Kommentar
Zweitwohnungen: Der Kamikaze-Flug der Walliser CVP
Der Walliser CSP-Ständerat René Imoberdorf lächelte letzten Herbst verschmitzt in die Kamera des Lokal-TV-Senders Kanal 9, nachdem der Ständerat das Zweitwohnungsgesetz derart verwässert hatte, dass es auf ein Zweitwohnungs-Förderungsgesetz hinausgelaufen wäre. Imoberdorf und sein Walliser Ständeratskollege Jean-René Fournier (CVP) freuten sich wie die Lausbuben, mit welchem Schildbürgerstreich gegen den Willen des Schweizer Volkes sie den Ständerat übertölpelt hatten. Das Wallis hatte zwei neue politische Helden, denen die gesamte Walliser CVP-Nomenklatura eifrig zur Seite stand, von den Nationalräten bis zu den Staatsräten.
Politische Dreistigkeit
Insbesondere der Vorschlag, dass neue Zweitwohnungen auf der grünen Wiese bloss auf einer Internetplattform angeboten werden müssten, um nicht mehr als «Zweitwohnung» zu gelten, zeugte von einer politischen Dreistigkeit sondergleichen. Gar zu Lachkrämpfen animierte das Ansinnen, diese Plattformen durch die Walliser Behörden kontrollieren zu lassen. Es ist klar, dass diese CVP-Strategie schnurstracks zu einem Referendum geführt hätte, mit dem die Rechtsunsicherheit weiter verlängert worden wäre. Das kümmerte jedoch die Walliser CVP-Parlamentarier wenig, obwohl sie gleichzeitig die zeitliche Verzögerung landauf landab lautstark beklagten. Diesem Walliser Polittheater hat nun der Nationalrat eine klare Abfuhr erteilt. In den Walliser Lokalmedien lecken sich die CVP-Helden die Wunden. Von «Faustschlag» und «Genickschuss» ist die Rede.
Allerdings waren sie nicht immer die Helden, denn die Abstimmung zur Zweitwohnungs-Initiative haben sie kläglich verschlafen und damit zum Erfolg der Weber-Initiative beigetragen. Erst in der Schlussphase zur Abstimmung wachten sie auf und warnten vor dem drohenden Weltuntergang. Auf Inseraten und Plakaten zerstörte ein Mann mit Stalin-Schnauz und Hammer und Sichel das Dach eines Ferienchalets. Darunter stand geschrieben: «Nein zum Tod der Freiheit und Eigenständigkeit! Nein zur Planwirtschaft mit dem Ziel zur Bildung von Reservaten!»
Südeuropäische Verhältnisse
Der Wunsch nach «Freiheit und Eigenständigkeit» passt bestens zu den aktuellen 200-Jahr-Feiern zum Beitritt des Wallis zum losen Staatenbund der Schweiz. Die Gründung des Bundesstaates 1848 ruft im Sonderbunds-Kanton Wallis weit weniger Begeisterung hervor. Der tolldreiste Kamikaze-Flug der CVP bezüglich der Zweitwohnungs-Initiative und dem Zweitwohnungs-Gesetz zeigt klar auf, welche Bedeutung die Walliser CVP der Zugehörigkeit des Wallis zum Bundesstaat Schweiz beimisst: Die «Ausserschweiz» soll zahlen und schweigen.
Ohne die Zugehörigkeit zur Schweiz würde jedoch das Wallis sehr schnell auf südeuropäische Verhältnisse absinken. Die Arbeitslosenzahlen haben bereits diese Tendenz: Im Januar 2015 war das Wallis mit 5,8 Prozent Arbeitslosen an der Spitze der Kantone. Noch schlimmer sah es im Mittel- und Unterwallis mit seinem überdimensionierten Bausektor aus. Dort lag die Arbeitslosigkeit bei 7,4 und 6,5 Prozent. Statt den aufgeblähten Bausektor einzudämmen, schreit die CVP nach noch mehr Zweitwohnungen. Genau bei diesen hausgemachten Problemen liegt die Ursache des Kamikaze-Flug der CVP.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Kurt Marti war von 2000 bis 2010 Redaktor der «Roten Anneliese» und ist Autor des Buches «Tal des Schweigens: Walliser Geschichten über Parteifilz, Kirche, Medien und Justiz».
Ich war gestern an einer Veranstaltung im Wallis, betreffend Zweitwohnungsinitiative.
Einige Forderungen der Initianten sind schon recht, nun ja, eigenartig.
Ich frage mich, wieso FDP und SVP erst jetzt nasse Füsse bekommen haben, die wussten ja schon lange, dass es ein Referendum geben könnte.
Ich finde es ok wenn sich ein Kanton und Ihre Parlamentarier, mit allen möglichen Mitteln, gegen eine Initiative wehren, wenn Sie sich dermassen schlecht auf einen ganzen Kanton auswirken werden. Basel z.B wehrt sich ja auch gegen eine scharfe Auslegung der Masseneinwanderungsinitiative.
Betreffend Arbeitslosigkeit haben Sie völlig recht, dass Wallis hat eine hohe Arbeitslosigkeit. Im Januar ist die Baubranche, infolge Winter, Schnee und Tourismus, noch nicht auf vollen Touren. 2015 kommt erschwert dazu, dass der starke Euro nicht gerade förderlich für den Tourismus ist.
Im Jahresmittel lag die Arbeitslosenquote im Wallis übrigens bei 4,2 %! Der Durschnitt in der Schweiz war bei 3,2%. Aber dass und vieles mehr wissen Sie sicher besser als ich.