Sperberauge
Schon wieder eine Revolution
«Die Revolution des Jorge Bergoglio», titelten «Tages-Anzeiger» und «Bund» (Link siehe unten). Die beiden Blätter verkündeten sozusagen ex cathedra und apodiktisch: «In gerade einmal 100 Tagen hat Franziskus die Kirche revolutioniert». Punkt. Eine «sanfte Revolution» sei es, «die stets gelassen lächelt».
Mit dieser sanften und lächelnden Revolution im Kirchenstaat treibt der inflationäre Gebrauch des Revolutionsbegriffs, wie er kürzlich in Infosperber thematisiert worden ist, weitere Blüten. Damit soll der neue Stil des neuen Papstes nicht kleingeredet werden. Franziskus wirkt sympathisch, signalisiert Eigenständigkeit, stellt die Armen, Verfolgten und Entrechteten ins Zentrum, beginnt mit einer Reform der Kurie, räumt in der Vatikanbank IOR auf, lebt Bescheidenheit persönlich vor. Aber überlassen wir die neue Bescheidenheit nicht dem Papst, und üben wir uns wenigstens sprachlich in ihr – und vor allem: Wahren wir die Proportionen. Franziskus setzt mutig neue Zeichen, nimmt dringend nötige Stilkorrekturen vor und beginnt mit institutionellen Reformen. Das ist viel, aber noch keine Revolution.
Es ist noch früh genug, von revolutionären Vorgängen im Vatikan zu sprechen, wenn Jorge Bergoglio die wirklichen Kardinalfragen an die Hand nimmt. Wenn er also etwa in den Bereichen Frauenrechte, Frauenordination, Verhütungsmethoden, Homosexualität, Ökumene, quasi-monarchischer Aufbau der Kirche, Absolutheitsanspruch der römisch-katholischen Kirche etc. die Weichen in völlig neue Richtungen stellt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine