Die Schweiz verbietet zwölf gefährliche Pestizide
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat zwölf Pestizide verboten, die Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl enthalten. Es handelt sich dabei um Produkte, die das Gehirn von Embryonen und Kleinkindern schädigen. Ausserdem sind sie extrem giftig für Vögel, Insekten und Wassertiere.
Insgesamt seien 26 Produkte zurückgezogen worden, schreiben «WWF» und «Greenpeace» in einer Stellungnahme. Wie «Radio Télévision Suisse» (rts) berichtet, hat das BLW die Widerrufe bestätigt. Neun der Verbote erfolgen ab sofort. Drei weitere Produkte können aber noch während zwölf Monaten verkauft werden. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig, die betroffenen Unternehmen haben nun dreissig Tage Zeit, um beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einzureichen.
Pestizide kommen oft zum Einsatz
Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl wurden ab den 1960er-Jahren in die Schweiz eingeführt. Sie gehören zu den am häufigsten eingesetzten landwirtschaftlichen Pestiziden und werden unter anderem zum Besprühen von Kartoffeln, Gemüse, Beeren und von Trauben verwendet. «In der Schweiz wurden in den letzten fünf Jahren aktive Wirkstoffe mit einer Rate von 10’000 bis 15’000 Kilogramm pro Jahr freigesetzt», schreiben «WWF» und «Greenpeace», die sich seit Jahren für ein Verbot der betreffenden Produkte eingesetzt hatten.
Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl haben eine Kontakt,- Frass- und Atemgiftwirkung und wirken am Nervensystem von Insekten. Neben Insekten, darunter vor allem Bienen und Hummeln, sind davon auch Vögel und Wassertiere betroffen. Die Wirkstoffe töten auch Leben im Boden und schädigen unsere eigene Nahrungsgrundlage.
Ähnliche Struktur wie beim Nervengas
Beim Menschen können die Pestizide zu zahlreichen Symptomen führen, so zum Beispiel zu Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, unscharfem Sehen, Blutdruckabfall, Krampferscheinungen und Atemstillstand. Bei Embryonen und auch Kleinkindern, die im Mutterleib geringen Dosen von Chlorpyrifos ausgesetzt waren, wurden Veränderungen des Grosshirns, unter anderem von geschlechtstypischen Merkmalen, sowie eine Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt.
Gemäss der Stellungnahme von «WWF» und «Greenpeace» haben Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl eine «ähnliche Struktur wie einige Chemikalien, die als Kriegswaffen eingesetzt werden können».
Vor rund einem Jahr stellten Wissenschaftler bei der Zulassung der vorgelegten Herstellerstudie aus dem Jahr 1998 Unregelmässigkeiten fest. In den Rohdaten fanden sie deutliche Hinweise auf Beeinträchtigungen im Gehirn, die bereits bei geringen Dosierungen auftreten. Diese Effekte blieben im Fazit der Studie unerwähnt.
Umweltorganisationen sind nicht zufrieden
Obwohl «WWF» und «Greenpeace» von einem «Etappensieg für die Biodiversität» sprechen, sind sie mit dem Entscheid des BLW nicht vollständig zufrieden. Sie kritisieren die 12-monatige Frist, während denen die Pestizide weiterhin verkauft werden dürfen und bezeichnen diese als «unnötig und unverständlich».
Ausserdem seien auch nach diesem Verbot Dutzende von hochtoxischen und vergleichbaren Pestiziden für Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Instandhaltungsdienste frei verfügbar. Sowohl «WWF» als auch «Greenpeace» fordern ein konsequentes Verbot von all diesen Produkten.
EU: Pestizid in 22 Staaten zugelassen
Der Wirkstoff Chlorpyrifos ist in der Europäischen Union seit 2005 zugelassen. Eigentlich lief die Zulassung bereits im Jahr 2016 aus. Obwohl die Prüfung der Zulassungsverlängerung nicht in der vorgesehenen Zeit abgeschlossen werden konnte, wurde die Zulassung verlängert: zuerst bis Januar 2018, dann bis Januar 2019 und schliesslich bis Januar 2020.
In Deutschland dürfen seit 2009 keine Präparate mit dem Wirkstoff Chlorpyrifos verkauft werden. Trotzdem kann der Wirkstoff durch den weltweiten Handel ins Land gelangen, teilweise liegen die gefundenen Chlorpyrifos-Werte über den zulässigen Grenzwerten.
USA: Verbot für Heimgebrauch
Wie beinahe überall auf der Welt, gehören Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl auch in den USA zu den am häufigsten verwendeten landwirtschaftlichen Pestiziden. Hier ist Chlorpyrifos seit 2001 für den Hausgebrauch verboten. Vor dem Verbot zeigten Studien, dass sich der Wirkstoff in der Raumluft von fast allen überprüften Wohnungen nachweisen liess.
In bestimmten Wohngegenden von New York wurde Chlorpyrifos zudem im Blut von der Mehrheit der afro-amerikanischen Mütter gefunden. Ebenfalls konnte gezeigt werden, dass die im Körper von Kindern gefundenen Chlorpyrifos-Werte drastisch abnahmen, nachdem die Ernährung der Kinder auf Bio-Produkte umgestellt worden war.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Es erstaunt wenig, dass Chlorpyrifos und Clorpyrifos-Methyl eine «ähnliche Struktur wie einige Chemiewaffen» haben, hat sich die Agrochemie – und auch die Pharmaindustrie – nach dem 2. Weltkrieg aus den damaligen Chemie- und Sprengstoffunternehmen entwickelt, die neue Geschäftsfelder suchten. Auch heute noch kann Kunstdünger als Sprengstoff eingesetzt werden.
Der Einsatz all dieser Agrochemie inkl. Kunstdünger ist heute nicht mehr zu rechtfertigen. Es sollte alles verboten werden, denn es gibt genügend biologische Alternativen für alles. Mit diesen Chemiecocktails wird nicht nur die Artenvielfalt dezimiert, sondern auch die Bodenfruchtbarkeit und unsere eigene Gesundheit geschädigt. Nicht einmal die Bauern haben etwas davon, die hohen Kosten schmälern ihren Verdienst. Einzig die Agrochemie- und Saatgutmultis wie Syngenta (chinesisch), aber auch die Fenaco (UFA, Agrola, Landi u.a.) machen Profit auf unsere Kosten (landwirtschaftliche Subventionen insgesamt über 4 Milliarden jährlich!).
Siehe auch Beobachter (2016): https://www.beobachter.ch/politik/politik-die-macht-der-bauern#
Der heutige Kapitalismus in der Form des blossen Libertären kennt nur als Ziel Kapital und Macht anhäufen. Kollateralschäden werden verdrängt.
Es ist eine tödliche Hybris, Technik gegen die Natur einzusetzen.
Heute ist die Strategie Ökologie, Ökonomie UND Gesellschaft als Ganzes politisch möglichst gleichbedeutend zu behandeln für das gute Leben zukünftiger Generationen nötig.
Eine weitere Frage taucht auf: Werden durch das Ausbringen von Spritzmitteln die natürlichen Fressfeinde der Zecke dezimiert?