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Nicht nur der Schweizer Pass ist rot … © passportindex

Sind auch Sie ein Weltenbummler? Oder gar ein Weltbürger?

Christian Müller /  Wir Schweizer sind verwöhnt. Wir können in fast alle Länder ohne grosse Formalitäten einreisen. Aber stimmt das auch wirklich?

Mit einem «roten Pass» geboren zu sein, sprich: als Schweizer Bürger, ist ein Privileg. Nicht zuletzt wirtschaftlich, aber auch in etlichen anderen Punkten, geht es der Schweiz – und damit den Schweizer Bürgern und Bürgerinnen – besonders gut. Die Chance, eine gute Ausbildung zu erhalten, auch ohne dafür viel zahlen zu müssen, ist gross. Die Chance, dann auch eine gute Stelle zu finden, ist gross. Die Chance, medizinisch gut versorgt zu werden, ist gross.

Zu den Vorteilen des roten Passes gehörte, vor Jahren, auch das Privileg, in viele Länder dieser Erde reisen zu können, ohne ein Visum dafür beantragen zu müssen. Die Schweizer waren fast überall willkommen. Kunststück: Man erwartete da im gesuchten «Land unserer Träume» ja auch, dass der einreisende Schweizer ordentlich Geld mitbringt.

Aber die Zeiten ändern sich. Es gibt Länder, deren Bürger und Bürgerinnen heute ohne Visa in noch mehr Länder reisen dürfen als wir Schweizer, zum Beispiel Singapur. Und als wär’s ein Scherz: auch die Staatsbürger von Singapur haben einen roten Pass. Zufall. Auch Norwegen, Lettland und Malaysia haben rote Pässe.

Wie frei können wir Schweizer uns weltweit bewegen, ohne spezielle Bewilligung? Und wer darf uns in der Schweiz besuchen, ohne von der Schweiz ein Visum verlangen zu müssen? Das geht nicht immer auf Gegenseitigkeit! Das philippinische Mädchen, dem ich ab dem siebten Lebensjahr und bis zum Studienabschluss als Dr.med.dent. als freiwillige, persönliche Entwicklungshilfe die ganze Ausbildung bezahlt hatte, hätte ich in Manila jederzeit besuchen dürfen, aber die junge Frau, die ich dann schliesslich auch noch sehen wollte und deshalb auf meine Kosten in die Schweiz einlud, kämpfte monatelang vergeblich um ein Besucher-Visum in die Schweiz. Es bedurfte einer Intervention meinerseits «in Bern» – und natürlich der Zusicherung, ich würde als Einladender alle Risiken (Unfall, Krankheit etc.) übernehmen und vor allem auch den Rückflug bezahlen – bis es wirklich klappte. Ich war wieder einmal so richtig «stolz» auf mein «Vaterland» …

Und wo informiert man sich?

Es gibt eine Website – viele nennen das eine Homepage – , auf der man alles sehen kann, welche Staatsbürger wie wohin reisen dürfen, frei, mit einem Visum, mit einer kurzfristigen Bewilligung bei der Einreise vor Ort oder wie auch immer. Darin enthalten sind 199 Staaten, inkl. einige sogenannte «Territorien», die im völkerrechtlichen Sinn (noch) keine Staaten und deshalb auch nicht Mitglied der UNO sind – zum Beispiel Palästina. Ein gutes Beispiel übrigens: Fast die ganze Welt ist in Palästina willkommen, aber fast die ganze Welt verweigert den Palästinensern die Einreise ohne Visum. Es ist halt wie überall: Die Reichen und Privilegierten dürfen fast alles, die Armen und Unterprivilegierten müssen um alles erst betteln. «Wer da hat, dem wird gegeben» – der Satz ist bald zweitausend Jahre alt und immer noch zutreffend, leider.

Ein Blick in diese spezielle Website – ihr Name ist Passportindex.org – lohnt sich. Sie gibt Auskunft, wie globalisiert unsere Welt im Moment ist und wo die Grenzen zu sind. Besonders interessant ist das Ranking. Weltmeister im Moment ist Singapur. Die Staatsbürger von Singapur dürfen in 127 Länder ohne Visum einreisen und müssen nur für 32 Länder im Voraus ein Visum anfordern. Die Schweizer dürfen im Moment in (nur) 123 Länder ohne Visum einreisen und müssen für 35 Länder schon im Voraus ein Visum beantragen. Das reicht im Vergleich mit anderen Ländern nur noch auf Platz 19.

  • Zu den 199 Pässen, die man zwecks Informationen auf der Website anklicken kann, hier anklicken.
  • Zum Ranking der 199 Länder bezüglich der Reisefreiheit, hier anklicken.
  • Um Vergleiche zwischen den Ländern anzustellen, hier anklicken.

Als Weltenbummler werden Sie auf dieser Plattform Ihr Vergnügen haben. Als Weltbürger allerdings kann man an gleicher Stelle auch nachdenklich oder gar traurig werden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Informationen zum Autor hier. Er ist international engagiert in der Organisation Democracy Without Borders. – Es gibt keine Interessenkollisionen.

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Eine Meinung zu

  • am 18.09.2018 um 16:31 Uhr
    Permalink

    Zwei Fragen an 1 Promille der Weltbevölkerung. Als Weltenbummler nicht mehr überall geschätzt, an Weltbürgertum wenig interessiert, wir sind doch der Nabel der Welt? Bis die Welt das merkt, kann es dauern.

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