«Offizielle Version zu den Pensionskassen ist Schwarzmalerei»
upg. Für die Zweite Säule wird mit Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen Kapital gespart, um später Renten auszuzahlen. Zurzeit verwalten die Pensionskassen und Versicherungen die enorme Summe von rund 1000 Milliarden oder eine Billion Franken. Entsprechend viel kann mit der Verwaltung dieser Gelder verdient werden. Und entsprechend grosse Interessen sind im Spiel, wenn über die Zweite Säule öffentlich diskutiert wird. Die meisten Journalisten sind von der Komplexität überfordert und informieren als Sprachrohre der verschiedenen Interessengruppen.
«Apokalyptische offizielle Darstellung»
Einer der wenigen unabhängigen Spezialisten der Pensionskassen ist der heute pensionierte Josef Hunkeler. Jahrelang arbeitete er als wissenschaftlicher Experte beim Preisüberwacher. In einer «Aktennotiz» analysierte er letzthin die vorhandenen Fakten und kommt zu folgendem Schluss:
«Die apokalyptischen Ankündigungen über die ‹Generationentransfers›, die ‹überhöhten› Umwandlungssätze und generell die gravierende Unterdeckung der statutarischen Rentenverpflichtungen1 werden in den Berichten der ‹Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge› OAK immer häufiger thematisiert und von den Medien weitgehend ‹ungesehen› weiterverbreitet. Doch sie stehen im Widerspruch zu den Angaben von Swisscanto zum effektiven Deckungsgrad des Rentensystems der 2. Säule, welche auf der Kapitaldeckung beruht.
Unbefriedigende Datenlage
Die jüngste Swisscanto-Graphik zum ‹Deckungsgrad› zeigt klar, dass die apokalyptischen Aussagen zur 2. Säule zumindest verfrüht sind. Ob die ausserordentliche buchhalterische Performance per Ende 2019 diese Lamentos verstummen lässt, ist aber nach dem erwähnten Bericht der OAK kaum zu erwarten.
Die Datenlage ist erstaunlich unbefriedigend. Denn auch die neuesten definitiven Daten der Pensionskassenstatistik, welche Mitte Dezember publiziert wurden, enthalten keine detaillierten Angaben zu einem der wichtigsten Systemparameter, dem Beitrag der Kapitalmärkte zur Finanzierung der Renten.
Was auch häufig nicht beachtet wird: Im Gegensatz zur AHV, welche vorwiegend im Umlageverfahren finanziert wird, spielt die ‹Überalterung› und ein steigender ‹Altersquotient› in der vorfinanzierten 2. Säule praktisch keine Rolle.»
In seinem «Arbeitspapier» kritisiert Hunkeler
- «überzeichnete Bewertungsverluste»;
- «weiterhin hohe Verwaltungskosten»;
- «unrealistische Referenzwerte, bzw. ein ökonomisch kaum sinnvolles Referenzdatum».
Unter dem Titel «Das Rätsel der Pensionskassen» schrieb die NZZ am 31. Januar 2020: «Es scheint den Pensionskassen derzeit finanziell so gut wie schon lange nicht mehr zu gehen.» Doch die NZZ kritisiert, es gebe weiterhin «versteckte und systemfremde Umverteilungskanäle von Jung zu Alt und von oben nach unten».
Vor allem Spezialisten der Zweiten Säule sei die vollständige Analyse von Josef Hunkeler empfohlen:
Aktennotiz von Josef Hunkeler. Dezember 2019
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Urs P. GascheAlte lassen Junge zahlen: Dieser Vorwurf ist zu einseitig.
Infosperber-DOSSIERPensionskassen der Zweiten Säule.
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FUSSNOTE1Vergleiche dazu z.B. J. Hunkeler, 1908 – BVG – 2. Säule revisited – Wer subventioniert wen?
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Vielen Dank für diese Informationen. Es fehlt mir jedoch die Information, dass immer noch ein erheblicher Teil der Investitionen in die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen fliesst. Gemäss eigenen Berechnungen würden etwa 600 Milliarden genügen um in der Schweiz die Energiewende ohne Blackout um zu setzten, d.h. ohne unsere Lebensgrundlage zu zerstören und auf Kosten anderer auf dieser Welt zu leben. Offensichtlich ist es immer noch sehr schwer beim Thema Nachhaltigkeit ein ganzheitliches Denken in den Bereichen Ökologie, Soziales und Wirtschaft hin zu bekommen.
Wir haben in den 70er Jahren für den Ausbau der AHV zu einer Volkspension gekämpft. Leider waren die bösen «Kommunisten» der PdA federführend, so dass das Anliegen naürlich nich durchkam. Heute wären wir froh, wir hätten eine allgemeine Vollpension im Umlageverfahren. Denn es gilt: Die AHV nützt allen, die privaten Pensionskassen nur sich selbst.
In diesem Beitrag hat es doch etwas mutige Aussagen: «spielt die ‹Überalterung› und ein steigender ‹Altersquotient› in der vorfinanzierten 2. Säule praktisch keine Rolle» Es ist nun so: Wenn der vorfinanzierte Beitrag den jeder Versicherte (zusammen mit seinem Arbeitgeber) einbezahlt hat, aufgebraucht (ausbezahlt) ist, ja dann…Die Renten sind ja von der Pensionierung her garantiert (Umwandlungssatz wird für Pensionierte auf dem Wert bei der Pensionierung eingefroren). Die PK kann also nicht einfach die Zahlungen einstellen, sondern sie wird das Geld von den anderen Versicherten nehmen müssen(Umverteilen). Mit der zunehmenden Langlebigkeit häufen sich diese Fälle. Daher die Tendenz, den Umwandlungssatz für Neurentner zu senken..dann reicht das Geld länger. Andersrum: Das blöde Unwort vom Rentenklau: Es gibt keinen Rentenklau. Man muss halt einfach länger leben um all sein einbezahltes Geld bei einem tieferen Umwandlungssatz «abholen» zu können.
Wir hatten ja 2019 ein gutes Börsenjahr. Von daher sind die meisten PKs gut gedeckt. Aber es könnten ja auch wieder andere Zeiten kommen (so wie 2009). Da war Heulen und Wehklagen. Ist halt schon lange her…
@Richner
Bei einer durchschnittlichen Anlageperformance von 4% kann der Umwandlungssastz von 6.8% selbst beim aktuellen Vermögensverwaltungs-Kostenansatz von 0.5% des Kapitals für eine erwartete Überlebenserwartung von 22 Jahren finanziert werden.
[Die Suva, welche auch Renten finanziert, hat 2010-2017 eine durchschnittliche Performance von 4.86% erwirtschaftet. Leider wird diese statistische Reihe in den Geschäftsberichten nicht weiter publiziert.]
Diese Überlebenserwartung dürfte in naher Zukunft (vor 2050) kaum erreicht werden. Es bleibt also noch einiges an Zeit, den Umwandlungssatz zu korrigieren, falls der medizinische Fortschritt die von den Versicherern «erwarteten» Werte erlaubt.
Das mit dem Heulen und Wehklagen betraf ein Jahrhundertereignis, welches im intertemporären Risikoausgleich — der Kernaufgabe von Alters-Versicherungen — keine nachhaltigen Spuren hinterlassen hat. Der Performanceverlust von 2008 war praktisch schon Ende 2009 wieder wettgemacht.
Es scheint mir wichtig zu erkennen, dass die Pensionskassen heute einen «Gewinnverwendungs- bzw. Anlagenotstand» haben und deshalb «gezwungenermassen» grossmehrheitlich in die Allzeit-Blasen Aktien, Anleihen und Immobilien investieren.
Das kann in den nächsten Jahren nur scheitern, zumal sich die Gewinne der Realwirtschaft und deren Schulden von den Börsen deutlich entkoppelt haben.
Würden die Pensionskassen 200-400 Mia. in die dezentrale Schweizer Energiewende stecken und damit in den realen Wert Strom, dann wäre dieser Anlagenotstand zum Vorteil aller zu lösen und die Erträge aus diesen Investments würden eine jahrzehntelange, inflationsgeschützte und überdurchschnittliche Rendite abwerfen, womit unsere Renten langfristig bezahlbar wären.
Ich kann da keine Nachteile erkennen.