UNO muss Menschenrechtsarbeit erheblich einschränken
Das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (UNHCHR) in Genf kann wesentliche Teile seiner Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, da die USA und zahlreiche weitere Mitgliedsstaaten ihre Pflichtbeiträge an die Weltorganisation erheblich eingeschränkt oder die Zahlung verzögert haben. Deshalb können zahlreiche Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen, die aus aller Welt beim UNHCHR eintreffen, nicht bearbeitet werden. Auch die regelmässige Überprüfung der Einhaltung wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen durch die unabhängigen ExpertInnen des UNHCHR musste mangels Finanzierung teilweise eingestellt werden. Eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung der Arbeit des UNHCHR, das 1993 auf der Wiener Weltmenschenrechtskonferenz der UNO im Konsens aller Mitgliedsstaaten etabliert wurde, hat es noch nie gegeben.
Nur 44 von 193 Staaten haben Pflichtbeiträge vollständig gezahlt
Der von der Generalversammlung in New York beschlossene reguläre Haushalt der UNO beträgt für 2018 rund 2,7 Milliarden US-Dollar. Die festgelegten Pflichtbeiträge der 193 Mitgliedsstaaten sollten laut der verbindlichen Finanzordnung der UNO jeweils bis zum 31. Januar an die UNO-Kasse überwiesen werden. Bis Ende Juni hatten jedoch nur 44 Staaten ihre Pflichtbeiträge für 2018 vollständig gezahlt. Mit Abstand grösster Schuldner sind die USA. Die Trump-Administration hat seit ihrem Amtsantritt Anfang 2017 einen Teil ihrer Pflichtbeiträge sowohl an den regulären Haushalt der UNO wie an das separat geführte Budget für UN-Blauhelmmissionen einseitig drastisch gekürzt.
Weniger als die Hälfte des Budgets zur Verfügung
Ein seit vielen Jahren festgelegter Anteil von 3,7 Prozent des regulären UNO-Haushaltes ist für die Finanzierung der Arbeit des UNHCHR bestimmt. In seinem Genfer Hauptquartier sowie in seiner Filiale in der New Yorker UNO-Zentrale sind rund 1300 Menschen beschäftigt. 3,7 Prozent des regulären UNO-Haushalts wären in diesem Jahr knapp 100 Millionen US-Dollar. Davon steht dem UNHCHR bislang jedoch weniger als die Hälfte tatsächlich zur Verfügung. Daher konnte das UNHCHR die regelmässigen Verfahren zur Überprüfung von sechs der zehn internationalen Kern-Konventionen zum Schutz und zur Durchsetzung der Menschenrechte (u.a. gegen Folter, Rassismus oder die Diskriminierung von Frauen und für die Rechte von Kindern, Behinderten etc.) bislang nicht durchführen. Die Sitzungen der mit dieser Überprüfung beauftragten regierungsunabhängigen Völker-und MenschenrechtsexpertInnen mussten abgesagt werden. Auch die Entsendung von thematischen BerichterstatterInnen – zum Beispiel zum Recht auf Nahrung oder zur Religionsfreiheit – zwecks Überprüfung der Menschenrechtssituation in allen Mitgliedsländern sowie von Sonderbeauftragten oder Kommissionen zur Untersuchung mutmasslicher Menschenrechtsverletzungen musste erheblich eingeschränkt werden.
Schliesslich beendete das UNHCHR inzwischen aus Kostengründen auch das Erstellen von zusammenfassenden Protokollen der Sitzungen wichtiger Menschenrechtsgremien und das Versenden dieser Protokolle an die in Genf akkreditieren UNO-KorrespondentInnen. Mit dieser Massnahme wurde die Berichterstattung über die Menschenrechtsaktivitäten der UNO ganz erheblich erschwert.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Andreas Zumach arbeitet am europäischen Hauptsitz der UNO in Genf als Korrespondent für Printmedien und deutschsprachige Radiostationen sowie das Schweizer Fernsehen SRF.