«Wer Masken und Co. nicht exportiert, schadet sich selber»
«Den Nachbarn krank machen» hat das Team des Global Trade Alert die Grafik betitelt, die Länder mit Exportbeschränkungen für Medizin-und Hygieneartikel auflistet. Der Global Trade Alert an der Universität St. Gallen beobachtet und berichtet über möglicherweise diskriminierende staatliche Massnahmen im internationalen Handel. Seit Ausbruch der Corona-Krise haben, gemäss dem Arbeitspapier «Tackling Coronavirus», bereits 24 Nationen Exportverbote, Exportrestriktionen oder -limiten eingeführt, 16 davon seit anfangs März (Stand 10. März 2020).
Die Schweiz war Anfang März betroffen, als zwei Transporte mit medizinischen Schutzmasken von Deutschland zurückgehalten und erst nach Intervention des Schweizer Wirtschaftsministers wieder freigegeben wurden. In Frankreich wurde vom Staat dem Maskenhersteller Valmy SAS verboten, einen Liefervertrag mit dem britischen Gesundheitssystem NHS auszuführen. Auch Firmen in den USA und Kanada konnten – teilweise aus ihren eigenen Firmen in China – nicht mehr auf ihre Lieferungen zugreifen. China hatte die Masken für den Eigengebrauch beschlagnahmt.
Eigene Produktion wird gefährdet
Wenn ein Staat den Herstellern von Masken, sterilen Handschuhen, medizinischen Schutzanzügen oder Medikamenten und pharmazeutischen Rohstoffen die Ausfuhr verbiete, gefährde er nicht nur die Länder, in die die Lieferung geplant war, so der Autor des Arbeitspapiers, Simon Evenett. Er gefährde auch seine eigenen Firmen. «Nicht jeder Hersteller hat einen genügend grossen Heimmarkt, um sein Überleben zu sichern und ist auf Exporte angewiesen.» Wenn diese nun gerade dann verboten werden, wenn die Kunden die Güter dringend brauchen – dann sucht man sich einen anderen Lieferanten. Und es kommt ein Teufelskreis in Gang: Der Hersteller muss seine Produktion verkleinern, die Produktion wird teurer. Vielleicht muss er gar schliessen. Im Notfall gibt es dann auch im eigenen Land keinen Lieferanten mehr für wichtige Güter. Um das wiederum auszugleichen, muss der Staat einsteigen und selber zum Produzenten werden oder aber die Produkte finanziell stützen. So würden sich die als Schutz für die eigene Bevölkerung gedachten Exportstopps zu einer Verknappung und Verteuerung der betroffenen Güter auch im Inland verkehren. Die Lösung sei, so Evenett, die Grenzen für Güter offen zu halten und den Lieferanten zu ermöglichen, ihre Produktion heraufzufahren.
Untergräbt das Vertrauen unter Staaten
Ein Exportstopp in Krisenzeiten habe aber auch Folgen für das Vertrauen unter den Staaten: Wie Simon Evenett schreibt, werde sich dieser Vertrauensverlust nicht nur auf die Lieferung von bestimmten Gütern beschränken. «Er wird sich auf andere Bereiche ausdehnen.» Und: Protektionistische Massnahmen seien ein «Geschenk» für Nationalisten und Populisten in Ländern, die von Exportstopps betroffen seien. «Die Krise und die Angst der Menschen darf nicht für politische Partikularinteressen missbraucht werden», so Evenett.
Einfuhrzölle auf Desinfektionsmittel – und Seife
Das Arbeitspapier untersucht auch allgemeine Importbeschränkungen auf Medizinalprodukte. So erlauben nur gerade 37 Länder, die der Welthandelsorganisation WTO angeschlossen sind, den steuerfreien Import von Desinfektionsmitteln. Die Schweiz, Hong Kong, Singapur, Island und Norwegen sind die einzigen «reichen» Länder, die auf Importsteuern verzichten. Die EU hingegen erhebt sechs Prozent Importsteuern, China gar im Durchschnitt neun Prozent. Daneben gibt es zusätzliche Handelshemmnisse, die einige Länder anwenden. Bei medizinischen Geräten und Medikamenten sind Importzölle seltener, hier greifen vor allem technische Handelshemmnisse, welche die Sicherheit der Produkte garantieren sollen. Interessant: es gibt Länder, die Zölle auf Seife erheben. Nur gerade neun WTO-Länder importieren Seife zollfrei, darunter die Schweiz.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Deutschland hat mit der Beschlagnahmung der Masken-Lieferungen in die Schweiz, wobei es sich hier nicht einmal um deutsche Produktion, sondern um Produkte handelte, die lediglich in Deutschland umgeladen worden sind, also Transitware, klar internationales Recht verletzt und damit Kund getan, dass auf Deutschland in Krisenzeiten als Partner kein Verlass ist! Das wäre etwa dasselbe, wie wenn die Schweiz nach Belieben Transitware, die von Italien durch den Gotthard transportiert wird, für den Eigenbedarf beschlagnahmen würde, das hat die Schweiz nicht einmal im 2. Weltkrieg getan. Auf Grund dieser ziemlich unangenehmen Erfahrung, muss die Schweiz in Zukunft einfach im Hinterkopf haben, dass Verträge mit Deutschland das Papier nicht Wert sind, womit sie geschrieben wurden! – Eine wichtige Lehre müssen wir aus diesen Erfahrungen ziehen: Wenn man die gesamte Produktion lebenswichtiger Güter nach dem Prinzip, möglichst billig zu produzieren, gewissenlos auf der ganzen Welt verteilt, dann kommt in Krisenzeiten die Quittung, weil man die Grundversorgung mit lebenswichtigen Gütern nicht mehr sicher stellen kann. Und da wir in der Schweiz schon seit Jahren kein Klopapier mehr hergestellt wird, werden wir zum Beispiel schon bald wörtlich in der Scheisse sitzen, denn wir müssen uns bewusst sein, dass die Corona-Krise noch eine ganze Weile andauern wird!
Neoliberale,. Führen alles auf liberaliserte Märkte zurück und erkennen die eigene Unfähigkeit trotz allem,nicht, gesellschafliche Strukturen mit Gestaltungswillen und Kreativität und Debatten zu schaffen.