Das Ende des privaten Autos lässt auf sich warten
- Orten.
- Losfahren.
- Auto am Zielort abstellen, egal wo.
Diese Idee ist angetreten, den motorisierten Individualverkehr zu revolutionieren: Jederzeit steht ein Auto in der Nähe. Es ist nicht grösser als gerade notwendig. Zurückbringen muss man es nicht – man stellt das Auto einfach dort ab, wo man es nicht mehr braucht. Und natürlich kostet dieses Auto nur solange, wie man es benützt.
Das Modell trägt den sperrigen Namen stationsungebundenes Autoausleihen. Oder neudeutsch: Freefloating Carsharing. Hierzulande ist das Konzept bekannt für Leihfahrräder und Elektroscooter. Weil ein Auto heute durchschnittlich nur während einer Stunde pro Tag genutzt wird, könnte Carsharing die Anzahl von Autos theoretisch auf einen Bruchteil reduzieren. Ein Deutscher Anbieter schätzte kürzlich, wenigstens vier bis fünf Prozent des Autobestandes durch eine viel kleinere Zahl an geteilten Autos zu ersetzen. Das heisst: immerhin 2,5 Millionen Privatautos weniger.
Zu schwierig für Daimler und BMW
Die Idee, Autos zu nutzen, ohne sie zu besitzen, erfährt am 29. Februar einen schweren Rückschlag. ShareNow, der grösste Anbieter von frei floatenden Autos weltweit mit drei Millionen registrierten Kunden, stellt sein Geschäft in Nordamerika sowie in den drei europäischen Städten London, Brüssel und Florenz ein. Dieser Dienst entstand letztes Jahr als vielversprechender Zusammenschluss zweier Tochterfirmen der Autohersteller Daimler und BMW. Ein Viertel des bisherigen Angebots wird ersatzlos gestrichen. ShareNow sei mit extrem schwierigen Realitäten konfrontiert, etwa den stark steigenden Betriebskosten, begründet das Unternehmen. Für Carsharing mit elektrischen Fahrzeugen fehle zudem die geeignete Infrastruktur. Die Einstellung in London, Brüssel und Florenz begründet ShareNow mit einer zu geringen Nachfrage.
Nicht einfacher als bei Autos ist das Geschäft mit stationsungebundenen Kleinmotorrädern. Nur Tage vor der Medienmitteilung von ShareNow kapitulierte der Deutsche Anbieter Coup, der in vier Städten 3500 Elektroroller anbot. In Zürich wurde im vergangenen Herbst ein Pilotversuch von Mobility mit 200 Rollern wegen «fehlenden Rentabilitätsperspektiven» beendet.
Langsames Wachstum in der Schweiz
Stationsungebundenes Carsharing existiert auch in der Schweiz. Hier ist es ebenfalls weit davon entfernt, sich durchzusetzen. Marktführer Mobility bietet in Basel und Genf total 230 Autos an. Der Anbieter hat das defizitäre Geschäft von Catch a Car vor einem Jahr übernommen und angekündigt, es in die schwarzen Zahlen führen zu wollen. Auf Anfrage von Infosperber sagt Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann: «Mobility-Go ist heute in sich geschlossen noch nicht rentabel. Dies wäre in der kurzen Zeit seit der Übernahme auch nicht realistisch.»
Ein Ausbau der Flotte ist derzeit nicht geplant, die Ausdehnung auf andere Schweizer Städte bezeichnet Eigenmann als «interessant». Ein Einstieg in Zürich würde mindestens geprüft, wenn die Behörden Freefloating Carsharing hier dereinst ermöglichten. Das heisst: Die Stadt müsste Mobility die Möglichkeit anbieten, ihre Autos auf allen öffentlichen Parkplätzen in der ganzen Stadt langfristig abzustellen.
Immerhin: Die Umsätze von Mobility-Go steigen, sagt Eigenmann. Die Nachfrage wachse langsam, aber sie wachse.
«Das eigene Auto ist heute viel zu billig»
Hauptgrund für die Krise der Freefloating-Anbieter ist laut Thomas Sauter-Servaes von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften: «Das eigene Auto ist heute viel zu billig.» Als Beispiel nennt der Mobilitätsforscher die Anwohner-Parkkarten, die in vielen Schweizer Städten weniger als ein Franken pro Tag kosten. Im Vergleich zu einem Privatauto und zu Carsharing mit fixen Standplätzen verursacht Freefloating Carsharing deutlich mehr Aufwand: Wartung und Pflege der Autos sind komplizierter. Zudem müssen die Autos an Orte mit einer hohen Nachfrage umplatziert werden. «Für Anbieter, die sich auf Freefloating spezialisieren, sehe ich nur in wenigen Städten eine Zukunft», sagt Thomas Sauter-Servaes.
Abgesehen von den Schwierigkeiten, stationsungebundenes Carsharing gewinnbringend zu betreiben, hat das Modell auch ein Rechtfertigungsproblem. Dass eine nennenswerte Zahl von Autofahrern tatsächlich bereit sind, ihr eigenes Auto durch ein geteiltes zu ersetzen, zog letzten Sommer eine Studie von A.T. Kearney in Zweifel. Im schlechtesten Fall sind es Nutzer des öffentlichen Verkehrs, die auf die geteilten Autos umsteigen und dadurch noch mehr Autoverkehr erzeugen. Auch die Aussichten, dass Freefloating Carsharing den motorisierten Individualverkehr umweltfreundlicher macht, sind im Moment eher bescheiden: Mobility Go hat Zwei Drittel ihrer CO2-armen Elektroautos aus dem Verkehr gezogen, weil der Aufwand für das Laden zu gross war.
Schweizer Marktführer hält an Freefloating fest
Trotzdem äussert sich der Mobilitätforscher Sauter-Servaes zuversichtlich, dass die Idee «orten, losfahren, irgendwo abstellen» nicht verschwinden wird. Die Bevölkerung in den Städten wachse und mit ihr der Druck auf den öffentlichen Raum. «Autos verstellen während 95 Prozent der Zeit die Strassen. Das können wir uns nicht mehr lange leisten», sagt Sauter-Servaes. Tatsächlich stehen Autos heute während 23 von 24 Stunden pro Tag still, das zeigt der Mikrozensus Mobilität, die umfassendste Erhebung zum Verkehrsverhalten der Schweizer Bevölkerung.
Für die kommende Generation sei entscheidend, dass Mobilität möglichst einfach wird. Der Besitz eines eigenen Autos werde zweitrangig, sagt Sauter-Servaes. Er erwartet, dass Mobilität in Zukunft über Plattformen organisiert wird, die dem Nutzer die besten Optionen für eine bestimmte Strecke anbieten. «Das Auto», sagt Sauter-Servaes, «wird davon ein Baustein sein. Irgend jemand wird diesen Baustein bedienen».
Mobility hält an Freefloating Carsharing fest. «Gerade die jüngeren Generationen sind es sich gewohnt, zu teilen und Dienstleistungen ad-hoc zu nutzen», sagt Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann. «Wir glauben, dass Freefloating ein Modell der Zukunft ist.» Doch wie weit entfernt diese Zukunft ist, in der private Autos überflüssig werden, darüber will heute niemand spekulieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Wer will so etwas schon in der neuen COVID-19 Epoche? Mein Auto, meine Bakterien und Viren! Wer redet jetzt noch über Greta und Fridays for Future? Wohl etwa gleichviele (oder wenige) wie Corona-Infiszierte.
Und wer will diese neuen Modelle wirklich? Doch eher linke kommunistische Grün-Extremisten, die sogar bei absolut Null CO2 Ausstoss dem Autobesitzer das E-Auto vergönnen. Zum Glück wird die Greta Bewegung durch Corona Umwälzungen im Nirvana der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Es lebe das Auto, es lebe die Freiheit und Unabhängigkeit!
Das Freefloating Konzept wird wohl erst mit dem 100% autonomen Auto richtig gut funktionieren. Bis das flächendeckend funktioniert, dürfte es noch ein paar Jahre dauern, aber wohl nicht länger als 2030.
Gemäss Tony Seba ist es 2027 soweit.
Auch Tesla arbeitet auf eine Taxiflotte ohne Fahrer hin.
Das sind Anlaufschwierigkeiten, die vor allem Investoren treffen, die auf den schnellen Profit schielen. Vor allem in Städten mit wenig freien Stellflächen (wie z.B. Zürich) ist das ein Problem. Im grossen Massstab wird sich das durchsetzen, wenn die Autos autonom her- und wegfahren können. Meine Vision: https://ansichtenauszurich.wordpress.com/2015/09/24/reise-in-die-automobile-zukunft/
Der Grund, weshalb Car-Sharing rentabel sein muss, muss mir erst mal einer erklären.
Sorry, aber das Fazit des Beitrags verstehe ich nicht. Die Zukunft, «in der private Autos überflüssig werden», die ist ja schon da. Wir haben keins, werden auch nie eins brauchen, weil dafür sind wir ja eben Mobility GenossenschafterInnen. Und das rechnet sich für uns, für die Genossenschaft, und v.a. auch für die Gesellschaft, weil wir dadurch gemäß Statistik z.B. gerade mal 10% der Abstellfläche benötigen.
Es braucht kein Car-Sharing – überhaupt GAR NICHTS MEHR für Autos jeglicher Art! Ersetzen Sie in diesem Artikel jedes Mal das Wort Auto mit «E-Bike» – dann haben Sie, was moderne Mobilität wäre und das Weltklima dringend braucht. Alles übrige ist ersatzlos wegzulassen, zu streichen, zu verbieten. Autobahnen ÖFFNEN für E-Bikes – das ist das Ziel! Hansjürg Feuz Bern