Wie Albatrosse illegale Fischer aufspüren können
Meeresforscher haben per Zufall eine überraschende Möglichkeit gefunden, illegale Fischerei zu orten: Albatrosse können Fischerboote treffsicher finden, selbst wenn diese ihr elektronisches Positionssystem ausgeschaltet haben. Das eröffnet neue Möglichkeiten bei der Verfolgung illegaler Fischerei. Vögel und Meerestiere wären damit sozusagen in eigener Mission unterwegs.
Das Team des französischen Meeresökologen Henri Weimerskirch vom französischen Nationalen Forschungszentrum CNRS wollte herausfinden, ob die Vögel Fischereischiffen folgen und ob und wie sie das lernen. Was ursprünglich eine Untersuchung darüber war, wie Tiere sich an Technik anpassen, lieferte erschreckende Daten über Fischwilderei.
Überwachung riesiger Hochseegebiete
Illegale Fischerei stellt eine der grössten Bedrohungen der Meere dar. Überfischung und der Beifang bedrohter Arten wirken sich dramatisch auf die Ökosysteme der Ozeane aus. Gleichzeitig passiert Piratenfischerei dort, wo sie sich schwer beobachten lässt: Die Hochsee ist ein riesiges Gebiet, die Überwachung in internationalen Gewässern ist komplex. Werden beispielsweise legaler und illegaler Fang noch auf hoher See auf das gleiche Kühlschiff umgeladen, sind die Behörden machtlos.
Mit 2 bis 3,5 Metern Spannweite gehören Albatrosse zu den grössten Seevögeln der Welt. Sie sind gute Flieger und legen grosse Distanzen zurück. An Küsten fühlen sie sich nicht wohl, ihr Lebensraum sind kleine, flache Inseln und die hohe See. Auf einer Tour zur Nahrungsbeschaffung legen sie bis zu 15’000 Kilometer zurück und sind damit eine ideale Hochseepatrouille. Fischerboote sind für sie eine attraktive Nahrungsquelle.
Forscher fanden jede Menge «Geisterschiffe»
Die Forscher um Henri Weimerskirch statteten 169 Vögel mit einem 60 Gramm schweren solarbetriebenen Sender aus und beobachteten ein halbes Jahr lang ihre Flüge über dem südlichen indischen Ozean. Die Logger sendeten GPS-Daten wie auch Radardaten von Schiffen an die Forscher.
Die findigen Vögel deckten auf ihren Flügen ein Gebiet von 47 Millionen Quadratkilometern ab und machten Unsichtbares sichtbar: Bald wusste das Forscherteam nicht nur, dass ein Albatross ein Fischereischiff aus 30 Kilometern Entfernung erkennen kann. Bei Vergleichen mit Satellitendaten stellten sie auch fest, wie viele Schiffe das internationale Tracking-System AIS ausgeschaltet hatten und also vermutlich illegal fischten.
Albatrosse finden auch Schiffe, die ein Satellit nicht sieht
Grosse Schiffe sind verpflichtet, das Automatic Identification System zu verwenden. Es sendet alle paar Sekunden Daten über Position, Identität und Kurs des Schiffes. Schiffe, die den Transponder abstellen, können von Satelliten nicht mehr geortet werden und gehen sehr wahrscheinlich illegalen Aktivitäten nach. Auf Radar, den die Logger auf dem Rücken der Vögel erkennen konnten, können sie jedoch nicht verzichten.
Die Daten offenbarten das Ausmass der illegalen Fischerei: Deutlich mehr als ein Drittel (37 Prozent) aller Schiffe in internationalen Gewässern machten sich unsichtbar, stellten die Forscher fest. Schiffe, die in Zonen unterwegs waren, in denen sie für die Fischerei eine Lizenz brauchen, liessen ihr Positionssystem manchmal wochenlang ausgeschaltet. Die Versuchs-Albatrosse erwiesen sich dabei als gute Spione, die sogar die Häscher fanden. Mehr als einmal, berichtete Henri Weimerskirch dem «Deutschlandfunk», habe sich das starke Signal eines «Geisterschiffes» als Patrouillenboot der Küstenwache entpuppt, das unterwegs war, um illegale Fischerboote zu finden.
Bald Überwachungstruppe aus Fischen und Vögeln?
Die Forscherinnen und Forscher wollen durch weitere Versuche in anderen Gebieten herausfinden, ob sich Albatrosse als Hochseepolizisten einsetzen lassen. Falls sich die Sender verkleinern lassen, könnten auch kleinere Vogelarten damit ausgestattet werden, berichtet die «Süddeutsche Zeitung». Einige Arten überfliegen jedes Jahr enorme Strecken über den Weltmeeren.
Andere Forscher haben den Hersteller der Logger kontaktiert, um Meerestiere wie Haie und Schildkröten mit Sendern auszurüsten. Da sich Signale unter Wasser schlecht verbreiten, senden diese erst, wenn sie an die Wasseroberfläche kommen – ein Hinweis darauf, wo die Tiere gefischt werden.
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Infosperber zur illegalen Fischerei:
- «Was Steuerparadiese mit Umweltverbrechen zu tun haben», (November 2018)
- «Mit Algorithmen gegen Überfischung», (März 2018)
- «Senegal: Wie Überfischung ein Land ruiniert», (Juli 2018)
- «Das Plündern der Meere bleibt hochsubventioniert», (Dezember 2017)
- «Raubzug durch die Weltmeere», (Januar 2014)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
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