Kommentar

Trumps «Jahrhundertdeal» mit Israel

Gudrun Harrer © zvg

Gudrun Harrer /  Der US-Präsident will Israel grünes Licht geben, um Teile des Westjordanlandes zu annektieren.

Zu Donald Trumps «Deal of the Century» bin ich noch immer hin- und hergerissen einerseits zwischen der Einsicht, dass das grüne Licht, das der US-Präsident Israel zur Annexion von Teilen des Westjordanlands gegeben hat, ein wichtiger Moment in dieser Konfliktgeschichte ist – und andererseits dem Gefühl, dass das alles völlig irrelevant ist.
Also, um die Konfliktlösung geht es ja dabei sicher nicht, so sieht das auch mein Kollege Eric Frey vom «Standard» in seinem Kommentar. Den etwas zwanghaft wirkenden Optimismus, dass aus dem allem wieder ein Verhandlungsprozess entstehen könnte, kann ich auch nicht recht teilen. Ich habe mir gestern eine Broschüre eines israelischen Thinktanks von etwa 2003 herausgeholt, die alle Teilungs- und Friedenspläne versammelt, unter anderem all die «Swap»-Variationen, bei denen die Palästinenser via Landtausch dafür entschädigt werden, dass Israel die grossen Siedlungsblöcke annektiert. Teilweise sind das hochkomplizierte Abtausch-Konstruktionen, die auch Ägypten und Jordanien involvieren.
Eine Lösung, in der Israel aber einfach alles bekommt, was es will – und alle anderen Streitthemen ebenso quasi gestrichen sind –, hat es bisher noch nicht gegeben, und schon gar nicht eine von einem US-Präsidenten dekretierte.
Na ja, vielleicht geht es ja wirklich nur einzig und allein darum, dass da zwei Personen, Netanjahu und Trump, ihre Wahlen gewinnen sollen. Wir werden sehen, ob alles wieder einschläft oder sich überraschende Dynamiken entwickeln.
______________
Dieser Kommentar erschien im «Orient Express», einem Newsletter von Gudrun Harrer.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Gudrun Harrer ist leitende Redakteurin des österreichischen «Standard» und unterrichtet Moderne Geschichte und Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Universität Wien.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

2 Meinungen

  • am 31.01.2020 um 11:48 Uhr
    Permalink

    Es ist nichts als ein sehr plumpes Ablenkungsmanöver von den jeweiligen rechtlichen Problemen der beiden betroffenen Herren. Trump vom Impeachment-Verfahren und Netanjahu davor, dass er ebenfalls vor Gericht gezogen wurde.
    Das ist auch kein Deal, das ist der Tod des palästinensischen Volkes.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 31.01.2020 um 12:16 Uhr
    Permalink

    Wenn Israel in seinem Apartheid-System alle «Bantustans» in Arbeitslager umwandeln will, ist der Staat doch schon sehr nahe bei der «Endlösung» von damals. Nur dass diesmal wohl keine Sovietsoldaten mehr zur Befreiung dieser «Sklaven» mehr zur Verfügung stehen.

    Mittlerweile macht die Schweiz weiter (Militär-)Geschäfte mit diesem Staat, wohl in Anknüpfung an die militärische Zusammenarbeit i.S. Mirage-Baupläne, aber sicher auch in der Tradition der Unterminierung der Uno-Boykottmassnahmen gegen das frühere Apartheid-Regime in Südafrika. Gold- und Diamanten konnten damals noch praktisch «legal» an den Uno-Resolutionen vorbei gekauft werden, da die «neutrale» Schweiz ja noch nicht Mitglied dieses Clubs war.

    Jetzt machen wirs eben wie die meisten anderen Europäer auch. Wenn die US befiehlt, schaut man weg, bzw. befolgt diese Orders ohne murren. … wenigstens solange es profitabel ist.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...