Der Bund legt vielen Betrieben Steine in den Weg
Eine Event-Firma beklagt infolge der Corona-Krise zurzeit einen Umsatzrückgang von einer Million Franken auf unter 600’000 Franken. Ein ähnliches Schicksal droht einem Gastrobetrieb, der in normalen Zeiten einen Umsatz von rund 500’000 Franken macht, nun jedoch Einbussen von knapp 30 Prozent hat. Solche Szenarien sind gegenwärtig alltäglich. Zahlreiche Betriebe kämpfen um ihr Überleben.
Doch Hilfe erhält längst nicht jeder. So sieht es die neue Härtefallverordnung vor, die der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat. Sie regelt, unter welchen Voraussetzungen der Bund sich an den Massnahmen der Kantone beteiligt. Insgesamt geht es um Hilfen in der Höhe von rund einer Milliarde Franken. Davon wird der Bund 680 Millionen mittragen, den Rest übernehmen die Kantone.
In Anspruch nehmen können die Hilfen in erster Linie Unternehmen, die bereits zwei Jahre auf dem Markt sind. Die Hürden sind zahlreich, welche der Bund den Firmen auferlegt. «Die Härtefallregelung ist tatsächlich ein Bürokratiemonster», sagte Adrian Wüthrich, der Präsident der Dachgewerkschaft Travail.Suisse, kürzlich.
Mindestumsatz von 100’000 Franken notwendig
Wer staatliche Hilfe beanspruchen will, hat zahlreiche Kriterien zu erfüllen: So muss eine Firma beispielsweise einen Umsatzrückgang von mindestens 40 Prozent gegenüber den letzten zwei Jahren ausweisen können. Und der Umsatz muss mehr als 100’000 Franken im vergangenen Jahr betragen haben.
Weiter sieht die Verordnung vor, dass der Betrieb 2019 nicht verschuldet gewesen sein darf. Zudem muss die Firma aufzeigen, dass sie profitabel ist und über einen «Nachweis der Überlebensfähigkeit verfügt», der «glaubhaft aufzeigt», dass die Finanzierung mit der Härtefallmassnahme gesichert werden kann. Nur wer diese und weitere Kriterien erfüllt, kann Hilfe geltend machen.
Für die oben genannte Event-Firma bedeutet das: Beantragt sie vom Staat ein Darlehen, kann sie mit maximal 250’000 Franken rechnen. Darlehen sind begrenzt auf höchstens 25 Prozent des Jahresumsatzes von 2019. Verlangt sie einen A-fonds-perdu-Beitrag, erhält die Firma maximal 100’000 Franken, denn die nicht rückzahlbaren Beiträge belaufen sich auf höchstens 10 Prozent des letztjährigen Jahresumsatzes. Schlechter sieht es für den Gastrobetrieb aus. Dieser wird keinen Rappen erhalten, da er bloss Umsatzeinbussen von rund 30 Prozent hat.
Diejenigen Firmen wiederum, die Hilfe in Anspruch nehmen dürfen, müssen sich voraussichtlich erst einmal gedulden: Denn bis das Geld effektiv fliesst, kann es noch Monate dauern. Verantwortlich dafür sind die Kantone, die selbst entscheiden können, ob Härtefallmassnahmen ergriffen werden oder nicht.
Kritik von allen Seiten
Zahlreiche Organisationen und Parteien kritisierten die Verordnung im Zuge der Vernehmlassung – teilweise mit kleinen Erfolgen. Der Gewerbeverband tadelte beispielsweise die Voraussetzung, dass nur Firmen, die am 15. März 2020 «keine Rückstände» bei der Bezahlung von Steuerschulden oder Sozialabgaben hatten, berechtigt sind, Hilfe beziehen zu dürfen. Er verlangte die Streichung des entsprechenden Absatzes. Mit Erfolg. In der endgültigen Verordnung heisst es nun, dass die Firmen sich «nicht in einem Betreibungsverfahren für Sozialversicherungsbeiträge» befinden dürfen.
In das Visier der Kritik von unterschiedlichen Parteien gerieten auch die definierten Umsatzrückgänge und die Umsatzgrenze. Im Entwurf war noch eine Umsatzuntergrenze von 50’000 Franken vorgesehen. Die SP sowie auch der Gewerkschaftsbund verlangten die Streichung des entsprechenden Absatzes. Der Gewerbeverband plädierte für eine Herabsetzung auf 30’000 Franken, der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse für eine Erhöhung auf 100’000 Franken – letzterer setzte sich durch.
Kleine Unternehmen werden im Stich gelassen
Der Bundesrat begründet diese damit, dass so verhindert werden soll, die «knappen administrativen Ressourcen der Kantone für die Abwicklung von Anträgen von Kleinstunternehmen» zu stark zu beanspruchen. «So fallen einmal mehr kleine Selbstständige und Kleinbetriebe unter den Tisch», kommentierte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer die Erhöhung gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco präzisierte, dass die Kantone auch kleinere Firmen unterstützen dürfen, dafür aber keine Bundesbeiträge erhalten.
Bereits jetzt darf wohl gesagt werden, dass trotz der kleinen Konzessionen weite Teile der Wirtschaft von der Härtefallhilfe nicht profitieren werden – insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs). Die «Handelszeitung» kommentierte dies unlängst wie folgt: «Wie verhindert man Hilfe wirksam? Indem man möglichst viele Hürden aufbaut, damit es erst gar nicht zur Hilfe kommen kann.»
Dazu sagte CVP-Nationalrat Leo Müller: «Es ist brutal, es so zu sagen, aber den Hilfsmassnahmen sind Grenzen gesetzt.» Schliesslich müsse man ehrlich sein, die Corona-Krise werde zum Strukturwandel führen, auch wenn der Staat die Wirtschaft einschränke.
Bund übernimmt grössten Teil der Kosten
Die Darlehen und A-fonds-perdu-Beiträge werden zur Hauptsache vom Bund getragen und sind in zwei Schritte aufgeteilt: Die ersten 200 Millionen vom Bund müssen durch Kantonsbeiträge verdoppelt werden. Bei der zweiten Tranche von 480 Millionen Bundesebiträgen müssen die Kantone zusätzlich 20 Prozent einschiessen. So stehen im Härtefallprogramm gesamthaft rund eine Milliarde Franken zur Verfügung. Die Aufteilung der Bundesgelder an die Kantone wird an die Wirtschaftsaktivität und Bevölkerungsgrösse gekoppelt. Keine Rücksicht nehmen die Kriterien auf die Betroffenheit der Kantone durch die Covid-19-Krise.
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Infosperber-DOSSIER:Coronavirus: Information statt Panik
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Rafael Lutz arbeitet als Redaktor bei der Regionalzeitung «Der Tössthaler» und hat gerade ein Studium der Soziologie an der Universität Freiburg mit dem Master abgeschlossen.
Härtefallregel?
Gibts nur für die Großen.
Due KUM sollen vor die Hunde gehen.
Klaus Schwab the great Reset.
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Da kann man alles erfahren.