Kommentar
Atompoker mit Iran: Alle müssen etwas anbieten!
Nun reden sie also wieder miteinander, die Iraner und die Regierungsdelegierten der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates plus Deutschland. Das Treffen in Istanbul verlief «konstruktiv und nützlich», man wird sich am 23. Mai in Bagdad wieder sehen.
So weit so gut – aber wird man weiter kommen beim Versuch, eine Einigung im so genannten Atomstreit mit Iran zu finden? Iran beharrt auf dem Recht auf eine Weiterentwicklung seiner Nukleartechnologie zu friedlichen Zwecken; die USA und Westeuropa unterstellen der Führung in Teheran, sie treibe all das nur deshalb voran, weil sie eine Atombombe kon-struieren wolle. Und die Bombe stelle dann eine tödliche Bedrohung Israels dar, wird im Einklang mit dem israelischen Premier Netanyahu erklärt.
So viel zum Stimmungsumfeld. Nun wird wohl niemand behaupten, die Welt würde sicherer, hätte Iran die Atombombe. Ob Iran tatsächlich danach strebt, bleibt allerdings offen – viel deutet darauf hin, dass die iranische Führung möglicherweise zwar eine Schwelle der atomaren Technologie und Entwicklung anvisiert, von der aus im Notfall rasch eine Bombe gebaut werden könnte. Und Notfall heisst für die Iraner, falls sie durch Israel und / oder die USA attackiert würden.
Traumatisiert vom Krieg mit dem Irak
Es mag in den Führungsetagen in Teheran auch andere Stimmen geben, jene von Hardlinern, aber sie sind, liest man die Texte im Original, derzeit sicher noch in der Minderheit. Generell ist Iran bis weit hinauf in die Führungsgarde noch immer traumatisiert vom letzten Krieg, jenem mit Irak (1980 bis 1988), der mindestens 500’000 Tote und materielle Schäden in der Höhe von wahrscheinlich tausend Milliarden Dollar gekostet hat. Die Bevölkerung trauert noch heute intensiv um die jungen Männer, die in den Minen- und Schlachtfeldern gestorben sind.
Nun fordert das westliche Ausland (in Teilfragen unterstützt von Russland) von der iranischen Regierung «Garantien» dafür, dass sie wirklich nicht auf die Entwicklung einer Atombombe zusteuere. Iran kontert, man habe doch schon alle vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags erfüllt, habe auch Inspektionen durch die Fachleute der Internationalen Atomenergie-Agentur zugelassen.
Massstab mit zwei Ellen
Im Prinzip ist das korrekt. Allerdings hat Iran jenes Zusatzprotokoll nicht ratifiziert, das ü-berall Inspektionen mit Voranmeldung von mindestens zwei, maximal 24 Stunden vor-schreibt. Nur: dieses für eine effektive Kontrolle entscheidende Protokoll haben auch die USA, hat auch China nicht ratifiziert. Und drei Atommächte, nämlich Israel, Pakistan und Indien, sind nicht einmal dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten, müssen also selbst ober-flächliche Kontrollen nicht erlauben. Und haben keine Konsequenzen von seiten der tonan-gebenden Westmächte zu befürchten!
Will man mit Iran auf konstruktive Weise ins Gespräch kommen, darf man nicht nur fordern, sondern muss auch etwas anbieten. Wenn nicht, werden auch die nächsten Atomgespräche scheitern. Was kann angeboten werden?
Die Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen an erster Stelle. Eine entsprechende Zusage, einen «Deal» dieser Art, gibt es bisher nicht – alles, was mündlich vorgebracht wurde, sind vage Versprechen.
Wesentlicher noch wäre, meine ich, eine Erklärung, dass man die Führung Teherans nicht länger als «illegitim» betrachtet. Da hätte die US-Administration, wäre sie wirklich an einer Entspannung interessiert, Nachholbedarf. Mit der von der einen zur nächsten US-Regierung übernommenen Illegitimitäts-Formel geben die USA ja zu verstehen, dass ihr Ziel ein Regime-Wechsel in Iran ist. Getreu dem in Irak erprobten Muster. Und im Widerspruch zur US-Politik, beispielsweise, gegenüber Nordkorea. Als dessen Regime sich im Jahr 2006 zur Atombombe «bekannte», erklärte US-Präsident George W. Bush umgehend, man werde alle hängigen bilateralen Probleme nie mit militärischer Gewalt, sondern lediglich durch Diplomatie lösen. Ist Nordkorea nun ein verlässlicherer Partner als etwa Iran? Da sind Zwei-fel wohl angebracht.
Gewiss, nicht nur die westlichen Gesprächs- oder Verhandlungspartner beim so genannten Atompoker müssen Zugeständnisse (d.h. klare Offerten) machen. Iran muss, soll es zu einer positiven Wende kommen, die antiwestliche Rhetorik beenden und klar stellen, dass seine nuklearen Anlagen wirklich keine militärischen Ziele haben.
Machtverschiebungen
Ob das alles letzten Endes zur Entspannung führen wird, bleibt offen. Iran will ja als regional wesentliche Macht anerkannt werden, und dieser Anspruch führt direkt zur Rivalität mit Saudiarabien. Religiöse Differenzen spielen da eine gewisse Rolle (Schiiten in Iran, wahhabitische Sunniten in Saudiarabien), aber sie werden oft recht künstlich den wirtschaftlichen Interessens-Gegensätzen und den Einflusszonen (Afghanistan, Irak) überlagert. Konkret: Iran kann entscheidend werden bei der Ölpreisgestaltung, kann sich möglicherweise auch den Wünschen der Saudis (und der USA) entgegenstellen, wenn es um die Quoten, um die Fördermenge geht. Das wollen die Regierenden in Riad und in Washington abblocken.
Saudiarabien ist, was die Erdölpolitik betrifft, derzeit noch Führungsmacht. Versucht man jedoch, in die nähere Zukunft zu schauen, muss man wohl konstatieren: in der Region des Mittleren Ostens wird in einigen Jahren nicht nur die Ölfördermenge für das Gewicht eines Staates entscheidend sein, sondern auch dessen Industriepotential und dessen Bevölkerungs-grösse. Saudiarabien hat jetzt etwa 27 Millionen Einwohner, Iran 78 Millionen. Also fast drei Mal mehr. So wird es, verhältnismässig, auch in etwa zehn Jahren sein: Iran 100 Millionen, Saudiarabien gut 30 Millionen. Und dem entsprechend wird, letzten Endes, das eine Land wichtiger als das andere sein.
Man darf Iran nicht umgehen, nicht ignorieren. Und man kann (muss) mit der Führung in Teheran in ein konstruktives Gespräch kommen. Im Interesse Aller.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Israel und Iran – Atomare Konfrontation?
Das ist es, was unter keinen Umständen eintreffen darf.
Einerseits würde es würde Israel gut anstehen, die Landdiebstähle
einzustellen, die Menschenrechte zu respektieren. Und einiges mehr.
Anderseits wurde das jüdische Volk Opfer von Pogromen und
schliesslich des Holocaust, bevor man ihm mangelnde
Friedensliebe, Siedlungsbau und und und vorwerfen konnte.
Israel ist in einer misslichen Lage. Es muss sich vor einem
tieferliegenden, kaum wegzuschaffenden und unberechenbaren
antisemitischen Hass fürchten.
Die schlimmste denkbare – und total instabile – Situation wäre die,
dass sich Israel und Iran als atomgerüstete Mächte gegenüberstehen.
Das Problem wäre nicht, dass der eine Staat den andern angreifen
wollte. Das Problem wäre dass jeder der beiden Staaten gleichermassen
denken würde, er müsse mit einem sofortigen als defensiv
begründeten Erstschlag einem gegnerischen Erstschlag zuvorkommen.
Selbst dann, wenn beide Staaten annehmen müssten dass sie beide
dabei zugrunde gehen.
Israel würde befürchten dass zB Ahmadinedschad – wie angekündigt –
Israel auslöschen wollte.
Iran würde befürchten, dass Israel – wie ebenfalls angekündigt –
eine iranische Erstschlagfähigkeit auslöschen würde.
Ein Erstschlag in dieser Situation wäre wohl nicht mit begrenzten
Zielen machbar. Man würde möglicherweise einen Abombenkrieg
anzetteln unter dem «Sachzwang» dass eine Zweitschlagvergeltung
zu vereiteln ist.
Dazu darf es unter keinen Umständen kommen.
So wie die Dinge jetzt stehen würde Iran mit ABomben seine
Sicherheit nicht verbessern sondern ruinieren.
Es ist keine Frage von Gerechtigkeit und Ethik.
Israel könnte jetzt einen konventionellen und streng zB auf
48 Stunden begrenzten Angriff führen, mit dem Ziel, die
iranische ABombe um 2 bis 4 Jahre zu verzögern. Mehr nicht.
Israel hat kontrollierte begrenzte Angriffe schon durchgeführt.
Es könnte sein, dass der Iran bald auf die ABombe verzichtet.
Ein grösseres Kriegsziel auch jetzt mit konventionellen Mitteln
würde die Gefahr einer unbeherrschbaren Eskalation mit
unabsehbaren Folgen mit sich bringen.
Ein Kampf um Hormuz könnte zB dazu führen, dass ABomben
aus Pakistan zu Terroristen gelangen.