Sperberauge
Was für Tagesschau «Schweizer» sind
«Die Schweizer Airline ist unbestrittene Marktleaderin», verkündete Moderatorin Cornelia Boesch. Doch nur weil sie den Namen «Swiss» trägt und viele noch der alten Schweizer Swissair nachtrauern, ist die Swiss noch lange keine Schweizer Fluggesellschaft. Sie gehört zu 100 Prozent der deutschen Lufthansa und die wichtigsten Entscheide werden am Hauptsitz in Köln gefällt.
Auch Porsche Schweiz, Lidl Schweiz oder Coca Cola Schweiz sind im Schweizer Handelsregister eingetragene Unternehmen, die jedoch ebenfalls zu 100 Prozent ihren Muttergesellschaften im Ausland gehören. Richtigerweise kommt es der Tagesschau nie in den Sinn, Porsche als «Schweizer Autounternehmen», Lidl als «Schweizer Lebensmittelfirma» oder Coca Cola als «Schweizer Getränkeunternehmen» zu bezeichnen. In besonderen Fällen ist von «Lidl Schweiz» die Rede.
Als Strafe soll die Tagesschau die nächsten zehn Mal, wenn sie über die Swiss berichtet, jedes Mal «Lufthansa-Tochter Swiss» sagen, damit auch alle verbliebenen Swissair-Nostalgiker diese bittere Realität zur Kenntnis nehmen müssen.
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Vielleicht leidet SRF noch am unbewussten historischen Gedächtnis: Als ich beim Fernsehen arbeitete, hatte die damalige SRG mit der Swissair noch einen Vertrag: Die SRG profitierte bei der Swissair von hohen Rabatten, verpflichtete sich als Gegenleistung, sämtliche möglichen Flüge der Mitarbeitenden bei der Schweizer Airline zu buchen und – bei Berichten über den Flugverkehr stets Flugzeuge mit der Aufschrift «Swissair» zu zeigen. Versteht sich, dass die SRG über praktisch jede neue Fluglinie der Swissair berichtete, kaum jedoch über solche ausländischer Fluggesellschaften. Als Aviatik-Journalist Sepp Moser kritische Fernsehbeiträge über die Swissair für die SRG verfilmte, verpasste ihm die SRG einen Maulkorb. Es wäre an der Zeit, dass SRF zur historischen Aufarbeitung die damaligen Verträge mit der Swissair öffentlich macht.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Hier wäre, Herr Gasche, bei Ihrer konsumenten- und arbeitnehmerfreundlichen Recherche-Technik, sogar mehr als eine Glosse möglich gewesen: Die «einheimischen» Arbeitnehmer der Lufthansa-Tochter SWISS gehören zu den am stärksten schikanierten international vernetzten Schweizern überhaupt. Piloten mit Familie und Einfamilienhaus im Kanton Zürich, die regelmässig in Frankfurter z.B. in Hotels übernachten, gelten als deutsche Angestellte v. deutscher Firma u. müssen als Hotelbewohner in Deutschland Steuern zahlen. Gegen diesen empörenden Befund, der nicht nur ein paar wenige einzelne betrifft, wehrten sich im Ständerat vor Monatsfrist Zürichs Vertreter V. Diener und FDP- Gutzwiller. Kommissionspräsidentin Keller-Sutter und Bundesrätin Widmer-Schlumpf erklärten, man könne nichts machen und man solle den Vorstoss nicht überweisen. Die stockgouvernementale Mehrheit des Ständerates hielt sich an die Kommissionsmehrheit, weil eine Überweisung allenfalls einen Auftrag für «sinnlose Verhandlungen» zugunsten der Interessen von Schweizer Bürgern bedeutet hätte und wohl für das Klima Schweiz – Deutschland und Schweiz – EU nur zusätzlichen Ärger gebracht hätte.
Staaten haben keine Freunde, Staaten haben Interessen. Diese Maxime wäre das Minimum, was auch im Ständerat kapiert werden sollte. Immerhin soll auf diplomatischen Wege das Thema doch noch irgendwie und irgendwo aufgegriffen werden, damit dem z.T. schweizerischen Swiss.Personal (wie lange noch?) bestätigt werden kann, man tue was.
Oh je Herr Gasche, ihr Problem möchte ich haben. Denken Sie daran, dass bei SWISS nach wie vor tausende Schweizer ihren Arbeitplatz haben und ich möchte behaupten, dass es die SWISS ohne Lufthansa nicht mehr geben würde. Uebrigens, Feldschlösschen, Haldengut usw. werden auch nach wie vor als Schweizer Brauereien bezeichnet, obwohl diese zu 100 % in ausländischem Besitz sind.
Die eingefleischten Bierliebhaber wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen den Bieren der ausländischen Riesenkonzerne und einem Turbinenbräu, Stiäräbrau und wie all die Regionalbiere heissen.
Und als 2008 Eichhof von Heineken gekauft wurde, gab’s schon 2009 eine neue Brauerei mitten in Luzern für echtes «Luzerner Bier".
@Graafhuis: Es ist sicher richtig, dass Bierliebhaber unterscheiden können. Doch meine Aussage war, dass die diverse Brauereien immer wieder als Schweizer Unternehmen bezeichnet werden, obwohl diese in ausländischen Händen sind.