Kommentar
CS-Verwaltungsräte: So viel kassieren die Schweiger der Nation
Red. Folgender Beitrag erschien auf Inside Paradeplatz.
Gut dotierte Verwaltungsratsmandate
Iris Bohnet, Doktorin der Ökonomie der Uni Zürich, Professorin an Harvard: Sie gehört seit 8 Jahren zum VR der Credit Suisse. Jahr für Jahr kassiert Bohnet 350’000 Franken. Wofür?
Alexander Gut, Betriebswirt-Doktor Uni Zürich, diplomierter Revisor, heute Firmen-Dealer. Bei der CS seit 4 Jahren zuoberst, kriegt pro Jahr 550’000 Franken. Was hat er geleistet?
Severin Schwan, Jus-Doktor aus Österreich, Roche-Chef seit 12 Jahren, seit 2014 im VR der CS, dort seit 3 Jahren „Lead Independent Director“, Honorar: 400’000 jährlich. Was unternimmt er?
Seraina Macia, Schweiz-Australierin, „Rating-Koordinatorin“ bei der Swiss Re, Aufstieg in der Versicherungswelt bis zum CEO, seit 5 Jahren im CS-VR, 350’000 im Jahr. Seraina Who?
Schweigen auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger
Maximal kassieren, minimal Verantwortung übernehmen. Das ist der Eindruck, den man von den honorigen Verwaltungsräten jener Bank erhält, die seit Monaten nicht aus dem Sturm findet. Dieser Sturm nimmt nicht ab. Er wächst. Die CS ist zu einer Too-Big-To-Fail-Bank geworden, bei der die oberste Führung fast nur mit sich selbst beschäftigt ist.
Das Risiko für die nicht nachvollziehbare Stille an der Spitze der CS trägt am Ende der Schweizer Bürger. Er garantiert mit seinem Steuersubstrat die Stabilität der Finanzindustrie, also auch der CS.
Bohnet, Professorin; Schwan, Roche-CEO; Gut, Sohn des Ex-Präsidenten Rainer; und über allen Urs Rohner, Ex-Wirtschaftsanwalt: Sie müssen die Krise um ihren operativen Chef Thiam lösen.
Derweil geht Tidjane Thiam ins Internet, stellt seine Wahrheit auf Instagram. Kommentare unerwünscht, wie der Blick schrieb. Die Instagram-Offensive des CEOs sorgt im VR für Kopfzerbrechen. Ein Sololauf eines Spitzenmanns, der ohne Absprache nach aussen seine Version verkündet – das widerspricht allen internen Vorgaben. Ein Grund mehr für den VR zu handeln? Auch das scheint keine scharfe Reaktion auszulösen. Thiam ist unantastbar.
Oder ist es die Ruhe vor dem Sturm, die im VR, dem alles entscheidenden Gremium der Bank, herrscht? In den CH Media-Zeitungen kombinierte der Banken-Spezialist die jüngsten Enthüllungen rund um Thiam mit einem grossen Interview von CS Schweiz-Chef Thomas Gottstein. Unter einem Foto von Gottstein an einem grossen TV-Glamour-Anlass steht sodann: „Will er an die CS-Spitze?“
Gottstein übernimmt von Thiam, wird neuer CS-Gruppen-CEO: Es wäre ein Befreiungsschlag. Wie gut Gottstein wäre, der nicht gerne vor die Leute tritt, kein grosser Kommunikator ist, sich lieber ums tägliche Brot statt um den grossen Zukunftsentwurf kümmert:
Das bleiben offene Fragen. Gottstein geriet zwischenzeitlich ebenfalls in die Spy-Schlagzeilen. Er stauchte einen Vertrauten von Iqbal Khan coram publico in der Zürcher Kronenhalle zusammen. Doch dann entschuldigte er sich für seinen Wutausbruch. Die Sache war erledigt. Nun darf Gottstein in der grossen NZZ am Sonntag ein ausführliches Interview geben. Er sagt darin, bei seiner Bank herrsche kein vergiftetes Klima. „Das Letzte, was wir anstreben, ist eine Angstkultur.“ Und er stärkte seinem Chef Thiam den Rücken. Dieser geniesse den Rückhalt der Kollegen in der obersten operativen Führung.
Mutlos, könnte man sagen. Doch was sollte Gottstein sonst sagen? Dass Thiam der Falsche sei? Dann wäre Gottstein am Montag geflogen.
Die Last der Entscheidung liegt auf den Schultern der Verwaltungsräte. Urs Rohner führt das Gremium. Für 2018 erhielt er 4,7 Millionen, 2017 waren es 4,3 Millionen, 2016 4 Millionen. In drei Jahren 13 Millionen, das Meiste in Form von Cash. Money now, handeln später. Wie lange noch?
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Wir erinnern uns, wie Brady Dougan und seine Douganistas die CS im Griff hatten und in eine Abwärtsspirale führten. Mit grausen erinnern wir uns an die Level 3 Assets in der CS-Bilanz. Wir erinnern uns, dass es da gar nicht so falsch war, mit Tidjane Thiam einen Externen als CEO einzusetzen, ein mutiger Schritt, denn es war von allem Anfang an absehbar, dass die so abgehängten Seilschaften nicht einfach still und leise aufgeben würden. Und das taten sie ja auch nicht. Permanent wurde gehetzt. Durchstechereien waren an der Tagesordnung. Und die Verbesserungen bei der CS wurden kaum zur Kenntnis genommen.
Jetzt die Geschichte mit Iqbal Khan. Was bei Sozialversicherungsempfängern praktisch Norm werden soll, wurde bei Khan zum Skandal. Sicher ist nur, dass die Geschichte von Seiten Khans und des Staates völlig schief lief: Ein Psychologe aus dem Justizvollzug beriet Khan, der aus der Überwachung eine Gewalt- und Drohungssache macht? Und die so vorgespurte Justiz übernimmt die Vorwürfe eins zu eins, und niemand fragt, wie es kommen soll, dass der Supermanager Khan angeblich zusammenbricht, wenn er seine Überwachung bemerkt. Da hat ihm sein Psychologie-Berater wohl bei den Formulierungen geholfen?
Und wieder gehen die Durchstechereien los. Die NZZ als Sprachrohr der Geschassten und Zurückgebundenen macht daraus eine Seifenoper mit wöchentlichen Skandalgeschichten: Thiam muss weg. Hoffentlich lässt sich der CS-VR sich nicht ins Bockshorn jagen und handelt im Interesse der Bank.
Ich habe mich vor 29 Jahren von der CS und UBS verabschiedet, der nächste Schritt ist das Firmenkonto von der Raiffeisen zur BezirksSparkasse Dielsdorf zu wechseln.
Bei kleineren Banken vor Ort ist die Behandlung
freundlich und kompetent.
Die faule CS-Kreditvergabe von katastrophalem Ausmass an Mosambik im Jahr 2013 ist ungleich gravierender als die Beschattungsaffären, denn sie stürzt die Zivilbevölkerung ins Elend. Seit die geheimen Kredite im April 2016 bekannt wurden, haben Soziale Not und Gewalt zugenommen – als Folge des Vertrauensverlusts in die Regierung. Der finanzielle Schaden ist bedeutend höher als die Summe der Hilfsgelder, die Mosambik nach den zwei Zyklonen 2019 erhalten hat. Wenn dem Land nicht massiv Hilfe zukommt, wird sich die Lage verschlimmern. In diesem Sinn schrieb ich den Herren Thiam und Rohner Im Dezember 2019 und erhielt von einer untergeordneten Stelle zur Antwort, dass auch die Führungsebene der CS den «Code of Conduct» respektieren muss! Die Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Verhalten der Bank und diesem Code stellt der Firmenkultur der CS ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.
Es wäre perfid, das Ende der Gerichtsverfahren im Kasus Mosambik abzuwarten, denn diese werden noch Jahre dauern. Eine substantielle Wiedergutmachung ist moralische Pflicht der CS-Leitung und des Verwaltungsrats , welche die Folgen der schweren Versäumnisse lindern könnte und dazu beitragen würde, die angeschlagene Reputation der Credit Suisse wieder etwas aufzurichten. Das Rating ist am Rand des roten Bereichs.
Jacques Schiltknecht, Luzern