Sperberauge
Es ist Zeit, aufzuwachen! II
Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass die 62 Reichsten der Welt gleich viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen – 3,5 Milliarden Menschen.
Mike Bloomberg, der exBürgermeister von New York, überlegt sich, ins Rennen um die US-Präsidentschaft zu steigen. Er gehört zu diesen 62 Reichsten, an elfter Stelle, wie es heisst. 49 Milliarden US-Dollar soll er besitzen.
Da ist Donald Trump ja ein armer Schlucker. Gemäss Forbes besitzt er nur 4,5 Milliarden Dollar, auch wenn er behauptet, 10 Milliarden zu besitzen.
Und wir in der Schweiz? Christoph Blocher ist «nur» ein einfacher Milliardär. Aber er hat das Geld, vor Wahlen und Abstimmungen in jeden Briefkasten der Schweiz eine mehrseitige Zeitung zu stecken. Direkte Demokratie eben.
Als (im 16. Jahrhundert) der französische König Ludwig XII. Marschall Gian-Jacopo Trivulzo fragte, was an Rüstungen und Vorräten zur Eroberung des Herzogtums Mailand nötig seien, sagte dieser: «Zum Krieg führen sind drei Dinge nötig. Geld, Geld und nochmals Geld.» («Tre cose, Sire, ci bisognano preparare danari, danari e poi danari.»)
Für interessante Informationen über Mike Bloomberg siehe auch hier.
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Zum ursprünglichen Sperberauge Es ist Zeit, aufzuwachen! I
Die Kluft zwischen Arm und Reich öffnet sich schneller, als erwartet. Die neusten Zahlen bestätigen es.
Die 62 reichsten Menschen – so sie denn diese Bezeichnung noch verdienen – besitzen so viel, wie die ärmere Hälfte der ganzen Weltbevölkerung zusammen. Zu diesem Resultat kommt eine Studie der Oxfam, einer 1942 gegründeten internationalen Organisation, die sich für die Entwicklung von Drittwelt-Ländern und für die Bekämpfung der weltweiten Armut einsetzt.
Die 62 reichsten Menschen besitzen so viel, wie die 3,5 Milliarden ärmeren Menschen der 7 Milliarden zählenden Weltbevölkerung zusammen.
Die Studie ist nicht aus der Luft gegriffen. Nicht nur der Spiegel berichtet darüber, auch die FAZ und die NZZ (auch wenn das der NZZ gerade einmal eine Agenturmeldung wert ist).
Pikantes Detail: 9 von 10 der weltweit führenden Konzerne verschieben ihre Gewinne in Steueroasen. Damit steigen die Gewinne der Aktionäre, also der Reichen. Den Entwicklungsländern auf der anderen Seite aber, den Armen, gehen 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr an Steuereinnahmen verloren.
Wann begreifen die Privilegierten dieser Welt endlich, dass die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich der sicherste Weg in die Katastrophe ist?
Wir gehen Zeiten entgegen, da auch Stacheldrahtverhaue an Landesgrenzen nichts mehr nützen werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Der Artikel ist mE unvollständig, wenn nicht erwähnt wird, dass es in der Schweiz NICHT so ist. Modell Schweiz für die ganze Welt? Ja gerne, aber nur selbstgesteuert – alles Andere wäre Kolonialismus in anderem Kleid.
Modell Schweiz für die ganze Welt geht gerade nicht, da die Schweiz selber eines der reichsten Länder ist, dieser Reichtum aber mangels wesentlicher Ressourcen auf demselben Effekt aufbaut: wer hat, dem wird gegeben. Noch schlimmer, wir leben auf Kosten der ärmeren Länder: Umverteilung von unten nach oben.
Umverteilung via Börse: von unten nach oben!
9% der reichsten Steuerpflichtigen in der Schweiz verfügten 2003 über 70% des Reinvermögens (Aktiven minus Passiven, vor Sozialabzügen); 0.1% sogar über rund 20% des Reinvermögens. In der Schweiz gab es 2010 243’000 High Networth Individuals (HNWI), eine Spezies, die pro Kopf über ein liquides Vermögen von mehr als 1 Million US-Dollars verfügt (Totales Vermögen abzüglich Betriebs-, Immobilien- und sonstiges festangelegtes Vermögen).
Während sich die HNWI Vermögensverwalter leisten können und bei Aktienbewegungen jeder Art meist mitverdienen, verpassen die Verdiener im Mittelfeld oder darunter meist die günstigsten Kauf- und Verkaufstermine und sind à la longue Verlierer an der Börse. Der schöne Spruch „Geld verschwindet nicht, es wechselt nur den Besitzer“ gilt insbesondere für die modernen Finanzmärkte; sie verteilen es vor allem um; in der Regel auf die dem Kapitalismus so nachhaltig eigene Weise: von unten nach oben. Zahl und Vermögen der HNWI wachsen, der Mittelstand verliert (nach S. Wagenknecht, Kapitalismus im Koma, „Umverteilung via Börse“, 2003).