Bravo! Bill Gates investiert in eine Toilettenrevolution
Seine Frau hätte ihn schon gemahnt, beim Essen nicht mehr über Fäkalien zu reden, witzelte Bill Gates Anfang November auf einer Ausstellung in Peking. Auf der dreitägigen Veranstaltung drehte sich alles ums Klo. Genauer gesagt: um Trockentoiletten. Ganze zwanzig Modelle wurden vorgestellt, berichtete die BBC.
Geladen hatte die Stiftung zusammen mit der Handelskammer Chinas und dem Chinesischen Rat zur Förderung des internationalen Handels (CCPIT). Ihr Ziel: die Neuerfindung der Toilette, in die die Stiftung in den letzten sieben Jahren mehr als 200 Millionen Dollar an Forschungsgeldern investiert hat.
Drei Milliarden Dollar für ein Klo
«Vor zehn Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich soviel über Kacke wissen würde», sagte Gates, der zum Vortrag publikumswirksam mit einem Glas Exkrementen winkte. Unter den Zuhörern von Gates Rede auf der «Reinvented Toilet Expo» fanden sich globale Innovatoren, Entwicklungsbanken, Privatunternehmen und Regierungen. Zugesagt wurden nach Angabe der Bill & Melinda Gates Foundation am Ende mehr als drei Milliarden Dollar Kapital.
Heisser Scheiss also, an den wir normalerweise keinen Gedanken verschwenden. Einmal die Spülung gezogen und weg ist das Geschäft, schliesslich ist die Schweiz ein Land mit gut ausgebauter Infrastruktur. Für die saubere, einfache und geruchlose Entfernung unserer Verdauungsrückstände verwenden wir 40 Liter Trinkwasser pro Person und Tag. Dessen Herstellung wird immer aufwendiger, aber noch haben wir genügend davon. Einige moderne Gebäudekonzepte setzen zwar auf Grauwasser, das ist aber eher die Ausnahme als die Regel.
Ganz anders sieht es dort aus, wo die Infrastruktur schlecht ist, es in absehbarer Zeit kein Abwassersystem geben wird oder Wasser bereits zu den knappen Gütern gehört. Dazu gehören die trockenen Gebiete Afrikas und des Nahen Ostens, schnellwachsende Teile grosser Städte und Gegenden, in denen schlicht das Geld für Aufbau und Erhalt der Kanalisation fehlt. Infosperber berichtete beispielsweise über Chiapas, wo Einwohner Softdrinks konsumieren, statt das knappe Leitungswasser zu trinken, was unter anderem zu Diabetes führt.
Es geht auch anders als mit dem Wasserklosett
Abwässer laufen in diesen Gegenden oft ungeklärt in Oberflächengewässer, was zu ernsten Krankheiten führen kann, man denke an Cholera und Ruhr. Allzulange ist diese Erkenntnis auch in der Schweiz nicht her. In Basel beispielsweise gab es mehrere Typhus- und Choleraepidemien, bevor der durch die Stadt fliessende Fluss Birsig Ende des 19. Jahrhunderts abgedeckt wurde. Die Kloake enthielt neben Fäkalien auch Schlachtabfälle und anderen Unrat – eine ungesunde Suppe, in der Erreger bestens gedeihen konnten. Das war vor allem dann der Fall, wenn es wenig regnete und der Abfall nicht weggespült wurde.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO haben 2,3 Milliarden Menschen keinen Zugang zu grundlegenden sanitären Einrichtungen. Grund genug, darüber nachzudenken, ob es auch anders geht als mit dem Wasserklosett. Wer da an Plumpsklos denkt, liegt falsch. Die moderne wasserlose Toilette ist technisch so einfallsreich, dass Universitäten daran forschen.
Noch kostet die «Klovolution» einige hundert Dollar
Statt auf Wegspülen setzt die Trockentoilette auf die Trennung von fest und flüssig, damit sich Keime gar nicht erst vermehren können. Das heisst, Urin und Stuhl werden gleich in der Toilette getrennt. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, der einfachste unterteilt die Toilette einfach von Anfang an in zwei Bereiche (Infosperber: «Düngen mit dem eigenen «Geschäft»). Die Trennung hat mehrere Vorteile: Urin enthält kaum Feststoffe, was es verfahrenstechnisch einfach macht, die Keimzahl zu reduzieren. Eines der Modelle, die auf der «Reinvented Toilet Expo» vorgestellt werden, produziert aus Urin mittels eines Membranverfahrens sogar Frischwasser.
Stuhl kann getrocknet, gepresst oder kompostiert werden und eignet sich gut als Dünger, sofern das Produkt einige hygienische Vorschriften einhält. Das ist auch für Industrieländer mit guter Infrastruktur eine Überlegung wert. Der Klärschlamm, der in Klärwerken übrigbleibt, muss nämlich meist als Sondermüll entsorgt werden, da er zu viele Giftstoffe enthält.
Derzeit, gab Gates an, koste eine moderne Trockentoilette einige hundert Dollar. Verglichen mit den Kosten für Spülwasser, Abwassersysteme und Klärwerke ist das wenig. Für einen Privathaushalt in weniger wohlhabenden Ländern ist das dagegen viel. Ein hoher Einstiegspreis sei jedoch nicht untypisch für neue Produkte. «Wir müssen den Preis um den Faktor 10 senken», sagte Gates er der BCC. Er hofft, die wasserfreien Toiletten zuerst in Schulen und Appartmentgebäuden platzieren zu können.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Gute Idee Wasser ist zum Leben da, und sollte nicht unnötige verschwenden werden. Auch bei Zähneputzen muss der Hanen nicht immer laufen.
Leider hat sich die Bill&Melinda Gates Foundation bereits ganz am Anfang ihres Projektes ‹Reinventing the toilet› vor einigen Jahren gründlich verrannt und ist offenbar immer noch der Ansicht, Urin sei von Fäkalien zu trennen.
Das führt zu technisch aufwendigen Lösungen, bei denen das Handling der separat gewonnenen ‹Stoffe› als weiteres Problem dazukommt.
Dass sich Stuhl als Dünger eignet, wenn er kompostiert wird, ist eine vielzitierte Mär; die Nährstoffe in den Ausscheidungen des Menschen sind nicht im Stuhl, sondern im Urin; dort sind aber auch alle Medikamentenreste, Hormone, Antibiotika etc., was die Weiterverwendung massiv erschwert.
Das Ganze ist ein ausserordentlich schwieriges Problem; das zeigt sich auch daran, dass bislang keine vernünftigen Lösungen aufgetaucht sind.
Hier schreibt einer, der sich mehr als zehn Jahre intensiv mit wasserlosen Toiletten herumgeschlagen hat…
Endlich investiert diese allmächtige Stiftung in etwas Sinnvolles. Und es ist ja wirklich nicht fortschrittlich, ins Trinkwasser zu scheissen (nein, nicht das Wort ist unanständig, sondern dass wir es tun).
Hier scheint Bill Gates sein Geld (das er allerdings mit rüden Methoden erwarb) rundum sinnvoll ausgegeben zu haben, während es woanders eher Schaden als Nutzen stiftet, weil er es für Gentechnik, Atomkraft, CCS oder Geoengineering spendiert.
https://www.klimareporter.de/finanzen/bill-gates-energiewunder-sind-gefaehrlich