Kommentar
Zypern: Bankgläubiger geschont, Sparer geschröpft
Die Finanzminister der Euro-Zone sind noch heute, fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise, ausser Stande, gegen zahlungsunfähige Banken ein ordentliches Konkurs- oder Insolvenzverfahren einzuleiten. «Too big to fail» gilt auch heute noch – diesmal profitieren die Besitzer und Gläubiger von Banken in der Republik Zypern: Die Bank-Aktionäre bleiben ungeschoren und die Besitzer von Bank-Obligationen dürfen weiterhin ihre Zinsen kassieren und erhalten nach Ablauf ihr Kapital voll zurück. Zu diesem Zweck erhalten die Banken zehn Milliarden Euro vom Euro-Krisenfonds ESM. Es wird einmal mehr Geld aus dem Nichts geschaffen – das Risiko tragen alle Sparer, Steuerzahler und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Europas in Form von drohender Hyperinflation, Steuererhöhungen und Massenarbeitslosigkeit.
Kleinsparer verlieren sofort 6,75 Prozent ihrer Bankguthaben
Wer in der Republik Zypern sein Erspartes nicht unter der Matratze versteckt, sondern auf einem Bankkonto deponiert hat, verliert jetzt über Nacht 6,75 Prozent seines Guthabens. Die EU-Finanzminister nennen es eine «einmalige Stabilitätsabgabe» und verletzen unverfroren ihr Versprechen, dass in der EU alle Bankguthaben bis zu 100’000 Euro garantiert seien.
Hätte man die Sparguthaben wie einmal versprochen bis zu 100’000 Euro verschont, wäre auf den Guthaben über 100’000 der Reicheren Euro ein höherer Abschreiber erforderlich gewesen als die jetzt beschlossenen 9,9 Prozent. Der deutsche Finanzminister Schäuble hat nach eigenen Angaben in der ARD vergeblich versucht, Sparguthaben bis zu 100’000 Euro nicht anzutasten. Doch andere hätten «Grossinvestoren» nicht zu stark abschrecken wollen.
Für Fehlinvestitionen der Finanzbranche müssen Sparer bluten
Griechisch zypriotische Banken hatten besonders viele griechische Wertpapiere gekauft, obwohl sie gewusst haben oder als hoch bezahlte Risiko-Spezialisten hätten wissen müssen, dass die griechische Wirtschaft und Finanzbranche hohe Risiken bergen. Das gleiche gilt für deutsche, französische und Schweizer Finanzinstitute, welche in griechische, portugiesische oder spanische Staatspapiere investierten. Doch statt sie für ihre Fehlinvestitionen zu bestrafen, wurden fast alle Banken gerettet.
Bestraft werden Sparer, die für ihr Geld keine Zinsen mehr erhalten, und Bürgerinnen und Bürger, welche Sparübungen der Staaten zu spüren bekommen – im Ausland ungleich drastischer als in der Schweiz.
—
DRINGEND NÖTIGE MASSNAHMEN
Folgende Forderungen sind eine Diskussionsgrundlage.
- Finanztransaktionssteuer: Zum Beschaffen des nötigen Geldes für Sozial- und Beschäftigungsprogramme sowie für zukunftsgerichtete Investitionen eine Steuer auf sämtlichen Kapital- und Devisentransaktionen in allen europäischen Ländern einführen. Eine Finanztransaktionssteuer würde die Realwirtschaft kaum beeinflussen, doch die Lobby der Finanzindustrie wehrt sich dagegen.
- Strikte Regulierung der Schattenbanken: Es handelt sich um Hedge Fonds, Versicherungen, Industriekonzerne oder Immobilienfinanzierer, die ein Volumen von über 40 Milliarden Euro abwickeln, ohne sich auch nur an die bestehenden Bankengesetze zu halten.
- Bankenpleiten möglich machen: Auch Grossbanken und Konzerne müssen für ihr Geschäftsrisiko gerade stehen und bankrott gehen können. Die Staaten haben gesetzlich dafür zu sorgen, dass sie Konkurse auch von grossen Banken und Versicherungen ohne gravierende Folgen für die ganze Wirtschaft abwickeln können.
- Garantie der Bankeinlagen: Eine stark verbesserte Garantie aller Bankeinlagen wird einen Run auf Banken am ehesten verhindern. IWF-Chefin Christine Lagarde schlägt ein europaweites Einlageversicherungs-Programm vor. Dazu bräuchte es allerdings Zustimmung sämtlicher Parlamente. In der Schweiz sind pro Bank 100’000 Franken Privateinlagen vom Staat garantiert, jedoch nur bis zu einer Gesamtsumme von 6 Milliarden Franken. Bei Banken-Pleiten ist dieser Betrag schnell aufgebraucht.
- Schuldenschnitte: Staaten, welche die Zinsen auf den ausgegebenen Staatsanleihen nicht mehr zahlen können, sollen rechtzeitig einen Schuldenschnitt vornehmen (ohne aus dem Euro auszutreten). Drohende Schuldenschnitte würden Staaten, die ihr Haushaltsdefizit nicht in den Griff bekommen, zu internen Spar- und Rationalisierungsmassnahmen zwingen, weil sie neue Staatsanleihen nur zu hohen Zinsen ausgeben könnten. Keine «Troika» müssten einem solchen Land irgendwelche Massnahmen befehlen.
—
Siehe auch:
- «Endlich kommen Aktionäre doch zur Kasse» vom 26.3.2013. Die Kleinsparer mit bis zu 100’000 Euro auf einem Anlagekonto werden verschont.
- «Der grösste Raubzug der Geschichte». Seit 2008 haben Staaten und damit die Steuerzahler viele Grossbanken gerettet. Was seit 2008 passiert ist, darf man nie vergessen. 2.8.2012
- «Regierungen sind Geiseln der Finanzwirtschaft». Die Macht der Finanzlobbys ist zu gross. Deren Interessen setzen Regierungen und Parlamente gegen die eigene Bevölkerung durch. 5.8.2012
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Ausgezeichnete Analyse von Gasche. In Europa wie auch in der Schweiz setzen die Interessenvertreter der Finanzindustrie die Interessen weniger superreicher Kapitaleigner gegen Kleinsparer, das heisst gegen den Mittelstand, durch. Die Angelegenheit Zypern ist brandgefährlich, sie hat das Potenzial bei südeuropäischen Kleinsparern einen Bankensturm auszulösen.
Ich empfehle zu diesem Thema unbedingt die Seite von Lyndon La Rouche resp. Büso
Bürgerrechtsbewegung Solidarität http://bueso.de/node/6321 wo u.a. sein Trennbankensystem/Glass Steagall erklärt wird.
Norbert Andres