Pfister_NZZaS

Zitat des CVP-Präsidenten auf der Frontseite der «NZZ am Sonntag» © nzz

CVP-Präsident schmückt Christentum mit fremden Federn

Red. /  Bei aller Sympathie für christliche Werte: Aufklärung und Demokratisierung hat die katholische Kirche fast überall rege bekämpft.

upg. Kaum hatte Kurt Marti auf Infosperber das neue «Wertepapier» der CVP kritisch beleuchtet, kann CVP-Präsident Gerhard Pfister eine fragwürdige Behauptung auf der Titelseite der «NZZ am Sonntag» vom 23. Dezember wiederholen:

    «Wir sollten selbstbewusster zu unserem Erbe stehen. Ohne Christentum gäbe es weder die Aufklärung noch Demokratie.»

«Das müssen Sie erklären», war die einzige Gegenfrage, welche NZZaS-Kulturredaktor Christian Jungen dem auf zwei ganzen Seiten interviewten Parteipräsidenten zu obiger Behauptung stellte. Darauf Pfister: «Freiheit und Menschenwürde sind primär christliche Begriffe. Erst der christliche Glaube hat die Einzigartigkeit und Gottes Ebenbildlichkeit eines jeden Menschen behauptet. Daraus folgt die Freiheit.»

Diese Schlussfolgerung allerdings war den katholischen Stellvertretern Gottes auf Erden während Jahrhunderten fremd. Dies galt insbesondere während der Zeit der Aufklärung und der Entwicklung demokratischer Institutionen. Kurt Marti hatte dies auf Infosperber unter dem Titel «Das Märchen von den christlichen Werten» schon im Jahr 2011 aufgezeigt:

Gegen Demokratie, Presse- und Glaubensfreiheit

Es ist bezeichnend, dass der Vatikan die Menschenrechtskonvention bis heute nicht unterschrieben hat. Noch vor 150 Jahren verurteilte Papst Pius IX. die Demokratie, die Pressefreiheit und die Glaubensfreiheit mit feurigen Worten. Gleichzeitig führte er die Dogmen der Unbefleckten Empfängnis und der Unfehlbarkeit des Papstes ein. Papst Piux IX. wurde von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 seliggesprochen.
Die traditionellen, christlichen Werte der katholischen Kirche sind zu suchen in ihrer
Ablehnung der Gleichberechtigung von Mann und Frau,
Ächtung der Homosexuellen,
Ausgrenzung von Kritikern,
Ablehnung der Freiheitsrechte.

Die von der CVP angeführten «christlichen Werte»
Freiheit,
Selbstverantwortung,
Gerechtigkeit und
Solidarität
mussten in der Zeit der Aufklärung im blutigen Kampf gegen die christlichen Institutionen erkämpft werden. Die Freiheitswerte der Aufklärung sind als Gegenthese zur christlichen Bevormundung hervorgegangen. Es ist deshalb verfehlt zu behaupten, die Aufklärung hätte christliche Wurzeln. Aus der zeitlichen Abfolge, dass die Aufklärung historisch auf den christlichen-absolutistischen Gottesstaat folgte, entsteht kein inhaltliches Erbe.

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Siehe dazu:


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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Religionen

Religionen und Menschenrechte

Je fundamentalistischer religiöse Gemeinschaften sind, desto weniger achten sie Menschenrechte.

FRANCE-GAY-MARRIAGE-DEMO

Toleranz gegenüber Fundamentalisten?

Forderungen nach präventiver Überwachung der Bürger, nach Verboten von Waffen oder der Burka stehen im Raum.

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25 Meinungen

  • am 24.12.2018 um 12:12 Uhr
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    Mein Gott, was für eine enge Sicht auf «christlich» präsentiert hier INFOsperber. Sie haben recht, was Pfister formuliert, paßt nur schwach auf seinen eigenen «Verein». Doch im vorstehenden Artikel müßte «christlich» mit «katholisch» ersetzt werden.

    Aber es gibt noch die ganze christliche Welt der Reformation, die ihrerseits wiederum den Wurzelgrund im Humanismus des ausgehenden 15. und des 16. Jahrhunderts hat.
    Luthers Reformation hat mit der Rückführung auf die Bibel (sola scriptura) und dem Verzicht auf hierarchische Institutionen wesentliche Freiheitselemente eingeführt.
    Und Calvins Reformation hat mit der presbyterialen Kirche und den Konzepten des «Priestertums aller» eine entscheidende Grundlage zur Entwicklung von partizipativen, demokratischen Gesellschaftsformen gelegt. Und diese Form von (Kirch-)Gemeinde und Gemeinschaft ist ohne die Dimension der Freiheit nicht denkbar.

  • am 24.12.2018 um 12:23 Uhr
    Permalink

    Wie kommt infosperber zur Auffassung, wir hätten das übersehen und will dazu noch unsere Meinung?
    CVP, ein Auslaufmodell, das sich samt seinen «Christlichen Werten» selbst erledigt. Wenn es denn menschliche Kultur und menschliche Werte überhaupt gibt, dann müssen diese bis heute mit Sicherheit gegen selbsternannte Stellvertreter Gottes erkämpft werden. Irgendwann werden das auch die verbleibenden armen naiven gutgläubigen «Christen» durchschauen.

  • am 24.12.2018 um 12:42 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für Ihre objektive Aufklärung! Jede geistesgeschichtlich bewanderte Person muss dies so sehen.
    Mit guten Neujahrswünschen
    Carola Meier-Seethaler

  • am 24.12.2018 um 12:45 Uhr
    Permalink

    So einfach ist die Sache nicht, wie Ihr Beitrag es behauptet, hie die hinterwäldnerische Kirche, da die fortschrittliche Aufklärung, schön voneinander getrennt und gegen einander ausgespielt, wie Sie es tun. Da hat Herr Pfister recht (bin selber kein CVP-ler … ) : Durch die Vorstellung, dass in Jesus-Christus Gott auch Mensch geworden ist, hat Christentum tatsächlich den Menschen ins Zentrum der Realität gestellt , dadurch auch den Wert seiner Bedürfnisse . Dies nicht nur zu den durch die Aufklärung hochgehaltenen Menschenrechte und Freiheiten usw geführt, sondern auch durch diese Heiligsprechung des Mensch-Seins auch zum jetzigen Konsum-Wahnsubb … Dass die Kirche – wie JEDE Institution – auch viele sowieso in jeder Gesellschaft liegenden «reaktionären» Vorstellungen übernommen hat, entspricht also nicht grundsätzlichen Vorstellungen des Christentums – der Mensch als Abbild Gottes . ) Ähnliches gibt es im Islam: die erzkonservativen Vorstellungen, die man im Koran findet und, natürlich bei den Islamisten, die sich NUR darauf beziehen, entsprechen nicht der grundsätzlichen Stossrichtung des Korans: Gott als Mittelpunkt und «Fluchtpunkt» der gesamten Wirklichkeit.

  • am 24.12.2018 um 12:46 Uhr
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    VIelen Dank. So ähnlich ging es mir bei der NZZ_Lekture durch den Kopf, aber so trefflich und gut argumentiert hätte ich nicht reagieren können.

  • am 24.12.2018 um 12:52 Uhr
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    Hahaha, guter Witz der CVP!

  • am 24.12.2018 um 13:13 Uhr
    Permalink

    Ja, bloss ist dabei nicht zu vergessen: Die Aufklärung half die Sklaverei und den Rassismus in Form von weisser Suprematie «wissenschaftlich» zu legitimieren. https://www.exlibris.ch/…/die…/id/9783515117562

  • am 24.12.2018 um 15:05 Uhr
    Permalink

    Wenn CVP-Präsident Pfister das ernsthaft behauptet – und das scheint der Fall zu sein, dann hat er null Ahnung von Schweizer Geschichte und von der Entstehung der modernen Schweiz. Oder er schmückt sich bewusst mit fremden Federn, den Federn der damaligen Gegner der konservativen Katholiken, welche den Sonderbundskrieg vom Zaun brachen. Die katholischen Orte wollten sich von der übrigen Schweiz trennen. Pfister betreibt Geschichtsklitterung in unakzeptablen Ausmass.

  • am 24.12.2018 um 15:10 Uhr
    Permalink

    Sie setzen «Christentum» mit römisch-katholischer Kirche gleich. Herr Pfister hat von Christentum gesprochen. Dieses umfasst auch die Reformation, die Täufer und generell die protestantischen Christen/Kirchen, die aufgeklärt und sich für demokratische Strukturen eingesetzt haben: «Allgemeines Priestertum» etc.
    Etwas mehr Differenzierung würde Ihrer Argumentation gegen die römisch-katholische Kirche gut anstehen, auch wenn Sie dann nicht mehr so pauschal alles in einer Pfanne hauen können. Treibenden Kräfte in den USA zur Einführung der Religionsfreiheit (Menschenrechte), waren evangelische Christen.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 24.12.2018 um 15:30 Uhr
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    Das mit Demokratie und schweizerischen politischen Katholizismus, der meist föderalistisch war und politisch direkt-demokratisch, mit dem bedeutenden Katholikenführer, dem Dogmenkritiker Segesser (1819 – 1888), auch weithin aufgeklärt, bringt nun eben gewisse Gesichtspunkte, die der Innerschweizer Pfister wohl kaum ganz falsch sieht, zu schweigen davon, dass in Sachen Wilhelm Tell und Schweizer Mythen der Liberalismus sich der Aufklärung verwehrte, während der Begründer der historisch-kritischen Geschichtsschreibung in der Schweiz, der katholisch-konservative Regierungsrat und Gelehrte Josef Eutych Kopp (1793 – 1866) , wegen seiner Kritik an den Schweizer Geschichtslegenden, der gegenüber man Max Frisch nur mit Mitleid anschauen kann, als Landesverräter galt. Es gab immer auch, neben unbestreitbar anderen, aufgeklärte Katholiken, so wie man mit bornierten und ignoranten Liberalen und auch Linken ja auch geduldig leben lernen muss. Das Problem aller schweizerischen politischen Richtungen ist, dass man sich zu wenig, auch zu wenig kritisch, mit der eigenen Geschichte auseinandersetzt. Im gegenwärtigen Streit der Blocheristen mit den Linken um die Frage, wie es Robert Grimm mit Lenin hatte, ist für mich das Wichtigste, dass er Grimm seinem grossartigen Buch über die Schweizer Geschichte in Klassenkämpfen, trotz Einseitigkeiten, ähnlich wie im 19. Jahrhundert Segesser mit seiner kritischen Geschichtsschreibung, Massstäbe gesetzt hat. Es gab in jedem Lager Aufgeklärte und andere.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 24.12.2018 um 15:51 Uhr
    Permalink

    PS. Kurt Marti weiss, dass ich seine Funktion als Ideologiekritiker in seiner katholischen Heimat trotz manchem Andersmeinen absolut respektiere, nur hätte er vielleicht besser Kritik an Kardinal Koch geübt, der heute im «Blick» die unsägliche Erklärung abgegeben hat, dass es auch unter Agnostikern «gute Menschen» gebe. Für eine solche läppische Banalität müsste man sich eigentlich bei den Agnostikern, zu denen sogar ein Pfarrer Kurt Marti gehörte, entschuldigen. Ich wünsche zumal diesen ein gesegnetes Weihnachtsfest und sowieso den Infosperber-Lesern ein gutes neues Jahr 2019 mit hoffentlich qualifizierten Leserdiskussionen.

  • am 24.12.2018 um 17:41 Uhr
    Permalink

    Herr Pfister spricht von «christlich». Die katholische Kirche (zumindest die Spitze) betrachtet sich als alleinseligmachend, das heisst als das Christentum an sich. Seine Aussage ist darum kreuzfalsch. Es müsste heissen «trotz Katholizismus gibt es Aufklärung und Demokratie». Aber bei einem Politiker darf man halt nicht so kleinlich sein. Schon gar nicht an Weihnachten….

  • am 24.12.2018 um 23:31 Uhr
    Permalink

    Wie kann eine solche Meinung vertreten werden wenn man sich ehrlich bemüht,
    die fatale Geschichte des Christentums wahrheitsgetreu zu analysieren? Die Aussage
    von Pfister ist für mich eine frisierte Idee, die wenig mit der Realität zu tun hat!
    P. Spätig, Ligerz

  • am 25.12.2018 um 10:57 Uhr
    Permalink

    Wenn Pfister das Wort «christlich» braucht, wäre es angebracht, auf den zu verweisen, von dem es stammt, nämlich von Christus, und in geschriebener Form also von der Bibel, alten und neuen Testaments (christlich-jüdische!). Herr Pfister, drei Beispiele aus dieser «Wertetradition» gefällig?

    1. Psalm 137, Vers 8:"Gesegnet der Mensch, o Herr, der die Kindlein Babylons (Irak!) packt und am Felsen zerschmettert ….» Aufgrund dieses Verses (u.A.) haben Bush Senior und Junior je einen Krieg gegen den Irak angezettelt, unvorstellbar grausam, kostspielig und sinnlos. Eine christlich-jüdische Wertetradition?
    2. Ein Prophet des alten Testaments: »…. und die Menschen sollen sich nicht länger abmühen, nur damit andere den Profit davon haben …..» also die totale Befreiung von jeglichem Profit im wirtschaftlichen Handeln. Wie wär’s, Herr Pfister, mit diesem Wert??

    3. Apostelgeschichte 2 und 4, Neues Testament (also jetzt echt christlich!!) beschreibt das Leben der ersten Gemeinde nach Tod und Auferstehung Jesu: » …. und aller Besitz war gemeinsamer Besitz, und keiner von ihnen sagte, dass irgendetwas sein persönliches Eigentum sei, sondern einem jeden wurde zugeteilt, je nachdem, was er nötig hatte ……». Dies ist der sogenannte Liebeskommunismus. Also, Herr Pfister, wie können Sie das einbauen?

    Und wirkt es ein klein wenig mehr, wenn Ihnen das ein Pfarrer wie ich schreibt? Oder doch nicht so, weil reformiert und deshalb nicht so ganz …….

  • am 25.12.2018 um 14:16 Uhr
    Permalink

    Bei solchen Themen und Diskussionen, nicht nur in der Schweiz, fällt immer wieder die Zuspitzung in pures Schwarz-Weiss-Sehen auf. Weiter oben hat Pirmin Meier schon gewisse innnerschweizer Beispiele gebracht. Ähnliches könnte ich da auch aus Deutschland bringen oder auch aus den Niederlanden/Belgien. Die belgische Revolution der Vereinigten Niederlande, die ab 1830 zum Staat Belgien führten, hatten großteils Ursachen in der Benachteiligung der Katholiken dort durch den reformierten Norden um Amsterdam und Den Haag. Das waren also «innerchristliche» Konflikte. Nicht aber Christ versus Atheist!

    Diese ganzen Dinge und damit auch die Kriege zwischen Katholiken, Protestanten (und Anderen, wie auch Wiedertäufern in Münster/Westf. etc.) gehen bei sowas unter. Auch die Trennung Roms zur Orthodoxen Kirche. Auch der Beginn des Dreissigjährigen Krieges 1618-1648 war zunächst ein «innerchristlicher» Religionskonflikt. Er artete dann aber zu einer europäischen Katastrophe querbeet durch Länder und Religionen aus.

    Nur 7 km von meinen eigenen Wohnsitz entfernt, konnte ein offenbar «wiedergeborener barocker Fürstbischof» Tebartz van Elst, einige Jahre all das ausführen, was absolutistische katholische Kirchenfürsten einst als Lebensführung für normal ansahen. Dabei war dieser Mann nach Ansicht der Römischen Kurie, sicherlich ein hervorragender Kirchenfürst, nur halt «leider» etwa 250 Jahre zu spät geboren.

    Wie paßt so ein Kirchenmann, in die oben angefachte Diskussion?

    Werner Eisenkopf

  • am 25.12.2018 um 17:30 Uhr
    Permalink

    Die Gleichsetzung des Christentums mit der katholischen Kirche ist problematisch. Jesus strebte nicht nach Macht, er verkündigt vielmehr: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Dazu gilt auch: Christliche Werte ohne Jesus Christus ist Humanismus. Jesus sagt von sich: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zu Vater, denn durch mich. Hans Peter Häring, Wettswil

  • am 26.12.2018 um 21:53 Uhr
    Permalink

    Danke für den guten Artikel.
    Ja, da liegt unser CVP-Präsident zu 100% falsch.
    Das Christentum hätte gute «eigene» Werte z. B. das Zinsverbot. Wo sind die CVP-Politiker die das Zinsverbot vordern?
    Du sollst nicht töten! Wo sind die FDP-Politiker welche die Ausfuhr von Waffen verhindern? Oder sich Einsetzen für die Rettung der Flüchtlingen auf dem Mittelmeer? Wo waren die CVP-Wähler als der Bundesrat den Helfern die Erlaubnis verweigerte unter Schweizer Flagge zu fahren?
    Ich schäme mich was Schweizer «Christen» aus Ihrer Religion gemacht haben!

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 27.12.2018 um 14:34 Uhr
    Permalink

    @Bertschi. Ich schäme mich nur für das was ich falsch gemacht habe. Papst Martin V., gewählt in Konstanz, hat 1424 das Zinsverbot faktisch aufs Eis gelegt, damit in Italien Kapitalismus ermöglicht. Aber klar hat sich Pfister diesmal schlecht beraten ausgedrückt. So sieht es nach Halbwahrheiten aus, wie die Gegenseite, die keine Ahnung hat, dass 1. Deutschschweizer, der das Wort «Menschenrecht» in die Literatur einführte, 1773 der LU Jesuit Ignaz Zimmermann war, so wie Pater Villiger Engelberg vor 1800 neben Stapfer wichtigster Schweizer Kantianer war, weil Engelberg im 18. Jhd. hohes Aufklärungsniveau hatte. 1760 publizierte Kapuziner Stadler Beromünster (vgl. @ Amrhein) 4 Bände Philosophie, Newtonsche Physik, Optik u. moderne Chemie, Descartes und Huygens wurden ernst genommen, er war durchaus auf Niveau des Jesuitenschülers Voltaire, mit dem wiederum der gescheiteste Zuger, Oberst Zurlauben, Besitzer der besten Bibliothek in der Schweiz befreundet war, zu schweigen vom mathematischen, geographischen und mythenkritischen Niveau des LU Aufklärers Kappeler, gest. 1769 in Beromünster, wo auch Troxler aufgewachsen ist, liberal-katholischer Philosoph u. Wiederentdecker der Mystik 1837, aber auch (nicht alleiniger) Pionier des Zweikammersystems. Sowieso müsste man beim Katholizismus die aufgeklärte Sailer-Schule kennen incl. den zwar vom Papst bekämpften Wessenberg. Zum Christentum gehört schliesslich auch der im 18. Jahrhundert bereits sehr aufgeklärte Schweizer Protestantismus.

  • am 28.12.2018 um 17:20 Uhr
    Permalink

    @Meier: Sie können die Kommentarspalte noch weiter mit Etiketten wie «Jesuit X», «Pater Y», «Kapuziner», «Jesuitenschüler» [Voltaire] usw. zukleistern & glauben damit zu belegen, dass «Christen» die Förderer von Menschenrechte, Aufklärung & Erkenntnisfortschritt gewesen wären.

    Für Belege sollte man sich aber doch auch – Ihres Steckenpferdes? – der Logik bedienen:

    War es – bis ins 18. Jahrhundert – möglich, sich nicht taufen zu lassen, eine «nicht-christliche» Schule zu durchlaufen, öffentlich Christentum/Kirche zu kritisieren oder es sich mit den Kirchenfürsten zu verscherzen? Nein! Man lief massiv Gefahr bald nicht mehr «gehört» zu werden (und so auch nicht von Ihnen zitiert zu werden) – da er vom Scheiterhaufen oder zumindest der sozialen/materiellen Verbannung/Isolation «ereilt» wurde.

    Es gelingt daher wohl auch nur einem «Christ» bei der Feststellung, dass fast jeder Förderer von Menschenrechten, Aufklärung usw. einen christlichen «Hintergrund» aufweist, gleich ein «christliches Wunder» auszumachen.

    Alle jene, die an Logik Genuss finden, führen dieses Wunder nicht auf die Tugenden sondern auf die Unfähigkeit/Schande des Christentums zurück: Dass jene, die das «Christentum» kritisierten, ja vielleicht insgeheim sogar zum Teufel schickten, dies nur unter dem Deckmantel von «Respekt» gegenüber der Kirche/dem Christentum tun konnten. Wer diese Regel nicht zu ‹huldigten› wusste, war seine Zunge bald los oder schmorte. Giordiano Bruno (ein Dominikaner) lässt grüssen!

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 29.12.2018 um 12:10 Uhr
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    @Stan Kurz. Statt «sich nicht taufen lassen» gibt es heute andere Kriterien, um in Sachen Meinung weg vom Fenster zu sein. Aber zur Geschichte der Menschenrechte benötigen Sie eine Ahnung von Francisco de Vittoria, Dominikaner in Mittelamerika, oder Bartolomé de Las Casas, die auf der Basis des Naturrechts von Thomas von Aquin bei heftiger Debatte gegen den spanischen Staatsrechtler Juan Gines de Sepulveda auf die Menschenrechten der Indios pochten, was dann 1542 zu den auf dem Papier indianerfreundlichen «Neuen Gesetzen» führte, so wie nun mal die Emanzipation der Schwarzen im 19. Jahrhundert in den USA noch mit Lincolns Sieg leider keineswegs durchgesetzt war, erst allmählich begann. Über Giordano Bruno hielt ich bereits vor 20 Jahren eine Vorlesung, er war übrigens wie Kepler noch stark von Paracelsus beeinflusst. Selbstverständlich gibt es einen christlichen Anteil an der Entwicklung der Menschenrechte: dazu gestaltete ich vor 45 Jahren in Freiburg i.B. ein Seminar mit einem gewissen Prof. Ratzinger. Man sollte diesen Anteil weder überschätzen noch unterschätzen. Ich nehme an, Sie kennen die reiche Sekundärliteratur zum Thema. Und was die Hexenprozesse betrifft, so haben diese zwar gewiss nicht zum Fortschritt der Menschenrechte beigetragen, dafür zum Expertenmonopol der Justiz bei Bekämpfung der reinen Volks- und Lynchjustiz. Über den Teufel ist nur zuständig, wer ein abgeschlossenes Studium hinter sich hat. Dies gilt juristisch für das «Böse» im Prinzip auch heute noch.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 29.12.2018 um 12:14 Uhr
    Permalink

    PS. «Nichtchristliche» Schule: In meinem zusammen mit Kollege Jo Lang verfassten Buch über den «Kulturkampf in der Schweiz» (2016) habe ich den Widerstand v. 800 LU Geistlichen gegen den Fröbelschen Kindergarten mit Hintergründen dargestellt.

  • am 30.12.2018 um 15:23 Uhr
    Permalink

    @Meier: … mit Namensliste & «Selfies» [Ich & Ratzinger etc.]. Öde!

    Sie verdrängen den entscheidenden Gedanken: Die Ausnahme bestätigt (!) die Regel. Nicht umgekehrt: Die Ausnahme ist die Regel.

    Wer hier kneift, will vernebeln!

    Sie zählen die Namen der Ausnahmen auf. Die Ausnahmen von was? Von der Regel, d.h. von der Norm, von der offiziellen Devise & Handeln der Kirche/Christen. Die Ausnahmen wurden deshalb auch mit Ausschluss (i.w.S.) oder Tod bestraft.

    Gerade Bartolomé de Las Casas exemplifiziert wer/was Ausnahme & was Regel/Norm war: Neben ihm standen Abertausende (!) «Geistliche/Christen», die allesamt nicht genug Schwerter mit Bibelpsalmen segnen (und schwingen) konnten (so dass «Gottes Werk» getan würde). De Las Casas prangerte (!) die Christen/Kirche/Christenheit für deren verbrecherisches Tun an, fühlte sich diesen (der Norm/Mehrheit/Regel) nicht angehörig, ja er verabscheute deren (christliche) Gesinnung!

    Und nun wollen Sie – allen Ernstes – ihn zum Repräsentant/zur Regel, d.h. zum Inbegriff des Christtums erheben?! Als wie bar jeder Logik – und Pietät gegenüber den Opfern – wollen Sie sich denn noch ‹outen›?

    Der Nazi Schindler (im Film ‹Schindler’s List›) verhilft Tausenden zur Flucht. Folge ich Ihrer Logik – bei der die Ausnahme, d.h. der Kämpfer gegen die Regel, zum Regelfall erklärt wird -, sind dann wohl Nazi-Anhänger & Nazi-Organisationen als die Wegbereiter der Flüchtlingshilfe, des Humanismus und des Schutzes von Leib und Leben zu erachten …

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 31.12.2018 um 11:32 Uhr
    Permalink

    Logik und Pietät? Sie haben nun mal, lieber Stan Kurz, Ihr Feindbild, Siehe Holocaust-Schindler, ich lasse Ihnen das, ohne Aufrechnungen zu machen, glaube aber nach ein paar Jahren Quellenstudium nun mal für ein ausgewogenes Urteil im Bild zu sein. Auch bei den Linken kann ich nun mal zwischen Pol Pot und Helmut Hubacher unterscheiden, ohne zuerst auszurechnen, wer die Regel und wer die Ausnahme sei. Gilt auch für den oben genannten Robert Grimm, welchen ich trotz entsprechenden Kontakten nicht mit Lenin verwechsle. Es guets Neus auch bei der Feindbildpflege.

  • am 31.12.2018 um 17:51 Uhr
    Permalink

    @meier
    Ich bestreite nicht, dass viele Christen gutes getan haben und immer noch gutes tun.
    Der Prüfstein für die von der CVP, CDU und AfD propagierte überlegene «christlich, abendländische Kultur» wäre die Verhinderung des 2. Weltkrieges gewesen oder die Verhinderung der Forschung an der Atombombe. Die «christlichen» USA haben sich für dieses Massaker in Japan immer noch nicht entschuldigt und das «christliche Europa» toleriert dies und die Kriege im Irak, Afghanistan und Jemen.
    Das Mantra der «christlichen Werte» dient nur als Rechtfertigung um andere Kulturen und Religionen zu erniedrigen. In Tat und Wahrheit sind die abendländisch- christlichen Staaten mit ihrer Gier nach Macht und Rohstoffen für vieles Leid und die Kriege verantwortlich. Christliche Politiker, in allen westlichen Länder, sichern der Nato Unmengen an Geld und Ressourcen für neue Kriege. Das nächste Opfer wird der Iran sein.
    Warum fordert kein CVP Politiker unser Austritt aus der Nato-Partnerschaft?
    Warum fordert kein CVP Politiker das Ende der Drohnenexekutionen?
    Warum fordert kein CVP Politiker das Ende der Rüstungslieferung nach Saudi-Arabien?
    Die Liste ist unendlich lang und zeigt das wahre Gesicht christlicher Machpolitik.

  • am 1.01.2019 um 19:57 Uhr
    Permalink

    @Meier: Ihnen wird auch nichts zu peinlich! Warum müssen Sie auf Dinge ausweichen (Pol Pot, Hubacher, Grimm), die hier nie/nicht zur Debatte standen?
    Antwort: Weil Sie die Schlussfolgerung beim hier zu Debatte Stehenden [Christentum/Kirche] nicht ziehen können. D.h., es droht Ihnen feststellen zu müssen, dass de Las Casas (usw.) die Ausnahme bildete. Die Ausnahmen, also jene Elemente, die vom Kern/Zentrum (d.h. von jenen, die den Regelfall bildeten) als die widerwärtigen Fremdkörper (!) mit allerlei Mitteln ausgesondert, ignoriert und ausgemerzt wurden.

    Weil sich – auch bei Ihnen – diese Einsicht aufdrängt, müssen Sie – um «Seelenfrieden», d.h. den Narzissmus aufrecht erhalten zu können – die Flucht ergreifen: Möglichst rasch und ‹effizient› Ihren Geist mit irrelevanten Themen (Pol Pot, Hubacher) einzunebeln/abzulenken.

    Prosit Neu Jahr!

    PS: Strohmann-Argument: «Zu einer These analoge Beispiele erfinden … (… bei denen sich aber bei genauerem Hinschauen zeigt, dass die Analogie gar nicht passt), diese Analogien widerlegen und damit die These als widerlegt behaupten. [Sie] sind … oft die Folge von Beurteilungsfehlern des Redners, der seinem Gegner irrtümlich die angegriffenen Positionen unterstellt, weil [der Redner] … von Vorurteilen geleitet wird.» [Wiki]

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