NREL_solarfarm

Nicht nur ein ästhetischer Gewinn: bepflanzte Solarfarmen. © NREL

Wie Solarkraftwerke die Insekten retten können

D. Gschweng /  Bisher stehen Solaranlagen meist auf öden Böden. Doch durch richtige Bepflanzung können sie zu ökologischen Rettungsinseln werden.

Je grösser sie sind, desto rentabler ist ihr Bau. Attraktiv an Solarkraftwerken ist die im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken sehr kurze Bauzeit. Und gebaut werden sie vor allem da, wo Platz ist, unter anderem in den USA. Bis 2050 werden dort 2,4 Millionen Hektaren mit Solarpanels bedeckt sein, schätzt das Nationale Labor für erneuerbare Energien (NREL).

Für die schwindende Insektenpopulation könnten diese Flächen ein Hoffnungsschimmer sein. Die Zahl und Artenvielfalt der Insekten geht seit Jahrzehnten zurück. Die meisten Experten führen das auf ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zurück: Verlust an Lebensraum, Futtermangel, Pestizide, Parasiten, und der Klimawandel machen ihnen das Leben schwer. Ohne Bienen, Motten, Schmetterlinge, Käfer, Wespen und die Tiere, die von ihnen abhängen, wäre die Welt aber deutlich ärmer. Auch wirtschaftlich wird der Insektenschwund zum Problem. Unter anderem hängen mehr als ein Drittel der kommerziell genutzten Pflanzen von Bestäubern ab (siehe auch Infosperber: «Der Bestäubungsindustrie gehen die Bienen aus»).

Aus Schotter wird ein Blumenmeer

Die derzeit meist mit Schotterbelag oder pflegeleichtem Rasen versehenen Kraftwerksböden könnten Rettungsinseln für Insekten werden, falls sie richtig bepflanzt werden. So wie ein Grundstück von fast 17 Hektaren im südwestlichen Oregon. Einst war es eine Viehweide, dann wurde es zum Solarkraftwerk. Optisch war das eintönig, ökologisch auch. Bis der Betreiber Pine Gate Renewables im Jahr 2017 Wildblumen säte, die das robuste Gras ablösten. Zwischen den Reihen der Solarpanels entstand ein Blumenmeer, das Nahrung für viele Bestäuber bietet.

Blumen spriessen beispielsweise auch bei SoCore Energy in Wisconsin und Great River Energy in Minnesota, die nach eigenen Angaben 81 Hektaren, darunter auch die Fläche um ihr Hauptquartier, mit Wildpflanzen begrünten. Insgesamt sind 2016 und 2017 allein in Wisconsin etwa 800 Hektaren bestäuberfreundlich bepflanzt worden, schätzt NREL. Im ganzen Land würden sich 350‘000 Hektaren in der Nähe bestehender oder bereits geplanter Solarkraftwerke dazu anbieten.

Nicht nur Insekten können profitieren

Blühende Wiesen zwischen Solarpanelen – das gibt nicht nur ansprechende Bilder, mit denen die Betreiber von Solaranlagen gerne werben. Auf längere Sicht, sagt der Ökologe Lee Walston, sparen sie damit sogar Geld. Obwohl die Saat anfänglich teurer ist als Schotter oder Gras, kann die Wartung auf Dauer günstiger sein als bei konventionellen Anlagen. Die Wildpflanzen müssen seltener gemäht werden und brauchen weniger Pestizide. Der Bewuchs senkt zudem die Temperatur, die in der Nähe von Solarkraftwerken um drei bis vier Grad über der Umgebungstemperatur liegen kann («Nature»), so dass die Solarpanels effizienter arbeiten.

Profitieren könnten auch die Landwirte in der Umgebung. Untersuchungen haben ergeben, dass die Erhöhung der Bestäuberzahl zu höheren Erträgen bei Nutzpflanzen führt. Ein Problem stellt jedoch Pestizideinsatz in unmittelbarer Nähe dar. Für Insekten schädliche Gifte können dadurch auf die Öko-Wiese getragen werden.

Hübsche Blüten reichen nicht, auf die Vielfalt kommt es an

Ganz so einfach, wie es sich anhört, ist die Sache aber nicht. Einfach Blumen spriessen lassen, sieht zwar hübsch aus. Um eine möglichst vielfältige Bestäubergemeinschaft zu fördern, braucht es jedoch die richtige Pflanzenmischung. «Ein häufiges Problem mit dem Bestäuber-Lebensraum ist, dass die Samenmischungen nicht sehr vielfältig sind», sagt Sarah Foltz Jordan, Spezialistin für Bestäuberschutz bei der gemeinnützigen Organisation Xerces Society für die Erhaltung Wirbelloser. Gerade bedrohte Insektenarten sind oft spezialisiert auf bestimmte Pflanzen. Zudem muss der Bewuchs der Höhe der Panels angepasst werden, damit diese nicht durch das spriessende Grün beschattet werden.


Auf die richtige Mischung kommt es an: Der Monarchfalter als Beispiel, dessen Population seit 2005 um 80 Prozent zurückgegangen ist, ist spezialisiert auf die Blüten der Seidenpflanze. (Bild: USFWS)

Ob sich durch die Bepflanzung von Solarfarmen merkliche Änderungen herbeiführen lassen, ist noch nicht bekannt. «Wenn wir ein Habitat schaffen können, wo vorher keines war, hat das wahrscheinlich eine positive Wirkung», sagt Scott McArt, Entomologe der Cornell University, gegenüber «Scientific American». Genauer kann er es nicht sagen, denn es gibt derzeit noch keine ausreichende Datengrundlage. Im Juli 2018 hat McArt zusammen mit einem Energieversorger eine Studie begonnen, die in einem Kraftwerk drei Jahre lang nahverfolgen wird, in welchem Umfang die Bestäuberpopulation profitiert.

Andere Experten wie der Ökologe Ihor Hlohowskyj vom Argonne National Laboratory in Chicago, sind skeptischer. «Die Etablierung von Bestäuberlebensraum auf Solaranlagen ist keine Antwort auf den Rückgang der Bestäuber», sagt er. Mit der grossen Fläche, die Solaranlagen einnähmen, böten sie aber eine einzigartige Möglichkeit, die Artenvielfalt zu erhalten.


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3 Meinungen

  • am 29.01.2019 um 12:21 Uhr
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    Interessant! So gegen die negativen Auswirkungen der grossflächigen Monokulturen zu kämpfen und gleichzeitig Strom zu produzieren, ist attraktiv. Eine Bemerkung zur benützten Terminologie: Sonnenkollektoren erzeugen immer Wärme, während Solarpanels Strom liefern (siehe die Norm ISO 9488). Der Artikel spricht nur von Stromerzeugung, sollte also das Wort Sonnenkollektoren nicht enthalten. Aber man könnte wohl auf ähnliche Weise Wärme erzeugen, wenn ein Sonnenkollektorfeld genügend nahe an einem grossen Wärmeverbraucher liegt. Dies wird oft in Dänemark gemacht und ist dort ohne staatliche Subventionen bereits wirtschaftlich.

  • am 29.01.2019 um 12:59 Uhr
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    Die meisten Solarmodule werden durch Flechten, Moos,Blütenstaub,Tierkot verschmutzt.
    Es bilden sich an Modulen und in direkter Nähe derer keine Insekten Nester oder sonstige von Tieren hergestellten Lebensunterlagen. Dies ist sicher eine Folge des hochspannigen getakteten Gleichstromes der Solarmodule.600Volt/DC ergibt ein relativ hohes elektrisches und magnetisches Gleichfeld.
    Ebenso die Wechselrichter welche diesen getakteten Gleichstrom in elektronisch umgewandelten sehr schmutzigen Wechselstrom umwandeln sind aber von Insekten heimgesucht.
    Ich betreibe seit 30Jahren mehrere Solaranlagen in mitten einer der letzten biologisch hochwertigen Gegenden.Der grösste Insekten Killer sind und waren LED Leuchten sowie Energiesparlampen. Deren Elektronik verschmutzt das ganze Stromnetz in unmittelbarer Nähe gleich wie die Solarwechselrichter.
    Das elektrische Wechselfeld in derer Umgebung ist sehr hoch und nicht umbedingt gesund.

  • am 30.01.2019 um 01:29 Uhr
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    Zum Artikel selbst, möchte ich mich hier nicht wirklich äußern. Doch zum Kommentar von Albrecht Marco. Daß «energiesparende» LED-Leuchten und auch «Energiesparlampen» demnach Insektenkiller sind bzw. sein sollen, erfährt man praktisch nie und weiß es somit auch nicht so recht einzuordnen. Daß übliche «Energiesparlampen» giftiges Quecksilber enthalten was bei Beschädigungen und Entsorgung gefährlich ist, wird allmählich bekannter. Daß «normale» LED-Leuchtmittel wegen ihres überhohen Blaulicht-Anteils auch gefährlich sind für Augen von Erwachsenen und erst recht für die von Kindern (beschleunigte Erblindungsgefahr im Laufe der Jahre), wurde bisher lediglich einmal in einer einzigen deutschen Fernsehsendung angeschnitten. Lediglich bei LED-Leuchten mit «Vintage-Licht» also geringerem Blaulichtanteil und wärmerem Farbspektrum, ist das offenbar nicht so gefährlich. Wieweit das jetzt auch Insekten schadet, kann ich nicht sagen und man müßte bei Albrecht Marco nachfragen. Vielleicht liest er das hier ja noch und antwortet dazu.

    An dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, daß eine unbekannte Anzahl an verbauten Solarpanels (meist Dünnschichtbauweise) wegen etwas mehr Stromerwartung, das Gift Cadmium enthält. Damit dürften solche Panels nachher eigentlich nur noch als teurer Sondermüll/Giftmüll entsorgt werden. Tatsächlich wissen aber die Besitzer solcher cadmiumhaltigen Panele, normalerweise gar nichts davon. So manches gutgemeinte Öko-Bio-Produkt, ist leider gefährlich.

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