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Schlagzeile auf Blick-online am 22. Dezember 2019 © ringier

«Heiratsstrafe» sollte zum Unwort des Jahres gekürt werden

Urs P. Gasche /  Claude Chatelain erinnert im «Sobli» daran, dass es einen Heirats-Bonus gibt. Andere Medien reden weiterhin unbedarft von «Strafe».

Das Wort «Heiratsstrafe» wird von der Öffentlichkeit so verstanden, dass Verheiratete im Vergleich zu unverheirateten Paaren finanziell benachteiligt sind. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. «Es wird gerne unterschlagen, dass nicht erwerbstätige Verheiratete ein Beitragsprivileg haben», schreibt Kolumnist Claude Chatelain im Sonntags-Blick. Deshalb gehöre der Begriff «Heiratsstrafe» zu den Unwörtern des Jahres – ähnlich wie «Scheininvalide», «Ökoterror» oder «Dichtestress».
Die CVP pickt willkürlich die Tatsache heraus, dass bei doppelverdienenden Ehepartnern die Einkommen addiert werden, so dass sie zu einem höheren Steuersatz besteuert werden als doppelverdienende Konkubinatspaare, und dass Ehepartner zusammen nur anderthalb AHV-Renten bekommen, selbst wenn beide erwerbstätig waren. Daraus machte die CVP den Begriff «Heiratsstrafe» und ging bei ihrer Wählerschaft auf Stimmenfang.
Die «Heiratsstrafe» wandelt sich in einen Heirats-Bonus, wenn man nicht isoliert und willkürlich nur den höheren Steuersatz von doppelverdienenden Ehepaaren betrachtet. Die Argumente von Claude Chatelain:

  1. Es wird gerne unterschlagen, dass nicht erwerbstätige Verheiratete von der Beitragspflicht befreit sind, wenn der andere Partner AHV-Beiträge bezahlt – ohne dass dadurch die anderthalbfache Rente für das Ehepaar gekürzt würde. Für die AHV gibt es dadurch Mindereinnahmen von 200 Millionen Franken. [Eine Sekretärin zahlt mit ihren AHV-Beiträgen an die AHV-Renten von nicht erwerbstätigen Hausfrauen von Managern.]
  2. Deutlich stärker fallen Witwen- und Witwerrenten ins Gewicht. Sie schlagen mit jährlich 1,7 Milliarden Franken zu Buche. Nur ein Teil dieser Renten ist gerechtfertigt. Das ist aber eine andere Geschichte. Unverheiratete Paare erhalten weder Witwen- noch Witwerrenten.
  3. Dann gibt es auch noch einen Verwitwetenzuschlag, der die AHV-Rechnung um weitere 1,2 Milliarden Franken belastet. Das geht so: Stirbt der Ehepartner, wird die Plafonierung der Rente rückgängig gemacht, und der überlebende Teil erhält auf die Einzelrente einen Verwitwetenzuschlag von 20 Prozent. Die Einzelrente plus Zuschlag darf jedoch die Maximalrente von 2370 Franken nicht übersteigen.
  4. Schliesslich gibts auch bei den Steuern einen verlockenden Heiratsbonus: Nicht bei der Einkommens-, aber bei der Erbschaftssteuer. Frauen und Männer zahlen auf das Erbe ihres Ehepartners keine Erbschaftssteuer, Konkubinatspartner hingegen schon. Ausser im Kanton Schwyz.

Infosperber hat die «Heiratsstrafe» schon seit Jahren als irreführenden Begriff entlarvt:

28. Dezember 2013
«Die Heiratsstrafe ist ein Schwindel – ein Urteil des Bundesgerichts»
19 Januar 2014
«Tages-Anzeiger und Bund halten die Heiratsstrafe weiter für gegeben, trotz klarem Bundesgerichts-Urteil.»
30. April 2014
«Einige Familienmythen begraben»
6. April 2015
«Konkubinatspaare subventionieren die Verheirateten bei den Sozialversicherungen mit rund 800 Millionen Franken pro Jahr.»
12. Oktober 2015
«Deregulieren Ja: Zivilstandsunabhängige Steuern»
16. Februar 2016:
«NZZ merkt, was Infosperber schon lange klarstellte: Heiratsbonus statt Heiratsstrafe»
23. März 2018
«Die Tagesschau verbreitet das Märchen von der ‹Heiratsstrafe›»
Die SRF-Tagesschau ist wie andere Medien Wiederholungstäterin: Sie verbreitete dieses Märchen letzte Woche bei der Berichterstattung über die Parlamentsberatungen erneut.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Heirat_Geld

Finanzielle Folgen des Heiratens

Nur ganz reiche Doppelverdiener-Ehepaare fahren finanziell schlechter als erwerbstätige Konkubinatspaare.

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7 Meinungen

  • am 23.12.2019 um 14:10 Uhr
    Permalink

    Heiratsstrafe – Für mich ist das Bundesgericht keine Richtschnur mehr. Da gab es seit einiger Zeit Urteile die wirklich zu denken gaben. Früher unbestritten !

  • am 23.12.2019 um 15:53 Uhr
    Permalink

    Auch der Verfasser pickt heraus, was ihm passt. Er prangert die Erhöhung der AHV-Rente bei verwitweten Personen um 20% an. Dass das Paar in all den Jahren, da sie gemeinsam die AHV bezogen haben, jährlich – wie der Schreibende und seine Gattin – um 14220 «bestraft» werden, wird nicht erwähnt.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 23.12.2019 um 18:49 Uhr
    Permalink

    Seit meine Frau AHV bezieht, erhalte ich im Monat 700 Fr. weniger an AHV. Aber auch meine Frau erhält – wegen unseres Ehevertages – entsprechend weniger AHV.

    Zum Glück sind wir nicht in Frankreich. Da gibt es noch einiges mehr an juristischen «Spezialregimes». Ich habe meinen Kapitalanteil der 2.Säule aus dem System genommen. Seither sind alle Buchwertverluste «mein» Problem. Damit kann ich gut leben. Meine Vermögensverwaltungskosten, obwohl einiges höher als diejenigen meiner Frau, sind immer noch einiges tiefer als die Werte, welche die OAK eben veröffentlicht hat.

  • am 23.12.2019 um 19:25 Uhr
    Permalink

    Erzählen Sie doch nicht so einen Stuss! [Eine Sekretärin zahlt mit ihren AHV-Beiträgen an die AHV-Renten von nicht erwerbstätigen Hausfrauen von Managern.] EIn Manager bezahlt das mehr-faches ein, als er jemals zurück bekommt! Die Rente wird nicht mehr, wenn er einen Prozentsatz auf 20’000.– montatlich bezahlt. Und da spielt es auch keine Rolle, ob seine Frau arbeitet oder nicht – die soll eben nicht arbeiten und den anderen Frauen den Job wegnehmen!!!! Sie sollten einmal rechnen statt so einen Unsinn schreiten. Ein Manager erhält nur 2000.– AHV hat aber jedes Jahr mehrer zehntausende Franken für alle eingezahlt – einfach mal die Kirche im Dorf lassen.

  • am 23.12.2019 um 20:37 Uhr
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    Ich nenne die Heiratsstrafe deshalb auch gerne Loverboy/girl-Bonus.

    Warum diskutiert selbst eine CVP über die Heirat von Gleichgeschlechtlichen?

    Wichtig sind nur die Kinder.

    Mein Vorschlag: Wer Kinder aufzieht erhält bei einem Kind 75% der maximalen AHV, bei 2 Kindern 100% und bei 3 und mehr 125%.

    Gemeinsam inanziert von Staat, Partner und berechtigter Person.

    Alles andere wird abgeschafft.

  • am 23.12.2019 um 22:02 Uhr
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    Von Heiratsbonus zu sprechen, wenn nur verheiratete Paare profitieren, von denen ein Partner nicht erwerbstätig ist, und weiter die Vorteile des Steuersystems im Todesfall ins Feld zu führen, ist zynisch. In welchem Jahrhundert leben Sie, Herr Gasche?

  • am 25.12.2019 um 11:48 Uhr
    Permalink

    Bei den meisten Artikeln im Infosperber kann ich nicht beurteilen, ob sie der Wahrheit entsprechen. Aber bei diesem Thema, wo ich als pensionierter selbst die Rente nachgerechnet habe, weiss ich dass Herr Gasche lügt und das erst noch bösartig darstellt. Kann denn im Infosperber jeder beliebige Lügen verbreiten? Kontrolliert da niemand offensichtliche Unwahrheiten?

    Was stimmt also im Artikel von Herrn Gasche offensichtlich nicht:

    Wie leicht zu recherchieren ist, werden bei verheiraten Paaren und eingetragenen Partnerschaften für die Berechnung der AHV-Guthaben die AHV-Beiträger der beiden Partner zusammengezählt und dann zu gleichne Teilen beiden gutgeschrieben. Wenn also die Ehefrau keine Beiträge bezahlt weil sie nichts verdient, so bezahlt der Ehemann die Beiträge der Ehefrau und erhält nur die Hälfte für sich gutgeschrieben. Der ‹Geschädigte› ist also der Ehemenann und nicht die ledige Sekretärin.

    Heiratsstrafe: verheirateten Paaren wird die Maximalrente um 25% gekürzt!

    Ein Manager der 1 Million im Jahr verdiente zahlte Beiträge über die ganze Million, erhält aber die selbe (volle) AHV wie derjenige der 85’000.- pro Jahr verdiente.

    Unverheiratet Paare können sich eintragen lassen und erhalten dann dieselben Renten wie die verheirateten Paare. Aber das machen sie oft nicht, weil die finanziellen Nachteile (=Heiratsstrafe) deutlich überwiegen.

    In Zukunft werde ich wohl die Beiträge von Herrn Gasche als Fake News in den Abfallkübel schmeissen.

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