Kommentar
Tipps zum Herausverlangen von Justizdokumenten
Urteile, Strafbefehle oder Einstellungsverfügungen sind für Rechercheurinnen und Rechercheure Gold wert: Sie belegen, was das Justizsystem für wahr hält und wie es die belegten Vorfälle rechtlich qualifiziert (Mord, Diebstahl, Veruntreuung etc.). Das gilt aber nur für rechtskräftige Entscheide – also Entscheide, bei denen die Beschwerdefrist ungenutzt verstrichen ist oder die vom Bundesgericht gefällt wurden. Ist ein Entscheid noch nicht rechtskräftig, kann eine übergeordnete Instanz den Fall noch immer anders entscheiden.
Spannend sind auch Dokumente aus der Voruntersuchung der Staatsanwaltschaften wie zum Beispiel Einvernahmeprotokolle, Gutachten, Protokolle über Augenscheine etc. Diese Dokumente gelten als geheim. Man kann sie sich nur über die Parteien beschaffen. Medienschaffende müssen mit ihnen vorsichtig umgehen, sonst droht eine Verurteilung wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen (Art. 293 StGB).
Die Beweiskraft der einzelnen Dokumente und der Nutzen für Medienschaffende hängen stark von der Art des Dokumentes ab. Deshalb kommentiert «Recht brauchbar» die wichtigsten Justizdokumente praxisnah in einer Dokumentation und stellt einen Musterbrief zur Einsicht in Urteile zur Verfügung.
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Dieser Beitrag ist auf «Recht Brauchbar: Der Justiz- und Rechercheblog» erschienen. «Recht brauchbar» ist interessiert an allen Erfahrungen mit Einsichtsgesuchen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Jurist und Journalist Dominique Strebel zeigt Medienschaffenden, wie Recht zum stärksten Recherchetool wird. Er bloggt, wenn neue Urteile den Journalisten bei der Recherche helfen, wenn Richter oder Gesetzgeber Medienschaffende behindern oder Missstände in der Justiz auftreten. Dominique Strebel arbeitet als Journalist in Zürich, ist Co-Herausgeber des Buches «Recherche in der Praxis», Mitbegründer des Schweizer Recherchenetzwerkes investigativ.ch und Studienleiter an der Schweizer Journalistenschule MAZ. E-Mail: Vorname.Name[at]gmx.ch Mehr zu seiner Person unter https://www.xing.com/profile/Dominique_Strebel
Partei, sprich Beschuldigter oder Kläger bekommt ohne Anwalt falls überhaupt nur mit hohem Zeit-, Geldaufwand, emotionalem Einsatz und starken Nerven Akteneinsicht. Gleichheit vor dem Recht ist so Frage des Geldbeutels und der Information, wohingegen Akteneinträge der Polizisten als Wahrheit gelten. Zeugen, Auskunftspersonen erhalten keine Akteneinsicht, Beschuldigte oder Opfer erst wenn der Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet. Dank der routinemässig angewendeten computerisierten Prognoseinstrumente kann jeder schnell zu einem Täter werden. Routinemässige vom Gewaltschutz in Zusammenarbeit mit dem Psychiatrisch-psychologischen Dienst PPD in Zürich angebotene Aus- und Weiterbildungen fördern Ansammlungen von Behauptungen und Ideologien, die von Polizisten als voreingenommene Sachlichkeit mit einer behaupteten Wissenschaftlichkeit abgeglichen werden. Ermittlungen gehen so in die Irre oder bringen individuellen und gesellschaftlichen Schaden statt gesellschaftsfähige Konfliktlösungen vom Freund und Helfer Polizist. Wie soll Verfolgung und Veröffentlichung von Unrecht oder Recht mit medialer oder staatlicher Gewalt eine Menschheit glücklich, reich und friedlich machen? Sind nicht Transparenz und Offenheit gegenüber jedem Bürger dabei nützlich, wie auch Journalisten, die sich umfassend interessieren, ausreichend recherchieren, ganzheitlich und vollständig berichten wollen? Ist dieses sog. Amtsgeheimnis nicht eher Problem als Lösung?
Herzlichen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz! Auch an Regina Möckli, die genau weiss wovon sie schreibt. Sehr wichtig!
Und wenn Justizdokumente verschwinden, was können Betroffene da machen? Es verschwinden entlastende Belege unter behördlicher Verantwortung.
Bei Helmut Kohl hat der Schredder auch wirkungsvolle Arbeit geleistet.