NeinzuSion2026

Plakat der Nein-Kampagne gegen «Sion 2026» © www.olympia-2026.ch

«Sion 2026»: Übungsbeispiel Walliser Expo-Restaurant

Kurt Marti /  Das Walliser Expo-Restaurant 2002 war eine Pleite, der Staat zahlte und die Verantwortung wurde einem Toten ins Grab geschaufelt.

Wer erinnert sich noch an das Finanzdebakel des famosen Walliser Restaurants an der Expo 2002 auf der Arteplage in Biel?

Der Fendant und die Raclettes flossen in Strömen. Nach vollbrachter Zeche und ohne Kenntnis der genauen Abrechnung lobte der damalige CVP-Staatsrat und heutige Ständerat Jean-René Fournier das Walliser Expo-Abenteuer zunächst als vollen Erfolg.

Als das Walliser Finanzinspektorat über die Bücher ging, wendete sich das Blatt. Die «Rote Anneliese» berichtete in der Oktober-Ausgabe 2003 unter dem Titel So verpulvern die neoliberalen Spar-Apostel unsere Steuergelder! (Seiten 4 und 5) über die Pleite und nannte Ross und Reiter beim Namen.

Im Hinblick auf die bevorstehende Abstimmung über «Sion 2026» sei hier die Pleite des Walliser Expo-Abenteuers als präventives Übungsbeispiel in zehn Phasen rekapituliert:

1. Phase: Der Kanton Wallis subventioniert
Im Jahr 2001 spricht der Kanton Wallis 300‘000 Franken Subventionen für das Expo-Restaurant und überweist diesen Betrag auf das Konto der Informationsstelle Wallis (InfoVS), die ihren Geschäftssitz bei der Walliser Handels- und Industriekammer hat.

2. Phase: Die Wirtschaftsverbände mischen mit
InfoVS gründet zusammen mit dem Walliser Milchverband und der Walliser Landwirtschaftskammer den Verein «RestoWallisExpo.02». Der Chef der kantonalen «Dienststelle für Tourismus» übernimmt im Auftrag des Kantons die Kontrollfunktion. Die administrativen Arbeiten und die Buchführung werden auf Mandatsbasis durch die Walliser Handels- und Industriekammer ausgeführt, die auch jetzt wieder Feuer und Flamme ist. Diesmal für «Sion 2026».

3. Phase: Erste Verluste zeichnen sich ab
Obwohl Wein und Raclettes in Strömen fliessen, betragen die Verluste nach nur anderthalb Monaten 250‘000 Franken und steigen in den folgenden zwei Monaten auf 350‘000 Franken an, ohne dass jemand etwas dagegen unternimmt.

4. Phase: Die Gegen-Massnahmen sind ungenügend
Die Verantwortlichen handeln erst spät und ergreifen ungenügende Massnahmen, wie das kantonale Finanzinspektorat später festhält. Dieses Fehlverhalten habe es «nicht erlaubt, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel die Senkung der Ausgaben und die Erhöhung der Tarife.»

5. Phase: Staatsrat Jean-René Fournier spricht von einem vollen Erfolg
Weil die staatliche Kontrolle – sprich der Informationsfluss von unten nach oben – nicht funktioniert, lässt der damals zuständige Staatsrat und heutige CVP-Ständerat Jean-René Fournier im Grossen Rat zunächst offen, ob es einen Verlust oder einen Gewinn gegeben habe. Bei den BesucherInnen sei das Restaurant ein voller Erfolg gewesen, betont er.

6. Phase: Misswirtschaft an allen Ecken und Enden
Das Finanzinspektorat weist in seinem Bericht 2003 (Seiten 10 und 11) auf den «zu hohen Personalbestand» hin und stellt fest, «dass beim Kauf des Mobiliars das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen nicht eingehalten wurde». Zudem stellt das Finanzinspektorat «zahlreiche Mängel im Bereich der Information sowie in Bezug auf die administrative und finanzielle Geschäftsführung» fest, insbesondere «was die interne Kontrolle und die Buchführung betrifft».

7. Phase: Das finanzielle Debakel lässt sich nicht mehr leugnen
Schliesslich lässt sich die Pleite nicht mehr verheimlichen: Trotz 300‘000 Franken Kantons-Subventionen fährt das Expo-Restaurant einen Verlust von rund 550‘000 Franken ein.

8. Der Kanton Wallis kommt zur Kasse
Rund 230´000 Franken des Defizits muss InfoVS übernehmen, das heisst indirekt der Kanton Wallis, der die «Vereinigung Informationsstelle Wallis», zu der auch InfoVS gehört, mit jährlich rund 650´000 Franken alimentiert. Zusammen mit den anfänglichen Subventionen in der Höhe von 300´000 Franken zahlt der Kanton insgesamt 530´000 Franken an das Expo-Restaurant.

9. Phase: Die Verantwortung wird hin und her geschoben
Auf Nachfrage der «Roten Anneliese» schieben sich die Verantwortlichen die Schuld gegenseitig in die Schuhe.

10. Phase: Ein Toter bekommt die Rolle als Lückenbüsser
Auf der Suche nach einem Lückenbüsser schaufelt man –nach alter Väter Sitte – die Verantwortung einem Toten ins Grab, wie die «Roten Anneliese» damals schrieb.

Nota bene: Das Expo-Restaurant hatte einen Umsatz von wenigen Millionen. Olympia 2026 ist ein Milliarden-Projekt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war von 2000 bis 2010 Redaktor der «Roten Anneliese» und hat darüber das Buch «Tal des Schweigens: Walliser Geschichten über Parteifilz, Kirche, Medien und Justiz» geschrieben.

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