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Günther Moewes: «Wenn ihr keine Pyramiden baut, müsst ihr nicht verhungern.» © nomen

Die 4-Tage-Woche ist ein richtiger Schritt

Günther Moewes /  Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist das Gegenteil von «Arbeitsplätze schaffen». Aber dieser Schritt ist noch einer zu wenig.

Nach Keynes, Fritz Vilmar (1977) und Nell-Breuning (1985) fordert nun endlich auch die IG-Metall die 4-Tage-Woche. Sofort sind Konservative und Arbeitgeber auf den Barrikaden: Das gefährde Wohlstand und Arbeitsplätze und lasse sich nicht finanzieren. Die Geschichte lehrt das Gegenteil: Nur weil (!) seit 1870 die Wochenarbeitszeit von 68 auf 41 Stunden verkürzt wurde, hat sich der Wohlstand in den Industrieländern so drastisch erhöht. Nur so wurden die Unternehmer gezwungen, die Produktivität so zu erhöhen, dass Deutschland seinen Mangel an Bodenschätzen durch Exportüberschüsse ausgleichen kann.

Das Gegenteil von Arbeitszeitverkürzung heisst «Arbeitsplätze schaffen». Man sah nicht, dass das ständig steigende BIP immer mehr von Maschinen verdient wurde. Man glaubte vielmehr, man müsse die Verkürzung ständig durch Erfindung und Beschaffung neuer Arbeit kompensieren. Das Ergebnis waren bis zu 60 Prozent überflüssiger Arbeit: man blähte den Handel unnötig auf und transportierte Güter auch in solche Länder, die diese mühelos selbst hätten herstellen können. Der Transportwahn schuf riesige unnötige Verladehäfen, Schiffsvolumina und Verschwendung fossiler Energien. Man förderte den Ferntourismus von zwei Prozent der Weltbevölkerung, produzierte Megatonnen unnötiger Kunststoffverpackungen und Agrargifte, vermüllte Ozeane, vergiftete Böden, verhalf autoritären Regimen zu Weltmachtstatus und brachte so Globus und Klima an den heutigen «Kipppunkt».

Das war allen recht: Konzerne und Anleger konnten das von den Maschinen unnötig verdiente Geld einstecken. Und für die arbeitenden Bevölkerungen wärmte man die ewig-alte alte Pharaonen-Lüge auf: Wenn ihr keine Pyramiden baut, müsst ihr verhungern. Dass ihr Lebensbedarf und Wohlstand auch ohne Pyramiden, Barockschlösser, Waffen, Ferntransportwahn, Kunststoffverpackungen und Gifte hätte gedeckt werden können, und dass deren vermeidbare Produktion ihren Wohlstand verringerte statt erhöhte, ging ihnen nicht auf. Sie sahen nicht, dass jeder vermeidbare Verladehafen viele notwendige Schulsanierungen verhinderte, und jeder unnötige oder schädliche Arbeitsplatz ein die Umwelt rettendes Grundeinkommen.

Fazit: Die 4-Tage-Woche ist ein Schritt in die richtige Richtung. Noch richtiger wäre die konsequente Abkoppelung der Existenzsicherung vom Arbeitszwang, welche für Kapitalanleger ja längst realisiert wurde. Das dann notwendige Grundeinkommen könnte ja bedingungslos sein, ohne es gleich an Millionäre zu zahlen.


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6 Meinungen

  • am 5.01.2021 um 12:56 Uhr
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    Auch wenn das vielleicht grundsätzlich richtig sein könnte. Gewisse Dinge lassen sich nicht einfach wieder abschaffen ohne riesige Kollateralschäden. Alles, was heute «sinnlos» produziert oder als Dienstleistung angeboten wird, gibt einem Milliionenheer von Menschen Arbeit und Lohn. Wie soll man das rückwärts buchstabieren?

  • am 5.01.2021 um 15:08 Uhr
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    Oder: Denk-Pyramiden und Spiralen im Kopf haben noch nie Wohlstand gebracht.

  • am 6.01.2021 um 09:44 Uhr
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    Ausgezeichnet zusammengefasst und den Nagel auf den Kopf getroffen. Jedesmal ist der Aufschrei riesig, wenn diese berechtigte Forderung gestellt wird. Die Faktenlage ist allerdings erdrückend. Wer sich in der modernen Arbeitswelt bewegt, der weiss, dass mindestens 50% der Jobs in Dienstleistung und Verwaltung gestrichen werden könnten, ohne dass dies die Kunden bemerken würden. Diese Stellen werden meistens von Akademikern besetzt, die eigentlich todunglücklich sind und die mit dem Mantra «nur die Hochschule macht Dich erfolgreich» in einen sinnlosen Bürojob gequält wurden. Das Grundeinkommen muss wieder auf den Tisch, die Schweiz hat es ja vorgemacht und da muss man weiterarbeiten.
    Wer sich detailliert mit dem Thema auseinandersetzen möchte, dem sei David Graebers Buch «Bullshit Jobs» dringend ans Herz gelegt, ISBN 978-3-608-98108-7 (nicht nur den berühmte Artikel lesen, sondern das Buch, denn darin gibt es eindrückliche Beispiele zur Sinnlosigkeit vieler Tätigkeiten).

    • am 7.01.2021 um 11:53 Uhr
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      Wie ich in meinem Post oben aufgezeigt habe, sind das keineswegs nur Akademiker. Es geht vielmehr auch um ein Heer von schlecht bezahlten Arbeitnehmenden, die den Unsinn physisch durchführen. Bevor dieses Problem nicht gelöst ist, sind solche Gedankenspiele nichts anders als Theorie. Abgesehen davon, dass auch die Akademiker kaum sofort eine neue Stelle finden, wenn sie Tausenden auf einmal auf der Strasse stehen.

  • am 7.01.2021 um 21:06 Uhr
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    Selbst die klassische Ökonomie hat die Arbeitszeitverkürzung im Rahmen des Produktivitätsfortschritts als angemessene Massnahme für ein wirtschaftliches Gleichgewicht heraus gearbeitet (als Alternative zu Lohnerhöhungen). Da Letztere letztere in den vergangenen Jahrzehnten weit gehend ausgeblieben sind, drängen sich Arbeitszeitverkürzungen geradezu auf. Dabei sind kleine Schritte einer Radikallösung von heute auf morgen zwecks Anpassung vorzuziehen. Worauf wartet die Wirtschaft noch? In den kommenden Jahren jeweils eine Stunde pro Woche und in nicht einmal zehn Jahren ist die Sache gegessen.

  • am 21.01.2021 um 22:12 Uhr
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    Wie alles angefangen hat:

    Martin Luther, der Vater des Arbeitsfetischs
    Bloß kein Müßiggang – das ist auch heute noch das gültige Mantra der Arbeitswelt. Wie 500 Jahre Reformation die Lohnarbeit und den Kapitalismus beflügelt haben.
    Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen», predigte Martin Luther.

    https://www.zeit.de/karriere/2016-11/martin-luther-reformation-arbeit-kapitalismus

    Die Geschichte der Arbeit
    Arbeit bestimmt unser Leben. Die Frage «Was machen Sie denn so?» heißt immer: Was arbeiten Sie? Wir definieren uns über Job, Ausbildung, Beruf. Das war nicht immer so: In der griechischen Antike arbeiteten Sklaven und Frauen, die freien Bürger beschäftigten sich mit Politik und Philosophie.
    Bis ins Mittelalter war Arbeit etwas, das erledigt werden musste. Ein notwendiges Übel, um satt zu werden und über die Runden zu kommen. Man arbeitete hauptsächlich in der Landwirtschaft und lebte buchstäblich von der Hand in den Mund.

    Einem guten Leben stand die Arbeit eher im Weg. Viel lieber feierten die Menschen, tanzten, spielten und sangen miteinander. Bis zu 100 Feiertage im mittelalterlichen Jahr sorgten dafür, dass die Arbeit nicht in den Vordergrund geriet.

    Denn wozu auch mehr arbeiten? Habgier und Gewinnstreben galten als Laster, materieller Wohlstand als Ausdruck sündiger Diesseitigkeit.

    https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/arbeit/die_geschichte_der_arbeit_und_was_sie_heute_bedeutet/index.html

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