Madagaskar: Schaufenster für die afrikanische Katastrophe
Stefan Frey (*1952), der Autor dieses Gastbeitrags, ist seit 1987 in verschiedenen Projekten in Madagaskar tätig und hat seit 2005 aus eigener Initiative und dank Spenden aus der Schweiz das Dorfelektrifizierungsprojekt «Mad’Eole» aufgebaut. Er lebt und arbeitet als Autor in Olten und Diego-Suarez. Publikationen zu Madagaskar: Blätter aus dem Tropenwald, Kurzgeschichten aus Madagaskar, Knapp-Verlag; Die Befreiung, Generationenroman aus Madagaskar, Tredition; Romane: Der Abgang; Strohgold; Twentysix.
Als der Schreibende vor zwei Monaten aus dem ventilierten Untersuchungszimmer in die feuchte Hitze der Hafen- und Provinzhauptstadt Diego-Suarez trat, hatte er einen Zettel mit der Diagnose fièvre typhoïde in der einen und einen Plastiksack mit fünf (!) Medikamenten, darunter zwei Antibiotika, in der anderen Hand. Eigentlich sollte bloss das seit ein paar Tagen anhaltende Bauchgrimmen abgeklärt werden. In einem von der Malaria durchseuchten Land ist Vorsicht am Platz, besonders in der feucht-heissen Regenzeit. Nun also typhoïdes Fieber.
Wenigstens keine Malaria, dachte der ein ungezähltes Mal für einen mehrwöchigen Projekteinsatz im Land weilende Schweizer. Er wartete auf seinen Schwager, der ebenfalls eine Untersuchung – wegen eines hartnäckigen Hustens – hinter sich bringen musste. Nach ein paar Minuten kam auch er mit einem Zettel und einem Plastiksack daher. Er hatte sich ebenfalls von Dr. Romain, gemäss der Sprachregelung im Militärspital Commandant Romain, untersuchen lassen. Auf dem Diagnose-Zettel des Schwagers stand: fièvre typhoïde. Er hatte nur drei Medikamente zu tragen, mehr konnte er sich nicht leisten – keines entsprach jenen in der Handapotheke des Schreibenden.
Covid-19 als Zeitbombe für das Regime
Zwei Monate später, am 1. April 2020, veröffentlicht die angesehene NGO, die Beobachtungsstelle des öffentlichen Lebens in Madagaskar (Observatoire de la vie publique – SeFaFi), eine kritische Beurteilung des madagassischen Gesundheitswesens und äussert schwerwiegende Zweifel an dessen Fähigkeiten im Hinblick auf die Bewältigung der Pandemie. Zehn Tage vorher hatte der Staatspräsident, Andry Rajoelina, in einem pompösen Fernsehauftritt, in Gestus und Wortwahl verdächtig an den zwei Jahre jüngeren Emmanuel Macron erinnernd, offiziell eingestanden, dass das Corona-Virus zwischen dem 11. und 22. März mit Flügen aus Europa gelandet sei.
Die Regionen um die Hauptstadt Antananarivo und um die Hafenstadt Tamatave wurden unter Quarantäne gestellt, der Luftraum seit dem 22. März gesperrt, ebenso die Häfen. Einer neuerlichen Fernsehansprache des Präsidenten zufolge zählt das Land (Stand 2. April 2020) 59 Covid-19-Fälle. Kein Mensch im Land glaubt es, dafür werden die Ausgabestellen für Lebensmittelpakete von Tausenden gestürmt. Bilder vom Massenandrang verspotten die vom Präsidenten – der sich jetzt jeden zweiten Tag über die per Notstandsmassnahme requirierten Medien ans Volk wendet – beschworene Distanzhaltung.
SeFaFi, seit Jahren die einzige unabhängige Beobachtungsstelle für das öffentliche Leben, welche die Missstände in Politik, Verwaltung und Armee (dazu gehört auch die omnipräsente Gendarmerie) bis in die jeweils obersten Führungsspitzen anprangert, weist in ihrer neusten Verlautbarung auf ein zur Kultur gewordenes Phänomen hin: die Korruption. Auch im Gesundheitssystem seien Machtmissbrauch, Veruntreuung und offene Korruption längst zu einer existentiellen Bedrohung geworden. Was selbstredend von der Ärzteschaft zurückgewiesen werde, auch wenn jeder Arzt- und Spitalbesucher das Offenkundige jederzeit bestätigen könne.
Die jahrelange budgetäre Vernachlässigung des Gesundheitssektors habe zudem die Spitäler praktisch ihrer Behandlungsmöglichkeiten beraubt. Ausländische Geldgeber hätten das Schlimmste verhindert, sonst wäre das Gesundheitssystem Madagaskars verschwunden. Angesichts des realen Zustandes der Spitäler in den Städten, wie er vom Schreibenden gerade überprüft werden konnte – von den so genannten «Basisgesundheitszentren» auf dem Land, wo über 80 Prozent der madagassischen Bevölkerung lebt, ganz zu schweigen –, benennt SeFaFi die Katastrophe in sehr dezenten Worten. Neun von zehn Menschen der ländlichen Bevölkerung haben übrigens überhaupt keinen Zugang zum Gesundheitswesen.
Das madagassische Paradox
Die Situation in den Spitälern ist symptomatisch für das komplette Versagen des Staates. Seit 60 Jahren. Seit die Insel von Frankreich unabhängig wurde. Seit «L’énigme et le paradoxe» im Jahr 2017 publiziert wurde, weiss man, dass die grosse Insel mit ihren mittlerweile 25 bis 27 Millionen Menschen nach 60 Jahren ohne kriegerische Auseinandersetzung das einzige Land ist, das in seiner Entwicklung – gemessen am BIP – hinter den Stand von 1960 zurück gefallen ist. Kaum sind erste positive Zeichen für eine Erholung sichtbar, sorgt der nächste Putsch für einen neuerlichen Rückfall in die Zeit davor.
Seit 1994 haben sich 15 Premierminister betätigt. Ausser, dass jeder von ihnen jeweils mit etwa 100 persönlichen Sekretärinnen und Sekretären (die nach dem Regierungswechsel nicht entlassen werden können) ins Amt gehievt wurden, sind keine Spuren ihrer Tätigkeit zu erkennen. Der südkoreanische Botschafter, der übrigens ein paar Jahre als Begleiter seiner bei einer internationalen Organisation tätigen Ehefrau als Hausmann in Genf gelebt hat, bestätigte dieses Paradox indirekt in einem Gespräch über die aktuelle Situation in seinem gegenwärtigen Einsatzland: «Wissen Sie, was mich am meisten schockiert, ist die Tatsache, dass Madagaskar noch Anfang der 70er Jahre unserem Land in allen Belangen voraus gewesen ist.»
Und man weiss, was die Elite in der Hauptstadt Antananarivo natürlich bestreitet, dass das Land seit der Unabhängigkeit von gerade mal 10’000 Leuten kontrolliert wird. Eine Handvoll Clans, die das Land dank eines von Frankreich geerbten Zentralismus in den Händen hält. Nur logisch, wenn ein geradezu endemischer Nepotismus grassiert, der sich am augenfälligsten in der Bevorzugung von Clan-Mitgliedern bei der Vergabe von Beamtenposten zeigt. Nach offiziösen Schätzungen treiben rund 23’000 Phantom-Beamte ihr Unwesen. Die Tatsache, dass allein im Kommunikationsministerium – verantwortlich in erster Linie für die Gleichschaltung der Medien – 1’900 Beamte versorgt werden, erzeugte in den höheren Sphären von Regierung und in der Öffentlichkeit ein müdes Lächeln.
60 Jahre aktive Sterbehilfe aus dem Ausland
60 Jahre Unabhängigkeit. Das sind auch 60 Jahre Entwicklungshilfe. An vorderster Front war dabei die Schweiz, die schon in den frühen 70er Jahren ihre Kompetenz beim Waldschutz eingebracht hatte und später mit zahlreichen Projekten an der Verbesserung der Infrastruktur (Strassen), in der Bildung (Ausbildung von Ingenieuren) und in der Dezentralisierung demokratischer Strukturen half. Madagaskar war bis in die 90er Jahre Schwerpunktland der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA. Bis dahin gab es kaum einen schweizerischen Forststudenten oder eine Geographiestudentin, die nicht davon geträumt hätte, das «Real-Labor» Madagaskar zum Gegenstand von Forschung oder Praktikum zu nehmen.
Die Schweiz hat rund eine halbe Milliarde an Steuergeldern in die Unterstützung des Landes gepumpt. Ausser einer Forstgesetzgebung, die zwar den Stempel der Schweiz trägt, aber in Wirklichkeit durch fortgesetzte Plünderung und Abholzung der Primärwälder zur Makulatur geworden ist, ist von den Schweizer Millionen genauso wenig zu sehen, wie von den geschätzten zweihundert Milliarden, die von der internationalen Gemeinschaft in den letzten 60 Jahren auf die Insel geschaufelt wurden.
Dafür überleben 92 Prozent der Bevölkerung mit weniger als zwei Dollar pro Tag und das Land belegt den fünften Platz auf der Rangliste der ärmsten Länder. Vor Madagaskar rangieren nur noch Südsudan, Burundi, Malawi oder etwa die Zentralafrikanische Republik. Auf dem Land haben nur rund sieben Prozent Strom (in den wenigen grossen Städten sind es bis zu 50 Prozent), nicht einmal die Hälfte hat Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Hälfte der Kinder unter 15 Jahren ist mangelhaft ernährt, die Hälfte der unter 5-Jährigen ist chronisch unterernährt. Eine soziale Zeitbombe.
Das Bildungssystem «produziert» massenhaft Unwissenheit, ein Drittel der Lehrkräfte auf Primarschulstufe hat selber keinen oder einen gefälschten Schulabschluss. Die noch wenigen funktionierenden Bildungsinstitutionen sind allesamt von kirchlichen Sozialwerken finanziert. Daneben blüht ein gottserbärmliches Sektenwesen, das – in der Regel von US-amerikanischen Evangelikalen gesteuert – den Ärmsten noch den letzten Sous aus der Tasche zieht.
Wenn es in Afrika eines einzigen Beweises für das Totalversagen der öffentlichen so genannten Entwicklungshilfe bedürfte, dann genügte ein Besuch in Madagaskar. Die Schweiz hat seit der bis heute nicht aufgeklärten Ermordung ihres Entwicklungshelfers Walter Arnold im Jahr 1995 die Reissleine gezogen und ist ausgestiegen. Seither werden noch wenige Projekte zwar über die DEZA finanziert, aber von privaten Organisationen ausgeführt. Daneben gibt es noch zahlreiche rein privat organisierte und finanzierte Projekte, aus denen insbesondere jenes von Fastenopfer hervorzuheben ist, das über die Selbsterkennung der Schuldenspirale zur Selbstorganisation von Schuldnergruppen und schliesslich zu deren Befreiung aus den Wucherer-Fesseln führt. Weit über hunderttausend Menschen konnten so eine nachhaltige Perspektive entwickeln.
Endemisch aber typisch
Madagaskar ist kein Extremfall, viel eher ist das Land typisch für die Verhältnisse in den meisten Ländern südlich der Sahara. Und die gemeinsame Ursache für die Verelendung eines Kontinentes mit über 1,2 Milliarden Menschen ist: Korruption. Wo, wie in Madagaskar, die Polizei, die Gerichte, die Verwaltung bis in die untersten Chargen, das Gesundheits- und Bildungswesen und selbst die Armee durch und durch korrupt sind (der jüngste Bericht von Transparency spricht Bände: Platz 158 von 180, Tendenz sinkend), ist angesichts der erwähnten Bedrohung durch eine Pandemie (Covid-19 wird mit Sicherheit nicht die letzte sein) nur das Schlimmste zu befürchten.
Wo mindestens einmal pro Woche Hühnerdiebe vom aufgeheizten Mob gelyncht werden, weil kein Mensch weder an die Gerichtsbarkeit noch an eine angemessene Bestrafung glaubt und sich die oberen Zehntausend ein durch Diebstahl von Hilfsgeldern oder aus Konzessionsgeldern finanziertes Leben in Saus und Braus leisten, da ist nicht damit zu rechnen, dass Aufrufe für ein Daheimbleiben oder für das bei uns beliebte Social Distancing auf offene Ohren stossen. Die Menschen in Madagaskar mögen auch die Sprüche ihres Präsidenten nicht mehr hören, wonach das Land doch eigentlich reich an Bodenschätzen sei und man doch gerade eben mit einer seiner Initiativen die Schwelle der Armut überschreiten wolle.
Von Putsch zu Putsch
Der zweifellos geschickte Kommunikator Andry Rajoelina, dem zunehmend autoritäre Züge nachgesagt werden, hat zu viel Dreck am Stecken, als dass er selbst bei den ungebildetsten Menschen – die nicht zwangsläufig dumm sind – noch viel Kredit hätte. Im Jahr 2009 putschte er sich mit Hilfe der Armee und dank aktiver Toleranz der historischen und faktischen Kolonialmacht Frankreich gegen den von Deutschland gehätschelten, aber immerhin 2007 legal wiedergewählten – fünf Jahre zuvor selber durch Putsch an die Macht gekommenen – Marc Ravalomanana an die Macht. Es folgten vier Jahre schamloser Plünderung sämtlicher abbaubarer Rohstoffe, insbesondere der Tropenhölzer, die zu Zehntausenden Stämmen nach China exportiert wurden. Trotz internationalem Handelsbann für die seltenen Baumarten.
Sozusagen auf dem Rückweg kamen die Chinesen ins Land, die seither vom Gold über Edelsteine, seltene Erden und Mineralien alles abtransportieren, was auf ein Schiff geladen werden kann. Auch zum Beispiel die Fänge von 400 Fischtrawlern die dank eines Abkommens, das Präsident Hery Rajaonarimampianina zwei Wochen vor seinem Abgang mit Chinesen abschloss, in madagassischen Gewässern ihre Netze auswerfen. Selbstverständlich mit der Genehmigung des jeweiligen Bergbau- oder Fischereiministers (und deren Chef im Präsidentenpalast). Die dazu gehörenden Verträge gelten als Staatsgeheimnis. Journalisten, die sich diesen Fragen annehmen, werden zur Belehrung für ein paar Tage in Gewahrsam genommen und mit erfundenen Anklagen im Gefängnis zum Schweigen gebracht. Ganz wie in China.
Nach vier Jahren Plünderung wurde 2013 wieder einmal unter internationaler Beobachtung gewählt. Rajoelina und Ravalomanana durften ebensowenig zur Präsidentenwahl antreten wie zwei Vorgänger. Es war die Stunde der Strohmänner. Gewählt wurde – mit dem Segen der internationalen Gemeinschaft – Hery Rajaonarimampianina, der Finanzminister des Putschregimes unter Rajoelina. Nachdem Putschist Rajoelina vier Jahre Zeit hatte, um die Wahlregister zugunsten seiner Partei zu «bereinigen», war die Wahl seines Strohmannes reine Formsache.
Die Wahlbeobachter – auch aus der Schweiz – hatten während des Wahlgangs keine nennenswerten Unstimmigkeiten festgestellt. Nach fünf Jahren waren die Jahre der Läuterung für Rajoelina vorbei, er durfte zur neuerlichen Präsidentenwahl antreten. Alles wie gehabt: im zweiten Wahlgang standen sich, wie von allen erwartet, zwei Putschisten gegenüber. Rajoelina gewann haushoch. Vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass an der Wahl Ende 2018 rund eine Million Wählerinnen und Wähler mit derselben Nummer der Identitätskarte teilgenommen hatten. Kein Grund zur Sorge. Alles wie gehabt.
Das Schlimmste kommt erst noch
Warum ist das wichtig? Weil weder der aktuelle Führer dieses afrikanischen Staates noch dessen Geldgeber in Peking, Paris, Brüssel und Washington das geringste Interesse daran haben, dass sich an den menschenverachtenden Zuständen etwas ändert. Man hat sich allseits in der Misere eingerichtet. Notfalls muss vom Gewaltmonopol Gebrauch gemacht werden. Wie derzeit in Antananarivo, wo Hungernde in Massen anstehen, um ein Lebensmittelpaket zu erhalten, aber den vom Präsidenten angeordneten Abstand zum Vordermann nicht einhalten und mit Tränengasgranaten vertrieben werden.
Man kann sich die Verhältnisse in ein paar Jahren leicht vorstellen, wenn aufgrund von Erosion, Brandrodung, illegalem Holzschlag, Überfischung und steigendem Meeresspiegel und der demographischen Explosion (jährlich drei Prozent Bevölkerungswachstum, man rechnet im Jahr 2040 mit 50 Millionen Menschen), Lebensmittel rationiert werden müssen, die Holzkohle für das Kochen unbezahlbar sein wird und Gasflaschen und Treibstoffe nur noch den Reichen der Hauptstadt zur Verfügung stehen werden.
Nein, eigentlich will man sich das lieber nicht vorstellen. Nicht nur wegen der bald einmal 50 Millionen Menschen auf der grossen Insel, sondern vor allem wegen den dannzumal 2,5 Milliarden Afrikanerinnen und Afrikanern, von denen die Hälfte abhauen wird. Allerdings weder nach China noch nach Russland und schon gar nicht nach Amerika. Ich frage mich nur, wohin.
Ein Spruch, der schon vor Covid-19 beileibe nicht nur bei Madagassen mit einem gewissen Bildungsniveau die Runde machte, lautet: «Mourir demain, c’est mieux que mourir aujourd’hui.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Einerseits typisch Afrikanisch andererseits eben doch nicht, da es das einzige Land ist, mit kleinerem BIP als 1960. Zusätzlich ist das Land eigentlich sehr reich. Bodenschätze, Hölzer, Klima (mehrfach ernten möglich), Vanille etc. Sehr schönes Land, touristisch riesiges Potenzial. Also fast alles besser als bei fast allen afrikanischen Ländern. Aber die Entwicklung trotzdem sehr rückläufig.
Der Grund ist die Kultur, die auf einem unglaublichen Ahnenkult beruht. Die Ahnen müssen besänftigt werden, weil man sonst verflucht wird. Beispiel: Jemand hat eine Grosse Herde Rinder aufgebaut und es so zu kleinem Reichtum gebracht. Er stirbt und zu seinen Ehren müssen alle Rinder zur Beerdigung geschlachtet werden und werden. Die Hörner zieren dann sein Grab und jeder kann an deren Anzahl sehen wie reich er war. Die Hinterbliebenen Kinder bekommen nichts. Anders gesagt, sie werden auf einen Schlag ärmer und beginnen von vorne. Also ein systembedingter Rückschritt, der sich im BIP zeigt. Die (afrikatypische) Korruption ist das eine, aber ohne Überwindung dieser Weltanschauung bzw Kultur würde es auch ohne Korruption in dem wunderschönen Land kaum vorwärtsgehen.
Das genauer Gegenteil von Madagasgar sind die Seychellen.
Mit dem Luxustourismus finanzierten die lange ihr Sozialsystem.
Elend wie im restliche Afrika, wird man auf den Seychellen kaum finden.
Die Menschen sind sehr hilfsbereit und die Kriminalität, für afrikanische Verhältnisse extrem gering.
So wie es scheint, kippt aber das sozial vorbildliche System.
Bei den 2 Millionen Verelendeten in Madagaskar, muss ich an einen Artikel aus der New York Times denken.
Wer 1,9 USD oder weniger pro Tag zur Verfügung hat, gilt als verelendet.
Da die Preise in den USA höher sind, kalkulierte man in NYTimes mit 4 USD pro Tag in den USA.
Das trifft laut NYTimes für 5,5 Millionen Amerikaner zu.
Damit sind dort mehr Menschen verelendet, als in Sierra Leone.
Klar hat die USA auch mehr Einwohner, aber man muss sich mal überlegen, mit wen sich so ein reiches Industrieland vergleicht.
Zumal ich diese Berechnung anzweifele.
4 USD in den USA entsprechen gerantiert nicht 1,9 USD in Thailand. In Thailand kann ich abseits der Touristenorte, für 1,9 USD schon eine gute warme Mahlzeit plus Mineralwasser bekommen. Für 4 USD ist das in den USA undenkbar.
Indien ist eher noch billiger als Thailand.
Real ist die Verelendung in den USA also noch deutlich höher.
Ein gutes beispiel zur drittweltdiskussion und zur entwicklungshilfe. Mehr oder weniger bekannt seit jahrzehnten, nicht nur für madagaskar. Danke herr frey. Was lehrt uns das genosse? Ist auch hier wieder der neoliberalismus der schuldige?
Da praktisch keine Asylbegehren aus Madegascar in der Schweiz gestellt werden, richtet sich der Fokus auch nicht speziell auf das Land. Wie immer man das sehen mag, das DEZA ist durch die Hintertüre verduftet und überliess anderen das Feld. Könnte ein Status über die CH-Entwicklungshilfe bei allen zutreffenden Ländern gemacht werden, käme wahrscheinlich ein erschreckendes Ergebnis dabei heraus. Bei dem man sich zu recht fragen kann, wozu gibt die Schweiz so vuel Geld aus, wenn es letzten Endes doch kaum etwas bringt? Im Bericht habe ich viele Parallelen mit Ungarn festgestellt, das mir besser bekannt ist. Nicht so weit weg, aber Zustände und Korruption, wie hier aufgezeigt. Je mehr „Zivilisation“, desto grössere Anstrengungen, die Korruption zu verschleiern und Protegierte mit falschen Titeln und Urkunden auszustaffieren. Um ein Geheimdienst ähnliches Netz zu etablieren. Könnten allein die dafür aufgewendeten Gelder, in Ausbildung und Gesundheitseinrichtungen stecken, wäre schon ein grosser Schritt getan. Das Interesse von UNO oder der Weltbank müsste sein, solche Länder aus den Fängen von China heraus zu halten. Das Gegenteil findet statt, indem sich der Reihe nach USA, Russland und China zunächst um die Vorherrschaft streiten. Ausser punktuellem Raubbau und den in diesem Sektor angehäuften Finanzen, die sogleich im internationalen Flechtwerk verschwinden, bleibt dem Land, der Schaden an der Natur und die Erkenntnis, mittels Globalisierung doch nicht zu Wohlstand zu kommen.