Kommentar

Das Verursacherprinzip bleibt auf der Strecke

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Mit seiner neusten Vorlage zur Finanzierung des Verkehrs schont der Bundesrat die Kantone, Pendler und Arbeitsplatz-Anbieter.

Pendeln macht unglücklich. Das bestätigt die Glücksforschung. Das Unglück betrifft nicht nur die Leute, die im Stossverkehr zur Arbeit fahren. Sorgen bereitet der wachsende Pendelverkehr auch den Finanzplanern. Denn die morgendliche und abendliche Verkehrsspitze bestimmt den Takt zum Ausbau von Strassen und Schienen, deren Auslastung in Normal- und Randzeiten abnimmt. Damit steigen die Defizite – vor allem im Bahnverkehr.

Auf diese Entwicklung kann der Staat auf zwei Arten reagieren: Entweder forciert er den Ausbau der Verkehrskapazität und belastet die Kosten den Verursachern. Dazu müssten die Bahnen ihre Abo-Tarife erhöhen und der Bund die Steuerabzüge senken. Oder der Staat verzichtet auf die Steigerung des Angebotes und lässt die wachsende Zahl an Pendlern im Gedränge stehen.

Vor einem Jahr wählte der Bundesrat den ersten Weg: Er präsentierte eine Vorlage, die das Bahnangebot vergrössert. Um den Ausbau zu finanzieren, erhöhte er die Trassegebühren und damit indirekt die Bahntarife. Zudem senkte er die Steuerabzüge für Pendler und bat obendrein die Kantone mit 300 Millionen Jahresbeitrag zur Kasse. Das löste breiten Protest aus: Die Kantone, die immer mehr Bahnbauten fordern, bekämpften den Kantonsbeitrag, und die Konsumentenschützer brandmarkten den Steuerabzug als «Pendlerstrafe».

Jetzt krebst die Regierung zurück: Sie senkt den Beitrag der Kantone zu Gunsten eines höheren Bundesbeitrags und erhöht den Steuerabzug für Pendler – von maximal 800 auf 3000 Franken. Doch Unzufriedenheit bleibt: SBB und Kantone fordern zusätzliche Bahnbauten, Strassenverbände mehr Strassen, und der grüne VCS will mehr Strassengeld auf die Schiene leiten. Grund zur Freude haben einzig die privaten Unternehmen. Denn der Bund verschont sie vor einer Arbeitsplatz-Abgabe. Damit werden Bahnen und Busse ihnen die unglücklichen Pendler weiterhin auf Staatskosten vor die Fabriktore und Bürotüren transportieren. Auf der Strecke bleibt die Kostenwahrheit.


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