Kommentar

Bankangestellte: Verkauft und verraten

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine. René Zeyer, ist Autor des Bestsellers «Bank, Banker, Bankrott». Er arbeitete als Journalist für den ©

René Zeyer /  Nach den Kunden müssen auch die Mitarbeiter über die Klinge springen.

Fürsorgepflicht ist nur noch so ein Wort. Denn wenn es darum geht, den eigenen Hals zu retten, kennen Schweizer Bankmanager keine Gnade.

Ein Boss der Crédit Suisse (CS) lässt sich freies Geleit zusichern und fliegt mit einer Armada von Anwälten in die USA. Dort handelt er einen Deal aus, der seine zukünftige Reisefreiheit garantiert, unerlässliches Requisit, um die Karriereleiter weiter hinaufzusteigen.
Gleichzeitig liefern diverse Schweizer Banken, darunter die CS, die Bank Bär oder die HSBC Suisse, die Namen von Tausenden von Mitarbeitern an die US-Behörden aus. Von allen, die jemals auch nur im entferntesten etwas mit US-Kunden zu tun hatten. Und sei es nur, dass sie per cc in ein Mail einkopiert wurden.

Alles strikt legal

Natürlich erfolgt dieser Verrat an den eigenen Mitarbeitern strikt legal. Mit vier gegen drei Stimmen segnete das der Bundesrat am 4. April dieses Jahres ab, denn in der Schweiz gilt immer noch Artikel 271 des Strafgesetzbuches, der untersagt, «für einen fremden Staat auf schweizerischen Gebiet Handlungen vorzunehmen.» Kleine Finesse: «ohne Bewilligung».
Man kann sich vorstellen, wie die Stimmung unter den Mitarbeitern dieser Banken ist, die «täglich hervorragende und aufopferungsvolle Tätigkeit für ihre Kunden leisten», wie Schwätzer Köppel und viele andere nicht müde werden zu wiederholen. Die wird allerdings nicht «von den Ausschweifungen einiger weniger Exponenten überschattet», wie der wirtschaftliche Laie fortfährt. Sondern diese Mitarbeiter müssen zur Kenntnis nehmen, dass sie in einem zutiefst kranken, verrotteten und bis ins Mark verfaulten Banksystem arbeiten.

Noch nie dagewesen

Der kleine Angestellte einer Fabrik, die Asbest herstellt, der Tanklastwagenfahrer, der im Auftrag seines Arbeitgebers toxische Abfälle in den Fluss kippt, sie müssen nicht mit Verfolgung rechnen, wenn sie von ihren Chefs damit beauftragt und beruhigt wurden, dass das völlig in Ordnung und legal sei, Widerspruch zudem mit Entlassung beantwortet würde. Sie müssen noch viel weniger damit rechnen, dass ihre Namen ohne ihr Wissen an eine US-Umweltschutzbehörde ausgeliefert werden. Anders im Banking. Ganz anders.

Fürsorgepflicht?

Wer einmal vor Jahren an einem Fondsgebastel beteiligt war, das dann im Portefeuille eines US-Kunden einer Schweizer Bank landete. Wer einmal im Rahmen seiner Tätigkeit im Back Office eine Auskunft an einen Ami-Kunden erteilte. Wer einmal vor Jahren auf Anfrage eine der vielen schönen Hochglanzbroschüren eintütete und in die USA schickte. Wer als Assistent eines Private Bankers schöne Geburtstagsgrüsse an einen Gringo-Kunden ausrichtete.
All die müssen sich jetzt fragen, ob es wirklich eine gute Idee war, diesen Sommer Familienferien im Disneyland in Orlando gebucht zu haben. Ihr fürsorglicher Arbeitgeber, die Gierbank, teilt ihnen auf Anfrage höchstens mit, dass im Zweifelsfall vor Reisen ins Ausland und vor allem in die USA abzuraten sei. Und das Reisebüro antwortet, dass «ich hab Schiss» leider kein Annullierungsgrund sei.

Der wahre Abgrund

Es geht längst nicht mehr darum, mit wie vielen blauen Augen und mit wie viel Milliarden Bussen die Schweizer Banken aus der Aufbewahrung von unversteuerten Vermögen herauskommen. Unterwegs dahin schleifen sie ihre Existenzgrundlage. Die beruht nämlich bis heute, so erstaunlich das auch für einen Investmentbanker sein mag, auf Vertrauen und Loyalität. Auf dem Vertrauen des Kunden und der Loyalität der Mitarbeiter.
Die UBS führte bereits vor, dass den Kunden gegebene Versprechen nichts wert sind, wenn es darum geht, dass sich ihre Bosse der persönlichen Strafverfolgung entziehen wollen. Viele weitere Banken werden diesem Beispiel noch folgen. Und diverse im Feuer der USA stehende Banken führen aktuell vor, dass ihnen die Fürsorgepflicht für ihre Angestellten völlig egal ist, wenn es darum geht, dass ihre Bosse die eigene Karriere und den Zugang zu den Bonustöpfen bewahren wollen.

Die Kollateralschäden

Da eine Schweizer Bank als Geschäftsgrundlage nicht das wilde Gehampel von im roten Bereich drehenden Investmentbankern hat, sondern Stabilität, Tradition, Seriosität, Vertrauen und gesittetes Verhalten gegenüber den eigenen Mitarbeitern, liegt hier die wahre Gefahr für die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz. Ablasshandel für Sünden aus der Vergangenheit ist eine vorübergehende Erscheinung. Ein Kollateralschaden, in seinen Auswirkungen finanziell und zeitlich beschränkt.
Aber der skrupel- und verantwortungslose Umgang mit fundamentalen Werten beinhaltet die ernsthafte Gefahr, dass vom Finanzplatz Schweiz nur ein Trümmerhaufen bleiben wird. Dass der Bundesrat dazu immer wieder Hand bietet, ist klägliches Politikversagen.
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Dieser Beitrag erschien zuerst auf Journal21.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. René Zeyer, ist Autor des Bestsellers «Bank, Banker, Bankrott». Er arbeitete als Journalist für den «Stern», «Geo», «FAZ», «Das Magazin», «Schweizer Illustrierte» und war mehrere Jahre Auslandkorrespondent der «Neuen Zürcher Zeitung». Als langjähriger Kommunikationsberater in der Finanzbranche gehört er zu den Insidern. Zeyer lebt in Zürich.

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Eine Meinung zu

  • am 20.07.2012 um 11:54 Uhr
    Permalink

    Traue niemals einer Bank:
    Sich selber macht sie reich, Dein Konto aber krank!

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