Kommentar
UBS, Universität Zürich, Sponsoring, Inderbitzin
Am letzten Donnerstag haben 27 Professoren und Autoren davor gewarnt, dass das zunehmende Universitäts-Sponsoring durch Banken und andere Konzerne eine «Gefahr für die Unabhängigkeit der universitären Forschung und Lehre» sei.
Das wollte Volkswirtschaftsprofessor Werner Inderbitzin nicht gelten lassen und fordert die Konzerne in der heutigen «NZZ am Sonntag» vielmehr auf, statt Sportanlässe künftig vermehrt Lehre und Forschung zu sponsern: «Es ist zweifellos nützlicher, wenn sich Unternehmen finanziell für die Bildung engagieren, statt Millionenbeträge ins Spass- und Event-Sponsoring zu investieren».
Inderbitzin ist heute Präsident des Technorama Winterthur, das Sponsorengelder entgegennimmt. Und zwar prozentual mit rund zehn Prozent etwa gleich viel wie heute im Durchschnitt die Universitäten und Hochschulen. Inderbitzin verteidigt also Sponsorengelder auch im eigenen Interesse.
Unterste Trickkiste
Von einem Professor würde man allerdings erwarten, dass er dies erstens deklariert, und dass er zweitens mit Fakten und lauteren Mitteln argumentiert. Doch Inderbitzin erwähnt seine eigenen Sponsorengelder nicht, und er greift beim Argumentieren zur untersten Trickkiste:
Unterstelle eine extreme, nie geäusserte Position
Regel 1: Unterstelle der Gegenseite eine extreme, erfundene Position, und kontere diese umso vehementer.
Im konkreten Fall: Die 27 Professoren und Autoren haben in ihrem «Zürcher Appell» erklärt, das Sponsoring berge eine «Gefahr für die Unabhängigkeit der universitären Forschung und Lehre». Auf die Gefahr geht Inderbitzin nicht ein, sondern unterschiebt den 27 Kolleginnen und Kollegen, sie hätten behauptet, dass jedes Sponsoring in jedem Fall automatisch zu einer Abhängigkeit führe: «Dass die Hochschule zwingend ihre Unabhängigkeit verliert, ist weltfremd.» Nur: Das hat auch niemand je behauptet. Der Vorwurf der «Weltfremdheit» fällt also auf Inderbitzin zurück. Sein arglistiges Argument nahm die «NZZ am Sonntag» sogar in den Untertitel auf.
Ignoriere die besten Argumente
Regel 2: Ignoriere die besten Argumente des Gegners.
Im konkreten Fall: Die 27 Professoren und Autoren beanstanden in ihrem Appell, dass die Leitung der Universität Zürich im April 2012 mit den Spitzen der UBS über das Sponsoring von 100 Millionen Franken für die Platzierung eines «UBS International Center of Economics in Society» innerhalb des universitären Raumes einen «geheimen» Vertrag abgeschlossen hat: «Weder der Citoyen noch die an der Universität Forschenden und Lehrenden sind dazu befragt worden.»
Auf diesen Kernpunkt der Kritik geht Inderbitzin nicht ein und beanstandet die geheim gehaltenen Klauseln dieses Deals nicht. Im Gegenteil: Er tut so, als ob Sponsoring-Verträge inklusive Kleingedrucktem stets für alle einsehbar auf dem Tisch lägen. Es handle sich um «klare, transparente und einklagbare Verträge, welche die Unabhängigkeit und Freiheit der Hochschule nicht tangieren». Doch das Gegenteil von Transparenz ist die Regel: Die Öffentlichkeit erfährt nur in den seltensten Fällen, welche Unternehmen und Konzerne wie viel für was und unter welchen Bedingungen gesponsert haben.
Auch das «ethische Verhalten» eines Spenders würde geprüft, betont Inderbitzin weiter (die UBS hat diese Prüfung offensichtlich bestanden). Der Professor beruhigt: «Keine Hochschule würde die Spende eines Drogenkartells annehmen!». Auch dies hat wohl niemand je behauptet.
Die Argumentation des Technorama-Präsidenten ist dumm, arglistig und vorgetäuscht naiv: Kein Konzern verschenkt Millionen. Würde ein Konzern aus Wohltätigkeit so viel Geld verschenken, könnten dessen Aktionäre die Leitungsorgane sogar wegen ungetreuer Geschäftsführung einklagen. Sponsoren rechnen mit einem direkten Nutzen und erwarten eine klare Gegenleistung, ob sie nun Sportanlässe oder Universitäten und Hochschulen finanzieren.
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Siehe «Appell gegen Wissenschaftssponsoring durch UBS» vom 2. März 2013.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Die Sponsorengelder der Universitäten sind im Vergleich mit der ETH noch bescheiden. Die teure Forschung der ETH kann aus Bundesmitteln gar nicht mehr finanziert werden, denn der Bund hat seine Zahlungen seit ca. 15 oder 20 Jahren nicht mehr erhöht. Will die ETH ihren international ausgezeichneten Ruf erhalten, ist sie gezwungen, sich sehr aktiv um Sponsoren zu bemühen.
Da zeigt sich eine hässliche Kehrseite einer Politik fortgesetzter Steuersenkungen bei steigenden Ausgaben.