Kommentar
Im Jemenkonflikt droht die Eskalation
Im Jemenkonflikt droht mit der Entsendung eines iranischen Marineverbandes in den Golf von Aden sowie der Betankung saudischer Kampfflugzeuge durch die USA für den Einsatz gegen schiitische Huthirebellen die Eskalation zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den beiden konkurrierenden Regionalmächten am Persischen Golf. Auch wächst das Risiko einer zumindest indirekten militärischen Auseinandersetzung zwischen Iran und den USA.
Denn auch wenn der iranische Marineverband offiziell nur den Auftrag hat, Teherans Handelsschiffe vor Piraten zu schützen, besteht die grosse Gefahr eines Zusammenstosses mit den Kriegsschiffen der saudischen Koalition, die seit Tagen die Hafenstadt Aden beschiesst. Und die Betankung saudischer Kampfflugzeuge sowie andere militärisch-logistische Unterstützungsleistungen Washingtons für die von Riad geführte Kriegskoalition sunnitischer Staaten gegen die Huthi-Rebellen bergen wie in früheren Konflikten seit dem Vietnamkrieg das Eskalationsrisiko eines immer weitergehenden militärischen Engagements der USA.
Kommt es zu dieser befürchteten Ausweitung und Zuspitzung des Jemenkonflikts, wäre auch der Abschluss eines endgültigen Abkommens über das iranische Nuklearprogramm bis zum 30. Juni kaum mehr vorstellbar. Den Gegnern eines solchen Abkommens in Jerusalem, Riad, Washington und Teheran käme diese Entwicklung sehr gelegen. Doch sie wäre weder im wohlverstandenen Interesse der USA noch Irans.
Der Vorschlag des iranischen Aussenministers, dass Saudi-Arabien, der Iran, Pakistan und andere islamische Staaten die verfeindeten Lager im Jemen an einen Verhandlungstisch bringen, um eine von allen Seiten akzeptierte Regierung zu ermöglichen, bietet eine Chance zur Deeskalation des Konflikts. Dazu wird es allerdings nur kommen, wenn die USA ihre Verbündeten Saudiarabien und Pakistan zur aktiven Teilnahme an diesen Verhandlungen bewegen.
Dieser Beitrag ist in der deutschen Tageszeitung «taz» erschienen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Andreas Zumach ist spezialisiert auf Völkerrecht, Menschenrechtspolitik, Sicherheitspolitik, Rüstungskontrolle und internationale Organisationen. Er arbeitet am europäischen Hauptsitz der Uno in Genf als Korrespondent für Printmedien, wie beispielsweise die tageszeitung (taz), Die Presse (Wien), die WoZ und das St. Galler Volksblatt, sowie für deutschsprachige Radiostationen und das Schweizer Fernsehen SRF. Bekannt wurde Zumach 2003 als Kritiker des dritten Golfkrieges. Im Jahr 2009 wurde ihm der Göttinger Friedenspreis verliehen.
Dazu Eric S. Margolis:
„Wie soll man mit dem iranischen Genius umgehen?“
http://www.kritisches-netzwerk.de/forum/wie-soll-man-mit-dem-iranischen-genius-umgehen