Kommentar
Steuerabzüge belohnen das Wohnen im Grünen
Meier wohnt in der gleichen Stadt, in der er arbeitet. Dort bezahlt er seine Steuern, und das nicht zu knapp. Denn in Kernstädten ist der Steuerfuss meist höher als in den umliegenden Gemeinden. Als Städter beansprucht Meier weniger Raum und weniger Energie als der Durchschnitt der Bevölkerung. Obendrein entlastet er die teure Verkehrsinfrastruktur. Das gefällt Raumplanerinnen und Verkehrsökonomen.
Dem Fiskus hingegen (respektive den Leuten, die hierzulande die Finanz- und Steuerpolitik bestimmen) passt das nicht. Der Fiskalstaat belohnt nämlich, wenn Meiers oder Müllers ihre städtische Mietwohnung verlassen, in ein Eigenheim ins Grüne ziehen und von dort in die Stadt zur Arbeit pendeln. Dazu stellt er nicht nur ein hoch subventioniertes Verkehrsangebot bereit. Zusätzlich gewährt er Steuerabzüge für die Kosten der Pendelwege und die Förderung von Wohneigentum; weitere Steuerabzüge verlangt die hängige «Bauspar-Initiative».
Der Auszug ins Grüne vermindert die Siedlungsdichte und erhöht die Autodichte (in den Städten gibt es pro Kopf weniger Autos). Der Auszug ins Grüne fördert den Landverbrauch, den Pendelverkehr und die Verkehrssubventionen. Das missfällt Raumplanern, Naturschützerinnen sowie der Verkehrsministerin. Darum wollte Doris Leuthard den Steuerabzug fürs Pendeln etwas kürzen. Doch ihr Vorschlag stiess in der Vernehmlassung auf strikte Ablehnung. Steuerabzügen sind hierzulande offensichtlich sakrosankt.
Damit bleibt nur eine ausgleichende Vorwärtsstrategie. Mein Vorschlag: Abzugsfähig sollen künftig alle Steuern werden, für die es keinen Abzug gibt.
Geniessen Sie die Natur – solange der Fiskus die Natur noch nicht ganz weggesteuert hat.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine