Kommentar
Der teuerste Strom aller Zeiten
«Sicher, günstig, umweltfreundlich»: Mit diesem Propaganda-Slogan haben die deutschen und Schweizer Energiekonzerne ihre Atompolitik durchgesetzt. Die gigantischen Folgekosten des AKW-Betriebs haben sie komplett ausgeklammert. Für diese sollten Kinder und Enkel sowie deren Kinder und Enkel während mindestens einer Million Jahre aufkommen. Es galt das Prinzip: Nach uns die Sintflut!
Werbebroschüre der «Schweizerischen Vereinigung für Atomenergie» aus dem Jahr 1971
Doch die Lüge vom billigen Atomstrom wird von Tag zu Tag offensichtlicher. Auch die Dümmsten begreifen es allmählich. Die vier deutschen Konzerne RWE, Eon, Vattenfall sowie EnBW wollen und werden die Folgekosten ihres Geschäftsmodells den Steuerzahlern überlassen.
Diese Stromkonzerne sind unfähig, das zu finanzieren, was sie angerichtet haben. Sie sind, was die auch nur halbwegs Informierten schon immer gesagt haben, verantwortungslos. Sie wirtschaften nach dem Motto: Profit ja – Verantwortung nein!
Auch in der Schweiz werden die Energiekonzerne den Steuerzahlern Milliarden an Folgekosten aufbürden.
Die Erfahrung in Deutschland: In den Sechziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts liessen die Atomkonzerne Tausende Fässer mit Atommüll in der Asse verschwinden. Das angebliche Endlager ist heute ein gefährlicher Müllplatz und kostete den Steuerzahlern über fünf Milliarden Euro.
Genau so geschah es mit dem DDR-«Endlager» Morsleben. Dort liegt noch heute westdeutscher Atommüll. Die Westkonzerne zahlten dafür 85 Millionen Euro. Gekostet hat uns der Spass bisher 2,5 Milliarden. Zahlen mussten wiederum die Steuerzahler – natürlich. Wer denn sonst?
Den vier grossen deutschen Energiekonzernen geht es inzwischen finanziell so schlecht, dass sie schon wieder betteln gehen müssen. Sie wollen die Folgekosten ihrer AKWe in einen öffentlichen Fonds auslagern. Auf Deutsch: Wiederum den Steuerzahlern aufbürden.
Die Umweltverbände und die Politik wehren sich noch. Aber diese Abwehr ist leider vergeblich. Denn die Kosten für die Atommüll-Entsorgung sind für die Konzerne unbezahlbar. Wieder sind die Steuerzahler gefragt. Die Konzerne wird es in einigen Jahrzehnten nicht mehr geben, aber Steuerzahler gibt es immer.
Werbebroschüre der «Schweizerischen Vereinigung für Atomenergie» aus dem Jahr 1971
Über Jahrzehnte haben die vier Energie-Besatzungsmächte abkassiert nach dem bequemen Motto: Gewinne privatisieren – Verluste sozialisieren.
Das Verursacherprinzip der Marktwirtschaft blieb ein Lippenbekenntnis und wurde völlig ausgeklammert.
Auch wenn Politik sowie Umweltverbände jetzt Zeter und Mordio schreien: Die Kosten für den Atommüll werden wir und unsere Nachkommen eine Million Jahre lang bezahlen müssen. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist das Ergebnis einer verbrecherischen Energiepolitik.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der langjährige ehemalige ARD-Journalist Franz Alt betreibt den Blog sonnenseite.com und informiert über Möglichkeiten zur Energiewende.
Der Artikel erwähnt nicht viel Neues.Das ist halt die Schweiz AG.
Verwundernswert ist aber das mein Solarstrom welcher aus dem Weltall kommt bei meinem Nachbar 21Rp.das kW kostet und ich dafür 3.85 Rp. bekomme.
Dabei muss ich beim Ankauf der Module fürs Recycling 4Rp. das Kilo bezahlen.
Eben Schweiz AG
Franz Alt ist darin beizupflichten, dass diese Energiepolitik im Effekt verbrecherisch ist – ein Verbrechen an den nächsten paar hundert Generationen. In Prozessen, welche nie stattfinden werden, würden die Gerichte wohl milde auf Grobfahrlässigkeit infolge Inkompetenz erkennen. Die Un(zurechnungs-)fähigkeit, sich verändernde Bedingungen zu erkennen und neue technologische, ökologische und gesellschaftliche Entwicklungen und Erkenntnisse in ein Geschäftsmodell zu integrieren, hat Namen. Den von Ex-Handballspieler und Studienabbrecher Heinz Karrer beispielsweise, derzeit Präsident von Economiesuisse. Von 2002 bis 2014 war Karrer CEO der Axpo Holding und hat auf jenem wohl nicht allzu schlecht honorierten Stuhl die sich abzeichnenden Veränderungen im Energiesektor (Wind, Sonne, Deutschland, etc.) vollständig verschlafen. Karrer hat die einst so selbstbewusste Axpo (vormals NOK) in einem desolaten Zustand zurückgelassen – Zürich und andere Eignerkantone würden sich lieber heute als morgen von ihren Anteilen trennen. Nun denkt man offen über einen Ausverkauf ins Ausland nach. Und die neue bürgerliche Berner Parlamentsmehrheit wird auch weiterhin nichts dagegen tun, dass Solarstrom-Einspeiser wie Marco Albrecht mit 3,85 Rappen pro kWh abgespiesen werden. Wie meinte doch G.B. Shaw: „Wer sagt, es sei unmöglich, sollte zumindest nicht denen im Wege stehen, die es gerade tun.“
Bravo Peter, wenigstens nicht im Wege stehen.
…nicht viel Neues…?
Ja, gewiss. Aber wieviele male muss diese Kostenrechnung vorgerechnet werden, bis die Geschäftsleitung der Schweiz AG die Rechnung endlich versteht? Es wird noch viele Wiederholungen brauchen bis sich die Mehrheit im Parlament der echten Gefährdung unsrer Heimat annimt. Die Kritik am ehemaligen CEO des Staatsbetriebs AXPO finde ich völlig berechtigt. Unverständlich, dass jemand mit dieser Qualifikation überhaupt wieder eine Kaderstelle findet, spricht nicht gerade für die egonomie-ch 🙁
Franz Alt und andere weisen schon sehr lange auf diese Probleme hin, wobei es hier «nur» um die Rechnung ohne GAU geht…
Die Leipziger Versicherungsleute versuchten eine Vollkostenrechnung:
http://www.versicherungsforen.net/portal/media/forschung/studienundumfragen/versicherungsprmiefrkkw/KKW-Studie_Versicherungsforen_Leipzig.pdf
Nicht nur dass uns die Profiteure den Dreck zur Entsorgung überlassen, nein sie haben auch noch die Unverfrorenheit wie in Deutschland den Staat d.h. den Steuerzahler nach dem Atomausstieg wegen der Profitminderung auf «Schadenersatz» zu verklagen.
(Focus online: Die vier großen Energieversorger haben gegen die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs bisher insgesamt 14 Klagen vor deutschen und internationalen Gerichten eingereicht. Eine der Klagen hat einen Streitwert von 4,7 Milliarden Euro)
Und in der Schweiz sind nicht einmal die notwendigen Kosten zum Anlagen-Rückbau im entsprechenden Fonds abgelegt. Wenn es dann mal soweit ist, können die Betreiber einfach Konurs anmelden und sind aus dem Schneider.