Kommentar

Pokerspiel um Interessen, Energie und Geld

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  In der Vernehmlassung hagelte es Kritik an der Energiestrategie. Eine Abfuhr für den Bundesrats? Nein, das gehört zum Spiel.

Die Vorlage zur Energiestrategie 2050 ist höchst umstritten: Naturfreunde fordern hundert Prozent Naturstrom ohne Schmälerung des Naturschutzes. Stromverkäufer setzen auf Gaskraft und Importstrom ohne Rücksicht aufs Klima. Die Economiesuisse bekämpft die Vorlage des Bundesrates frontal und malt mit ihrem am Mittwoch veröffentlichten Parteigutachten den Untergang der Wirtschaft an die Wand. Muss der Bundesrat seine Energiestrategie deswegen shreddern, bevor sie das Licht des Parlamentes erblickt? Muss er nicht. Und wenn er es täte, so verkennte er das Wesen der Vernehmlassung.

Denn beim Vernehmlassungsverfahren geht es darum, dass die Regierung alle Einwände kennen lernt und sie gegeneinander abwägen kann. Darum pokern die Lobbies – um ihre Sache, ihre Interessen und ums Geld. Darum klaffen die Meinungen im Vernehmlassungsverfahren viel weiter auseinander als im Parlament, das einen Ausgleich suchen und eine Lösung finden muss.

Der Rückzug einer Vorlage empfiehlt sich nur, wenn eine deutliche Mehrheit diese ablehnt. Doch das ist hier nicht der Fall: Die Wirtschaftsverbände samt SVP- und FDP-Mehrheit, die den Atomausstieg und die Energiestrategie generell ablehnen, bilden die Minderheit. Die Mehrheit von Kantonen, Parteien und Verbänden hingegen sagt zur Energiestrategie «Ja, aber». Dabei halten sich die «Aber», welche die Vorlage des Bundes verschärfen, und jene, die sie abschwächen wollen, in etwa die Waage. Die Vorlage des Bundesrates steht somit komfortabel in der Mitte – was nicht heisst, sie liesse sich nicht verbessern (siehe «infosperber-Kommentar: «Erst kommt die Bürokratie, später der Markt»).

In den letzten Jahren haben Regierung und Parlament klare Beschlüsse gefällt: Neue Atomkraftwerke werden verboten. Der CO2-Ausstoss ist zu senken. Atomstrom und fossile Energie müssen eingespart und mit erneuerbarer Energie ersetzt werden. Diese Beschlüsse gilt es jetzt konsequent umzusetzen. Denn die Wende unserer Energieversorgung, die heute auf Ausbeutung der Natur basiert, lässt sich nicht aufhalten: Entweder wendet unsere Politik diesen Trend. Oder die zunehmenden Energieprobleme werden uns und unsere Gesellschaft verändern.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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