abschliessend aber auch folgendes – wörtlich: «So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Vergessen Sie nicht: Wir sprechen in aller Regel nicht von Mördern und Vergewaltigern, sondern von geringfügigen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Schwarzfahren im Zug. Mit einem gewissen Mass an Rückfällen müssen wir schlicht und einfach leben. Zudem schaffen es drei von vier, nicht mehr innert dieser fünf Jahre mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen.»

Jugendliche Schwarzfahrer im Zug? Und drei von vier werden trotzdem ganz normale, biedere Mitbürger mit weisser Weste? Nein, daraus hätte der Blattmacher keine zügige Headline machen können – und das wäre wohl auch keine Leseempfehlung des Chefredaktors wert gewesen.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Kritik von Zeitungsartikeln

Printmedien üben sich kaum mehr in gegenseitiger Blattkritik. Infosperber holt dies ab und zu nach.

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2 Meinungen

  • am 31.05.2017 um 21:41 Uhr
    Permalink

    Dass die Ausländer mehr wert sind als die Schweizer, das zeigen uns doch all die Grosskonzerne, Schweizer auf der Top-Führungsebene sind kaum mehr zu finden.
    Fazit ganz deutlich, die Schweizer sind einfach viel weniger wert!
    Tidjane Thiam an der Spitze der Credit Suisse kann man allerdings als Entwicklungshilfe für die Elfenbeinküste abbuchen!
    Ich weiss allerdings nicht, wass Christian Müller mit diesem Artikel aussagen und bewirken will. Ein völlig überflüssiger Artikel, ziemliche Umweltverschmutzung.

    @Düggelin: Schade, lieber Herr Düggelin, dass Sie nicht verstanden haben, was ich mit diesem Artikel sagen will. So wie ich Sie kennengelernt habe, sind Sie sonst nicht so schwer von Begriff. Umgekehrt verstehe ich nicht, warum Sie den Artikel als Umweltverschmutzung bezeichnen. Er hinterlässt weder Plastik-Teile im Ozean noch zu viel CO2 in der Atmosphäre. Und man muss ihn auch nicht lesen. Als Historiker interessieren mich auch subtile Erscheinungsformen der Xenophobie; Sie als Ex-Banker interessieren sich halt mehr für die Finanzwelt. – Lieber Gruss, Christian Müller

  • am 1.06.2017 um 15:13 Uhr
    Permalink

    Auch ich verstehe nicht, was der Autor mitteilen will. «Aus dem «Schweizer» ist nun ein gewöhnlicher «Mann» geworden.». Uff, nun ist auch dieses Problem gelöst und auf die politisch korrekte Schiene gebracht worden. Solche «Säuberungsaktionen» grenzen an Xenophobie.

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