Kommentar

Pumpspeicher oder: Das Risiko der Dinosaurier

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Selbst wenn ihre Pumpspeicher-Kraftwerke wirtschaftlich baden gehen, können die Stromkonzerne überleben. Dem Staat sei Dank.

Beim Bau von Wasserkraftwerken verhält es sich gleich wie beim Gotthardtunnel oder der Neat: Ob sich die Investitionen jemals auszahlen, weiss nur der liebe Gott. Denn kein Mensch kann vorhersehen, wie sich Stromversorgung, Inflation oder Zinsen in den nächsten 80 Jahren entwickeln. Langlebige Anlagen entziehen sich der Logik der realen Wirtschaft, die mit immer kurzfristigeren Abschreibungen und Renditen rechnet.

Infrastrukturbauten für Verkehr oder Energieversorgung sind darum eine Domäne des Staates, der heute 80 Prozent des Kapitals der Schweizer Stromunternehmen kontrolliert; die Privatisierer rund um Avenir Suisse haben sich in diesem Bereich glücklicherweise (noch) nicht durchgesetzt. Der Staat kann Vorleistungen für nächste Generationen verkraften, denn er profitiert auch von den – guten – Vorleistungen früherer Generationen. So spülten die gut rentierenden Wasserkraftwerke, die unsere Vorfahren bauten, Milliardengewinne in die Schweizer Kantonskassen. Und darum werden die Kantone, welche die Aktien von Axpo und Alpiq besitzen, nicht Konkurs gehen, falls die Margen der neuen Pumpspeicher-Kraftwerke nicht halten, was sich ihre Planer versprachen.

Das heisst allerdings nicht, dass alle langfristigen Infrastruktur-Bauten ein Segen sind. Die Entsorgung des Atommülls zum Beispiel, den unsere AKW hinterlassen, wird spätere Generationen finanziell belasten, weil die heutigen AKW-Betreiber ihre Entsorgungsfonds ungenügend füllen. Das Gleiche kann bei Pumpspeicher-Kraftwerken geschehen. Darum ist eine frühzeitige Amortisation oder Wertberichtigung dieser Anlagen auf Kosten der heutigen Generation notwendig.

Die Schweizer Pumpspeicher-Kraftwerke wurden geplant, um Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken mit finanziellem Gewinn zu veredeln. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie endet dieses riskante Geschäftsmodell. Ob die gigantischen und umstrittenen Wasserbatterien sich auch eignen, um Schwankungen in der Produktion von Wind- und Solarstrom auszugleichen ist ungewiss. Denn Pumpspeicher stehen in Konkurrenz zu dezentralen Speichertechniken. Dinosaurier, so lehrt die Erdgeschichte, leben gefährlich, wenn sich die Verhältnisse ändern.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Autor des am 16. April 2013 erschienenen Buchs «Energiewende – Und wie sie gelingen kann», Rüegger-Verlag, 25 Franken.

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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Eine Meinung zu

  • am 12.04.2013 um 15:00 Uhr
    Permalink

    Die Axpo im Eigentum von 16 Kantonen, allerdings ohne direkt-demokratische Struktur…. Manager haben das sagen, und bringen spekulative Fehlleistungen, macht nichts, sie erhalten trotzdem fürstliches Gehalt, etwa 10 mal soviel wie die Regierungsräte, welche ihre Kantone vertreten und zum Volkswohl Sorge tragen sollten. Es sind Strukturen wie bei der Chinesischen KP, oder ähnlich…
    Heini Glauser und andere «selbstberufene Fachleute» hatten schon lange gewarnt, wir sehen ihre Prognosen mehr und mehr bestätigt. Welch grosser Nutzen für unser Land und seine Volkswirtschaft, wenn man auf solch «störende Warner» hören würde.
    Karrer soll doch sein überrissenes Gehalt subito mit dem Glauser teilen!
    Zu diesen ungefährlichen Hypotheken kommen die gefährlichen dazu. Im Stillegungsfond fehlen 11,5 Milliarden Franken. Trotzdem wird der Atomstrom unter dem Preis verkauft.
    Eine Haftpflicht gibt es auch nicht, das Kernenergiehaftpflichtgesetzt regelt nur die Art und Weise des Haftungsausschlusses.
    Die pseudoliberalen Profiteure wollen diese Subventionen einfach nicht sehen.
    Vorschlag: AKW alle sofort abschalten, dies bringt einen besseren Strompreis und das Risiko von Strahlenschäden wird gemindert.
    Ist es Korruption oder nur Kollektivismus? Es profitieren jedenfalls die falschen und bezahlen müssen ebenso die falschen, und zwar zum groosen Teil ungefragt!
    Toll: Guggenbühls Kommentar hat es auf die Titelseite unsrer Zeitung gebracht! Ist das ein Zeichen für neue Einsichten oder ist es nur ein Versehen? Besten Dank, jedenfalls!

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