Kommentar
Jugendliche schärfer bestraft als Erwachsene
Mit dieser Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (siehe Link unten) sollen Polizei und Justiz entlastet und Kosten gespart werden. Es gibt weder eine Verzeigung noch ein ordentliches Strafverfahren. Damit behandelt die Schweiz in Zukunft geringfügigen Cannabiskonsum ähnlich wie eine Verkehrsbusse und macht einen Schritt in Richtung Legalisierung.
Aber nur für Erwachsene. Jugendliche unter 18 Jahren werden bei Cannabiskonsum weiterhin in einem ordentlichen Verfahren nach Jugendstrafprozessordnung beurteilt. (Die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit wollte das Ordnungsbussenverfahren bereits ab 16 Jahren zulassen; erst in der nationalrätlichen Beratung wurde das Alter auf 18 Jahre erhöht.)
Dass Jugendliche schärfer bestraft werden als Erwachsene ist ungewöhnlich. Das Jugendstrafrecht führt in der Regel zu milderen Strafen. «Die unterschiedliche Behandlung halte ich für völlig uneinsichtig und auch inkonsistent», meint denn auch der Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel Niggli.
Anders sieht es sein Zürcher Kollege und SP-Nationalrat Daniel Jositsch: «Etwas Systemwidriges sehe ich da nicht», sagt er. Man könne bezüglich Stafbarkeit von Drogenkonsum geteilter Meinung sein. «Der Gesetzgeber hat bei den Jugendlichen einen höheren Schutz gewollt.»
Höhere Strafe als höherer Schutz? Das werden Jugendliche anders sehen. Sicher ist, dass Cannabis weiterhin anders behandelt wird als Alkohol. Bei Alkohol sieht das Gesetz Verkaufsverbote vor, um die Jugendlichen zu schützen. Bestraft werden nicht die Jugendlichen, sondern nur die Händler, die Alkohol an Minderjährige abgeben.
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Dieser Beitrag stammt von Dominique Strebels Blog.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Jurist und Journalist Dominique Strebel beobachtet, wie Polizistinnen, Staatsanwälte, Gutachterinnen, Rechtsanwälte und Richterinnen das Recht anwenden. Er ist Studienleiter an der Schweizer Journalistenschule MAZ.
Teil 1:
Was für eine Doppelmoral und was für ein Witz diese Kleinkrämerei. Alle Drogen und Genussmittel gehören gleichgestellt. Das Problem ist nie die Droge, sondern der Mensch mit Suchtpotential, weil er keine andere Möglichkeit mehr findet als durch eine Droge, um glücklich zu sein. Nicht jeder der Alkohol trinkt wird Alkoholiker. Nicht jeder der Cannabis konsumiert, bleibt dran kleben. Sigmund Freud, Hermann Hesse und viele mehr haben gelegentlich Kokain konsumiert. Sauber aus der Apotheke, ohne Waschpulver drin, sie wurden deswegen keine Abhängigen. Nicht die Substanz ist das Problem, sondern die Unwissenheit, Unaufgeklärtheit, Verteufelung, Stigmatisierung, Verdrängung, u.s.w. Die meisten Polizisten welche ich kenne haben die Nase langsam voll davon auf der Strasse irgendwelchen Kleinkonsumenten nach zu rennen, während der Alkohol finanzielle Schäden anrichtet welche 5 mal so hoch sind wie die Kosten aller anderen, sogenannten ilegalen Drogen zusammen. Alle Drogen gehören gleichgestellt. Rigoros. Und sie gehören per Genussmittel-Bezugspass in die Apotheke und/oder Drogerie. Jede Substanz rationiert, so dass kein Bezüger von der Genussspirale in die Suchtspirale kommen kann, sich also im Konsum der jeweiligen Substanz verlieren kann. Mit Beratung und dort wo Suchtverhalten sichtbar wird, mit Begleitung/Betreuung, u.s.w. Genuss ist wichtig, er gehört zum Leben. Wer nicht geniessen kann, wird ungeniessbar. Hat als Alternative nur noch die Depression, samt den Nieren und Leberschäden durch pharmazeutische Antidepressiva. Drogen, von Kaffee, Tabak, Alkohol bis Opioide, Alkaloide, Kokain, Psychodisleptika, Stimulantia, u.s.w. gehören zur Welt, zum Leben. Wir können sie nicht besiegen oder aus der Welt schaffen, wir können sie nur Integrieren und einen Umgang damit erlernen, dass sie nicht Schaden anrichten oder vergrössern. Unser eigener Körper ist eine Drogenproduzentenmaschine. Die exogenen Drogen wirken nur weil wir für die körpereigenen Drogen Empfängerrezeptoren haben. Eine schwangere Frau oder ein Maturand welcher gerade seine Prüfung bestanden hat, hat mehr körpereigene Morphine im Blut als ein Gelegenheits-Heroinkonsument. Es kommt immer mehr der Verdacht auf, dass gewisse Drogen Illegal gehalten werden, weil es eine Geldmaschine ist, welche letztendlich vom Steuerzahler finanziert wird. Und dieses Geld, oder ein Teil davon, fliesst immer nach ganz weit oben. Erst die Kriminalisierung macht den Verkauf derzeit illegaler Drogen zu einem lukrativen Geschäft und tausende von Menschen zu seelischen und körperlichen Krüppeln weil die saubere Ware bekommt nur die oberste Bourgeoisie, die anderen haben zur Hälfte Waschmittel, Strychnin, Phenacetin, Badesalz und andere Streckmittel drin. Alt- Bundesrätin Frau Ruth Dreyfuss und Herr Van der Linde haben ein gutes Konzept vorgeschlagen für einen besseren Umgang mit den Drogen. (Siehe Bericht Beobachter Online) doch eben, wir leben immer noch im gestern, eine typische schweizer Art. Was neu ist, auch wenn es besser ist, macht erst mal Angst, ganz besonders wenn man darüber nicht Bescheid weiss, weder von der medizinischen, biologischen, noch von der Erfahrungsseite mit Suchtpatienten. Nach 18 Jahren Einsatz als ehrenamtlicher Streetworker und 2.4 Millionen Besucher/innen auf http://www.streetwork.ch weiss ich schon ein wenig von was ich spreche.
Teil 2:
Aber wenn interessiert dies schon, mit einer Gleichstellung aller genussbereitenden Substanzen, pro Person und Woche rationiert, sowie legalisierten Verkaufs-Abgabe und dementsprechenden Regeln welche dann auch durchgesetzt werden können, auch für Alkohol, Tabak, Schokolade, Tee, u.s.w. würde die Drogenkriminalität auf ca. 15% reduziert, und die Folgekosten von Suchtkonsum ebenfalls auf etwa 15%. Wer mehr braucht, weil er an einer Suchtkrankheit leidet, weil sein Gehirn selber keine Glücks oder Genussbotenstoffe erzeugen kann, kann sich beim Arzt Rezept und Betreuung einholen, damit auch er oder sie ein normales Leben führen können. Doch eben, es interessiert niemanden, denn die meisten welche damit zu tun haben, verdienen an den Süchtig Kriminalisierten, können Dank ihnen Karriere machen, beruflich aufsteigen, sich Staus Quo erwerben. Entweder auf der Legalen Seite, oder in der Illegalen Subkultur. Es ist zum Kotzen muss ich sagen. Ich habe so viele sterben sehen wegen dieser verfehlten, engstirnigen Drogenpolitik, welche wir zum Teil den Usa zu verdanken haben, in einer Gesellschaft wo Autorität höher gestellt wird als Kompetenz, wo Menschenleben in Geld aufgerechnet wird. Schäme Dich Schweiz, Schäme Dich in Grund und Boden. Am Sonntag in die Kirche gehen, und am Montag die „Aussätzigen“ jagen, aus der Gesellschaft zu verbannen mittels Kriminalisierung. Weil eine Autorität es befohlen hat. Was für eine Schande.
Danke Beatus Gubler, für diese Breitseite für eine erhöhte Selbstverantwortung. Dass eine Rationierung besser wäre, als eine Freigabe im verantwortungsvollen Verkauf, glaube ich allerdings nicht – das würde ja wieder einen Tauschhandel hervorrufen, der es nicht oder nicht viel konsumiert, verkauft seine Ration an einen Süchtigen….
Cannabis – Freigabe:
1971, kurz nachdem ich meinen Dipl.math ETH in der Tasche hatte, erschien im NZZ Verlag eine 64-seitige Broschüre: «Drogen – Meinungen und Fakten". Keiner der darin zu Worte kommender Fachleute (Aerzte, Psychiater, Juristen, Sozialarbeiter) sprach sich für eine Kriminalisierung von Cannabis aus. Die Gefahren wurden – auch rückblickend betrachtet – mit gutem Augenmass aufgezählt und als weniger gefährlich eingestuft, als die starke Bestrafung. Der Freigabe von Cannabis wird darin überwiegend das Wort geredet.
Aber niemand hat hingehört, Gesetz und Wirklichkeit haben sich voneinander entfernt.
Bei meinem späteren MBA-Studium in Amerika habe ich viele am Wochenende und häufiger Konsumierende kennen gelernt – einige von Ihnen wurden Partner in rennomiertesten Beraterfirmen, von keinem weiss ich, dass er abgestürzt wäre!
Man wird den Eindruck nicht los, dass zu viele am illegalen Handel verdienen.
(Ich persönlich habe noch nie im Leben eine ganze (Nikotin)-Zigarette geraucht, trinke vielleicht einen Kaffee oder Schwarztee pro Woche und Alkohol nur in Mengen, die das Auto-Fahren noch zulassen würden – An Cannabis habe ich seit etwa 30 Jahren kein besonderes Interesse mehr).